Mittwoch, Dezember 11, 2024
2.4 C
München
spot_img

Olympiade der Weingüter: Die 100 Besten nach dem Handelsblatt

Das Handelsblatt hat wieder seine Liste der 100 besten deutschen Weingüter veröffentlicht – diesmal übrigens ohne die Schweizer Weinfachzeitschrift VINUM, die sich aus dem Wettbewerb zurückgezogen hat. Die Jury um den alten Fahrensmann Pit Falkenstein, den dienstältesten Weinjournalisten des Landes (dessen Kolumne „Weinmacher“ gerade zum 680. Mal in der Düsseldorfer Wirtschaftszeitung erschienen ist) wurde deshalb um Caro Maurer erweitert, Deutschlands erstem weiblichen Master of Wine. Die Kölner Sommelière und Buchautorin Christina Fischer und Gault Millau-Chefredakteur Joel Payne komplettierten das Quartett.

Ob die Änderungen in der Jury etwas damit zu tun haben oder nicht – es gibt Bewegung in dem Ranking der Weinexperten. Dabei sind die Zugänge diesmal weniger spektakulär als die Abgänge. Begründungen und Erklärungen verkneifen sich die Weinexperten. Es gibt also Stoff für Diskussionen. Lesen Sie selbst, was sich in den einzelnen Weinanbaugebieten getan und verschoben hat.

Ahr

An der Ahr ist das Weingut Burggarten in den erlauchten Kreis der Besten gestoßen. Seine trockenen Spätburgunder aus der Steillage Burggarten haben die Tester nachhaltig überzeugt. Und: Der Deutzerhof ist drin gebleiben. Nach dem Tod des Inhabers Wolfgang Hehle war gemutmaßt worden, das Gut werde sein Niveau nicht halten. Falsch. Die neuen Weine lagen in der Gunst der Juroren sogar ganz vorne.


Ahr

Deutzerhof
H.J. Kreuzberg
J.J. Adeneuer
Jean Stodden
Meyer-Näkel
Burggarten NEU
Nelles

Franken

Am meisten Bewegung ist im kleinen Anbaugebiet Franken zu verzeichnen. Dort wurden – geradezu sensationell – mit dem jungen Paul Weltner und dem wieder erstarkten Bürgerspital gleich zwei Güter neu aufgenommen. Die Silvaner-Offensive trägt erste Früchte. Das Juliusspital, das zwischenzeitlich mal schwächelte, hat sich klar behauptet. Und ein paar weitere Güter stehen bereit für den Sprung in den Wein-Olymp.


Franken

Bürgerspital NEU
Juliusspital
Horst Sauer
Rainer Sauer
Rudolf Fürst
Paul Weltner NEU
Hans Wirsching


Mittelrhein und Rheingau

Am Mittelrhein bleibt alles beim Alten. Im Rheingau ist Peter Jakob Kühn aufgestiegen, was eigentlich schon vor zwei, drei Jahren angebracht gewesen wäre. In Ungnade gefallen ist dagegen Graf Schönborn, vermutlich mehr wegen seiner Weinbetrügereien als wegen der Qualität der Weine. Ein konsequenteres Aussieben wäre angebracht gewesen. In der Handelsblatt-Liste befindet sich der eine oder andere Betrieb unter den Top 100, der schon längst nicht mehr über Mittelmaß hinauskommt. Über H. J. Becker, gibt das Quartett zu, sei lange diskutiert worden. Am Ende habe man den Eigenbrötler aus Walluf in der Liste belassen.


Mittelrhein

Matthias Müller
Ratzenberger
Toni Jost Hahnenhof
Weingart

Rheingau

August Kesseler
Franz Künstler
Georg Breuer
Graf von Kanitz
J.B. Becker
Johannishof Eser
Josef Leitz
Josef Spreitzer
Prinz
Peter-Jakob Kühn NEU
Robert Weil
Schloss Johannisberg
Schloss Vollrads
Weingüter Wegeler


Mosel und Nahe

An der Mosel sind diesmal Reinhard und Beate Knebel sowie Dr. Weins-Prüm durch das Raster gefallen. Vermutlich wird wenig Protest dagegen angemeldet werden, solange ein Weingut wie Zilliken außen vor bleibt. Der Saar-Winzer hat es bei den Handelsblatt-Juroren offenbar schwer, sich ins rechte Licht zu setzen. Auch von Othegraven ist nach Ansicht des Experten-Quartetts noch nicht ganz reif für die Top 100, obwohl die FAZ im letzten Jahr sein Großes Gewächs vom Altenberg als den besten trockenen Wein in Deutschland bezeichnet hatte. An der Nahe hat es Göttelmann und Korell Johhanneshof getroffen. Man fragt sich, wieso diese beiden Güter den Sprung in den Olymp überhaupt geschafft hatten.


