On the road again: Besuch auf Castello Banfi

Castello Banfi
Castello Banfi
Stefan Krimm unterwegs, diesmal in der Toskana. Er stattete Castello Banfi in Montalcino einen spätherbstlichen Besuch ab und probierte die aktuellen Brunello.

Cas­tel­lo Ban­fi hat nicht immer eine gute Pres­se gehabt: Zu groß erscheint der 850-Hektar-Betrieb für tos­ka­ni­sche Ver­hält­nis­se, zu gewal­tig die durch die Italo-Amerikaner John und Har­ry Maria­ni inves­tier­te Sum­me von geschätz­ten 100 Mil­lio­nen Dol­lar für den Auf­bau einer super­mo­der­nen winery nach ame­ri­ka­ni­schem Mus­ter. Und das nicht in Chi­le oder Aus­tra­li­en, son­dern in der Traum­land­schaft der süd­li­chen Tos­ka­na, wo man in den 70er und 80er Jah­ren sei­ne Visi­on vom ein­fa­chen Leben mit selbst erzeug­tem Oli­ven­öl, Wein aus der Bast­fla­sche, Bau­ern­haus aus Natur­stein und immer blau­em Him­mel träu­men konnte.

Der sati­ri­sche Schrift­stel­ler Robert Gern­hardt hat dem The­ma mit bis­si­gem Ver­gnü­gen den einen oder ande­ren Text gewid­met. Statt­des­sen Kolon­nen von LKWs, die Ton­nen von Zement her­bei­brach­ten und sien­abrau­ne Erde abtrans­por­tier­ten, um ein mega­lak­ti­sches Wein­gut aus dem Boden zu stamp­fen. Noch heu­te sieht Ban­fi aus wie eine Ölraf­fi­ne­rie inmit­ten sanf­ter Hügel und dunk­ler Zypressenalleen.

Die Weine versöhnten die Kritiker

Erst die Wei­ne, die spä­ter erzeugt wur­den, haben die Kri­ti­ker ein wenig ver­söhnt. Denn es waren (und sind) kei­ne Indus­trie­wei­ne. Es sind sau­be­re, öno­lo­gisch per­fek­te Wei­ne, vom ein­fa­chen Weiß­wein bis zur Bru­nel­lo Riser­va. Sie wer­den mit pro­fes­sio­nel­lem Ehr­geiz und wis­sen­schaft­li­cher Akri­bie erzeugt, wobei Kory­phä­en aus Ita­li­en das nöti­ge Know-how bei­gesteu­ert haben: etwa der Öno­lo­ge Ezio Rivel­la und der Reb­wis­sen­schaft­ler Atti­lio Sci­en­za von der Land­wirt­schaft­li­chen Fakul­tät der Uni­ver­si­tät Mai­land. Über zwölf Jah­re lang wur­den die Böden genau­es­tens ana­ly­siert und kar­tiert und 600 ver­schie­de­ne Sangiovese-Grosso-Klone unter­sucht, um am Ende drei zu selek­tie­ren: BF 30, Janus-10, Janus-50. Sie tra­gen die Haupt­last der heu­ti­gen Produktion.

Produktionsanlagen
Pro­duk­ti­ons­an­la­gen

 

Fassproben und abgefüllte Weine

Banfi-Önologe Rudy Buratti
Rudy Bur­at­ti

Ich hat­te bei einem Besuch auf Ban­fi Anfang Novem­ber Gele­gen­heit, die gefüll­ten Bru­nel­lo der Jah­re 2008 und 2009 zu ver­kos­ten sowie Fass­pro­ben des Jahr­gangs 2012 (heiß und zur Über­rei­fe nei­gend) und 2013 (aus­ge­gli­chen ohne Tro­cken­stress) von drei ande­ren Sangiovese-Einzellagen Bia­dai­o­li, Man­dri­el­le und Sor­re­na zu ver­kos­ten, die teil­wei­se sepa­rat vini­fi­ziert und abge­füllt wer­den (Man­dri­el­le), teils als Bestand­teil in den Banfi-Brunello eingehen.

Die Ver­kos­tung zeig­te ziem­lich deut­li­che Unter­schie­de zwi­schen den Lagen und beweist, wie stark die Sangiovese-Traube auf die unter­schied­li­che Zusam­men­set­zung der Böden reagiert. Außer­dem bot  Banfi-Önologe Rudy Bur­at­ti an, die aktu­el­len Brunello-Jahrgänge 2009 und 2008 zu verkosten.


Die Weine


2009 Brunello di Montalcino | Castello Banfi

In der Nase Noten von Kir­sche, Prei­sel­bee­re, tro­cke­nem Holz, Wild und besonn­tem Wald­bo­den, am Gau­men rela­tiv dicht, Anklän­ge an Kir­sche mit etwas Bit­ter­scho­ko­la­de, einer Spur Teer und Jod, kom­plex und dicht mit lan­gem Nachhall.

Bewer­tung: 90 Punkte


2008 Brunello di Montalcino Riserva „Poggio alle Mura“ | Castello Banfi

Wei­che, leicht alko­ho­li­sche Kirsch­aro­men, nobel und ele­gant, am Gau­men fei­ne Ver­bin­dung von rei­fen Kir­schen, Prei­sel­bee­ren und Bit­ter­scho­ko­la­de, gute Balan­ce zwi­schen Stof­fig­keit und Trans­pa­renz, sehr lan­ger Nach­hall. Gelun­ge­ner Wein.

Bewer­tung: 92 Punkte


Bezug: Superiore.de


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