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Nachwuchs in Niepoorts Fabelhaft-Familie: neuer Weißer

Der korrekte Name des neuen Mitglieds der Fabelhaft-Familie heißt Fabelhaft Douro Branco. Also ein Weißwein vom Douro, jenem mächtigen Strom in Portugal, an dessen Hängen die Portweine wachsen. Dieser Branco hat jedoch nichts mit einem Portwein zu tun. Erstens ist er weiß, zweitens trocken, drittens nicht mit Alkohol aufgespritet. Er ist ein ganz normaler Weißwein, gekeltert aus den einheimischen Rebsorten, die im Douro-Gebiet wachsen, im Stahltank vergoren (ein kleiner Teil auch im Barrique), auf der Hefe ausgebaut – also so oder so ähnlich, wie Weißweine auf der ganzen Welt hergestellt werden.

Kein Frischemonster

Dirk van der NiepoortDer Unterschied ist, dass dieser Douro Branco keiner jener Frischemonster ist, die zu produzieren sich Winzer und Weingüter in der ganzen Welt derzeit so furchtbar gefallen. Der Wein hat keine knackige Säure und prickelt nicht vor Kohlensäure, was notorische Riesling-viel-zu-jung-Trinker möglicherweise als Mangel empfinden werden. Er duftet zwar nach frischem Apfel, ist aber ein satter, stoffiger, keineswegs nervöser Wein, der zwar nicht nach Holz schmeckt, aber teilweise in Barriques vergoren wurde (zu 30 Prozent).

Jetzt, da er noch jung ist, dominiert der süße Fruchtschmelz. Doch in den nächsten Monaten, wenn der Charme der knackigen Weine schon welk zu werden beginnt, kommen seine rauchig-kräuterwürzigen Komponenten erst richtig durch. Dann hat die Stunde dieses Branco geschlagen. Bleibt zu wünschen, dass die frischeverrückten Weintrinker diesen Stil, der eher durch ruhigen Trinkfluss geprägt ist, zu schätzen wissen.

Nichts für Salat-und-Putenbruststreifen-Esser

Auch Menschen, für die Salat mit Putenbruststreifen das Non-Plus-Ultra ist, werden mit diesem Portugiesen wenig anfangen können. Wer aber auch Kabeljau mit Tomaten und Oliven wertzuschätzen weiß oder – gerade im Sommer – Appetit auf ein gewürztes Geflügelragout mit pimientos hat, wird mit dem weißen Fabelhaft gut bedient sein.

Sicher, zu so einem Gericht könnte man auch den roten Fabelhaft trinken. Genauer: den Douro Tinto. Ihn hatte Dirk van der Niepoort, der Erzeuger der Fabelhaft-Weine, erstmals vor zehn Jahren als Reaktion auf den rückläufigen Portweinkonsum produziert. Statt einen süßen, mit Alkohol aufgespriteten Portwein zu machen, verwendete er die von kleinen Quintas im Douro-Gebiet gekauften Trauben, um einen alltagstauglichen, trockenen Rotwein zu bekommen – eben den Fabelhaft.

2009 Fabelhaft Tinto: keine Langeweile

Niepoorts Weingut Quinta de NapolesDessen 2009er-Jahrgang ist kürzlich freigegeben worden: keiner dieser soften, dunkelfarbenen, immer gleich schmeckenden, fruchtig-süßen Weine, wie sie aus Spanien und Italien massenhaft importiert werden, sondern ein delikater, kräftiger und überaus eigenständiger Wein, der nicht schon nach der ersten Flasche nur noch gepflegte Langeweile beschert.

Übrigens wurde der Fabelhaft Douro Tinto gerade von der Zeitschrift „Weinwirtschaft“ zum besten Rotwein des vergangenen Jahres gewählt, gemessen an seiner Qualität, seinem Preis-/Leistungsverhältnis, seinem Markterfolg. Weinkenner.de möchte dieser Einschätzung nicht widersprechen – schon deshalb nicht, weil von dem Wein im vergangenen Jahr 400.000 Flaschen allein in Deutschland verkauft wurden. Für einen Wein der 10-Euro-Kategorie ist das ein überragendes Ergebnis.

Dirk van der Niepoorts geniale Markenidee

Bleibt die Frage: Warum Fabelhaft, wenn es doch ein portugiesischer Wein ist? Fabelhaft ist eine Marke geworden, die sich Niepoort hat einfallen lassen, als er 2002 mit dem ersten Fabelhaft Tinto auf den Markt kam. Niepoort ist Portugiese, stammt aber aus Holland und hält sich viel in Deutschland auf. Deutschland ist der wichtigste Markt für seine Ports und die trockenen Weine. Er spricht fließend Deutsch und kennt selbstverständlich auch Wilhelm Busch. Dessen Fabel vom rotweinschlürfenden Raben Hans Huckebein wird auf dem Etikett des Weins erzählt. Fabelhaft ist also doppeldeutig.

Bevor der Branco dazu kam, hat die Marke Fabelhaft bereits Zuwachs von einer Tinto Reserva sowie zwei Portweinen bekommen: Max heißt ein Ruby, Moritz ein Tawny. „Eine fabelhafte Familie“ wirbt Niepoort für seine Kollektion. Sie gibt es übrigens in einem Dutzend Ländern der Welt unter verschiedenen Markennamen: In den USA werden sie unter den Bezeichnung Twisted vertrieben, in England unter „Drink me“, in Belgien unter „Allez Santé“, in Holland unter „Gestolen Fiets“, in Finnland unter „Ööja Päev“, in Dänemarkt unter „Fantasi“, in Südafrika unter „Ubuntu“.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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