Mosel

C. von Schubert
Bernhard Kirsten
Clemens Busch
Clüsserath-Weiler
Dr. Loosen
Egon Müller-Scharzhof
Fritz Haag
Grans-Fassian
Heymann-Löwenstein
Joh. Jos. Prüm
Kees-Kieren
Markus Molitor
Mönchhof-Christoffel
Reinhold Haart
Sankt Urbans-Hof
Schloss Lieser
Schloss Saarstein
Selbach-Oster
van Volxem
Vollenweider
von Hövel
Willi Schaefer

Nahe

Dr. Crusius
Emrich-Schönleber
Hermann Dönnhoff
Schlossgut Diel
Schäfer-Fröhlich
Gut Hermannsberg


Pfalz

Die Entscheidung der Handelsblatt-Jury zur Pfalz dürften heftige Diskussionen auslösen, wenn nicht gar Kopfschütteln. Kein neuer Betrieb hat Eingang in die Liste gefunden, was vertretbar wäre, wenn keine renommierten Betriebe fehlen würden. Tatsächlich aber fehlen drei. Zunächst Christmann, dem eigentlich nicht nachgesagt werden kann, dass er mittelmäßige oder spannungsarme Weine erzeugt. Schwerer noch wiegt, dass Fritz Becker und Bassermann-Jordan keine Gnade vor den Augen der Experten gefunden haben. Ausgerechnet Bassermann-Jordan, das in 2012 eine grandiose Kollektion abgeliefert hat. Und Becker, der zumindest im Spätburgunder-Bereich Maßstäbe gesetzt hat und setzt. An beider Leistungen kommen ein halbes Dutzend Güter, die in der Liste sind, nicht heran. Dass Münzberg herausgefallen ist, kann man dagegen verschmerzen.


Pfalz

A. Christmann
Dr. Bürklin-Wolf
Dr.Wehrheim
Faubel Ullrichshof
Fuhrmann-Eymael
Georg Mosbacher
Knipser
Ökonomierat Rebholz
Kranz
Müller-Catoir
Philipp Kuhn
Rings
Siegrist
Theo Minges
von Winning


Rheinhessen

Auch in Rheinhessen ist alles beim Alten geblieben. Obwohl in dem größten deutschen Anbaugebiet vieles in Bewegung ist, ist die Spitze relativ schmal. Weingüter wie Dreißigacker und Winter, die vor fünf Jahren noch in der zweiten Reihe standen, haben sich ganz oben festsetzen können. Sicher, man könnte fragen, ob nicht auch der Winzerhof Thörle in die erste Reihe gehört, der im letzten Jahr mit seinem Spätburgunder einen sensationellen Erfolg in London feiern konnte. Oder das Sekthaus Raumland. Oder Gutzler. Oder Gunderloch. Die Jury hat sicher darüber nachgedacht – und sich am Ende dagegen entschieden. Punkt.


Rheinhessen

Battenfeld-Spanier
Bischel
Dreißigacker
Keller
Kühling-Gillot
Wagner-Stempel
Winter
Wittmann


Sachsen und Saale-Unstrut

In Sachsen hält Klaus Zimmerling das Fähnlein der Tüchtigen hoch, nachdem Schloss Proschwitz merklich nachgelassen hat. Im Bereich Saale-Unstrut, der bislang leer ausgegangen war, wurde jetzt Bernard Pawis für seine unglaubliche Aufbauleistung nach der Wende belohnt. Die ersten Weine vergor er mangels Gärgefäss noch in Glasballons. Heute residiert er auf einer Ritterburg mit voll eingerichtetem Keller. Seine trockenen Silvaner, Weißburgunder und Rieslinge sind in Ostdeutschland Legende.


Sachsen

Klaus Zimmerling

Saale-Unstrut

Pawis NEU


Baden und Württemberg

In Baden wurde – längst überfällig – das Weingut von Hans-Peter Ziereisen in die Bestenliste aufgenommen. Er produziert einige der Top-Spätburgunder Deutschlands. Bercher, im letzten Jahr neu dazu gestoßen, konnte seine Stellung halten, der Freiherr von Gleichenstein nicht. Er musste wieder ins zweite Glied zurücktreten. Die Jury wird ihre Gründe gehabt haben. In Württemberg bleibt alles beim Alten. Die Weine von Graf Neipperg, Wöhrwag, Drautz-Able und Graf Adelmann konnten die Juroren ncht so begeistern, dass es zu einer Aufnahme gereicht hätte.


Baden

Andreas Laible
Bercher
Bernhard Huber
Dr. Heger
Josef Michel
Reinhold und Cornelia Schneider
Salwey
Seeger
Ziereisen

Württemberg

Ernst Dautel
Gerhard Aldinger
J. Ellwanger
Karl Haidle
Rainer Schnaitmann


- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img

Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

Must know

- Anzeige -spot_img

Ähnliche Artikel

- Anzeige -spot_img