Die Inseln des weißen Sauvignons
Neuseeland hat mit seinen würzigen Sauvignons und Chardonnays in der ganzen Welt Bewunderung hervorgerufen. Im eigenen Lande wird und wurde Wein freilich immer noch mit Vorsicht genossen, obwohl die Weinproduktion sich seit 1960 mehr als verzwanzigfacht hat.
Jahrelang durften nur Hotels Wein verkaufen. Der einzelne war nicht befugt, mehr als zwölf Flaschen zu erwerben. Erst seit 1960 dürfen Restaurants Wein anbieten, seit 1990 auch Supermärkte. Ein gesetzliches Verbot, Wein mit Wasser zu verdünnen, wurde noch 1980 für nötig befunden. Die Ursache für derlei Absonderlichkeiten liegt in der skurrilen Weinbaugeschichte des Landes. Die ersten Reben wurden bereits 1819 in Neuseeland gepflanzt. Doch richtig in Schwung kam der Weinbau erst 1970. Dazwischen lagen Reblausbefall, Prohibition und Depression.
Spät auf den Geschmack gekommen
Die ersten europäischen Vitis-vinifera-Reben wurden in Neuseeland um 1970 gepflanzt, und die ersten Weine, die Aufsehen erregten, stammen von 1984. Zu diesem Zeitpunkt war die häufigste Sorte Neuseelands, die Albany Surprise, gerade von der Müller-Thurgau überflügelt worden. Die Winzer des Landes glaubten, daß die im kühlen Deutschland meistangebaute Traube auch im kühlen Neuseeland gelingen müsse. Fortan ergoß sich eine Flut leichter, süßer Weine aus den Kellern des Landes. Die drei größten Getränkekonzerne Neuseelands füllten 90 Prozent des neuseeländischen Weins ab. Die restlichen zehn Prozent der Weinproduktion teilten sich 150 Weinerzeuger untereinander auf. Die Müller-Thurgau hat bis 1992 ihre Spitzenstellung behaupten können. Erst dann ist sie von der Chardonnay-Traube überrundet worden.
Die Entdeckung der Südinsel
Kühl ist das Klima Neuseelands vor allem auf der Südinsel. Die ersten Reben wurden jedoch auf der warmen Nordinsel gepflanzt. Jahrzehntelang war Auckland das Zentrum des neuseeländischen Weinbaus. Mit der Ausbreitung der Müller-Thurgau wurde das flache, fruchtbare Gisborne Valley zur größten Weinbauzone des Landes. Als anspruchsvolle Chardonnays und vor allem Sauvignons Erfolge feierten, verlagerte sich der Weinbau in die benachbarte Hawke’s Bay und in den 1990er Jahren dann zunehmend auf die Südinsel. Heute ist Marlborough mit seinen kargen, steinigen Böden und den großen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht das größte und wichtigste Weinanbaugebiet Neuseelands. Allerdings wachsen die besten roten Cabernet Sauvignons nach wie vor auf der Nordinsel, speziell im Gebiet der Hawke’s Bay, aber auch um Auckland.
Das Weinland Neuseeland in Zahlen
Rebfläche: 16 000 Hektar
Weinproduktion: 1 Million Hektoliter
Jährlicher Weinkonsum pro Kopf: 10,5 Liter
Die 10 häufigsten Rebsorten | ||
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Sauvignon Blanc | weiß | 27,1 % |
Sauvignon | weiß | 23,0 % |
Pinot Noir | rot | 12,8 % |
Merlot | rot | 7,0 % |
Cab. Sauvignon | rot | 5,8 % |
Riesling | weiß | 4,8 % |
Müller-Thurgau | weiß | 3,4 % |
Sémillon | weiß | 2,0 % |
Pinot Gris | weiß | 1,5 % |
Muscat | weiß | 1,3 % |
Das neuseeländische Weinrecht
Die Bestimmungen Neuseelands ähneln denen Australiens. Es gibt keine Vorschriften zur Begrenzung der Traubenproduktion. Die durchschnittlichen Erträge für Qualitätswein liegen mit 90 Hektoliter pro Hektar relativ hoch – eine Folge der ausgiebigen Niederschläge auf den Inseln.
Weinbauregionen
Auckland
In dem gemäßigten, feuchtwarmen Klima um die Hauptstadt Neuseelands werden traditionell Rotweine angebaut. Die besten stammen von der Cabernet Sauvignon, die besonders in Matacma und auf der Insel Waiheke gute Qualitäten bringt. Neben Montana, dem größten Kellereibetrieb der Insel, haben sich dort viele wohlhabende Städter niedergelassen, um Wein anzubauen.
Gisborne
Das drittgrößte neuseeländische Weinanbaugebiet ist die wichtigste Chardonnay-Zone des Landes: Etwa ein Drittel aller Chardonnay-Rebstöcke stehen hier. Zwar gibt es auch einige sehr gute Produzenten, doch immer noch ist das Gisborne Valley ein Massenanbaugebiet, aus dem viele Großabfüller in anderen Landesteilen ihre Trauben beziehen. Gute Chardonnay-Weine aus Gisborne sind körperreiche Weine mit milder Säure und den typischen Aromen tropischer Früchte.
Hawke’s Bay
Wegen des drastischen Rückgangs der Müller-Thurgau ist der Weinbaubereich um die Stadt Napier heute nicht mehr das größte Anbaugebiet Neuseelands – wohl aber eines der besten. Viel Chardonnay wächst dort, besonders gut aber gedeihen Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Merlot, aus denen konzentrierte, vom Eichenholz kräftig gewürzte Rotweine entstehen.
Wairarapa-Martinsborough
Kleine, schicke Anbauzone im Hinterland von Wellington mit exzellenten Cabernet Sauvignons und einigen vorzüglichen Pinots Noirs.
Marlborough
Größtes und bedeutendstes Anbaugebiet Neuseelands mit pazifisch-kühlem Klima und steinigen Böden, auf der Südinsel um den Ort Blenheim gelegen. Weltruhm genießen vor allem die pikanten Sauvignons, die sich durch Fülle und außerordentlich kräftige Aromen auszeichnen. Viele Großkellereien beziehen Trauben aus Marlborough.
Nelson, Canterbury
Kleine, noch junge Anbaugebiete auf der Südinsel, wobei Nelson in den letzten zehn Jahren seine Rebfläche auf gut 400 Hektar verdoppelt hat. Hier werden vor allem stahlige Chardonnays (Nelson) und interessante Pinots Noirs (Canterbury) erzeugt.