Zusammengefasst: Von den 15 Siegerweinen der diesjährigen Blaufränkischverkostung verdienen zehn uneingeschränkt meine Hochachtung. Es sind kraftvolle, teilweise richtig muskulöse Weine, die den internationalen Vergleich nicht scheuen müssen. Ihre Besonderheit, die leicht erhöhte Säure, hebt sie über manchen italienischen und spanischen Rotwein. Beeindruckend vor allem die fehlerlose Machart. Berücksichtigt man, das die Weine fast ausschließlich aus kleinen Familienbetrieben kommen, kommt man um die Feststellung nicht herum, dass das professionelle Niveau ist hoch ist.
Die großen Unterschiede liegen in der Stilistik
Zu diskutieren wäre allein über de Stilistik. Der allergrößte Teil der prämierten Blaufränkischen gehört in die Reserve-Kategorie (auch wenn sie nicht immer so heißen). Das bedeutet: Es sind Spitzenweine, konzipiert für ein paar Jahre Lagerung, geringe Menge, gehobene Preisklasse. Die klassischen Blaufränkischen, die nur im Edelstahl oder nur kurz im Holzfass ausgebaut werden, sind in dieser Kategorie nicht vertreten, obwohl sie mengenmäßig den Löwenanteil der Produktion ausmachen.
Über die Stilistik der Spitzenweine kann man allerdings streiten. Fast alle sind erstaunlich dunkel in der Farbe, hochprozentig im Alkohol, üppig in die Breite gehend, neuholzlastig. Bei Lang, Scheiblhofer und dem Winzerkeller Neckenmarkt hat man den Eindruck, sie wollen kalifornische Cabernets und Merlots rechts überholen, so wuchtig und überladen sind sie. Von einer markanten Säure ist wenig zu spüren. Sie sind im traditionellen internationalen Stil gehalten, legen also ihren Fokus auf Gewicht, Reife und der daraus resultierenden Geschmacksfülle – ein Stil, der in Österreich viele Anhänger hat (in Deutschland auch).
Die „neue“ Blaufränkisch-Schule
Ganz anders die Weine von Heinrich, Weninger und Schiefer. Diese Winzer lassen ihre Trauben nicht bis zum allerletzten Tag hängen, reizen also das Öchsle-Potenzial nicht vollständig aus (ich weiß: In Österreich wird nach der Klosterneuburger Mostwaage gemessen), legen mehr Wert auf Eleganz und Frucht. Neuholz kommt nur in reduzierter Form zum Einsatz: bei Heinrich und Prieler in Form von gebrauchten Tonneaux bzw. Barriques, bei Schiefer im großen Holzfass. Auch werden die Reben vermehrt in kühlere Lagen gestellt, etwa an den Leithaberg. Das Resultat: geschmeidige Weine von großer Komplexität und ungeheurer Tiefe, die ein paar Jahre brauchen werden, um zu zeigen, was in ihnen steckt, dann aber burgunderhafte Züge annehmen, während die Blockbuster an Frische und Spannung verloren haben werden.
Häufig noch viel zu viel Neuholz
Woher ich das weiß? Habe gerade einen 2004er Blaufränkisch Kirschgarten von Umathum getrunken. Er ist – pardon – zum Niederknien. Genauso der 2002er Blaufränkisch Neckenmarkt von Moric. Beide Winzer hatten ihre Weine übrigens nicht für den SALON angestellt. Im Übrigen sind viele ältere Jahrgänge der erwähnten Winzer noch auf dem Markt.
Am meisten überrascht hat mich allerdings das, was zwischen den beiden Polen liegt: Meinrad Markowitsch, Juliane Wieder, Jalits, Betz, Mad, Wagentristl – Namen, die hierzulande nur wenig bekannt sind, obwohl sie begeisternde Qualitäten liefern. In der Spitze kosten die Weine knapp unter 30 Euro, viele aber auch zwischen 12 und 20 Euro. Auch wenn der Eine oder Andere immer noch zu viel Neuholz verwendet, merkt man doch, dass die neue Blaufränkisch-Schule abfärbt. Auf mittlere Sicht, vermute ich, wird sich der „neue“ Blaufränkisch-Stil durchsetzen.
Übrigens: In der Bewertung von Schiefers Eisenberg-Blaufränkisch spiegelt sich der Jahrgang 2014 wider: der schwierigste Rotweinjahrgang seit Langem. Nicht einfach, sich gegen die fülligen 2013er und 2012er zu behaupten.
Bezug:
Markowitsch: www.we1ns.de (€ 14,00)
Bretz: www.shop-magazin.at (€ 28,80)
Schiefer: www.weinhalle.de (€ 16,50)
Scheiblhofer: www.scheiblhofer.at (€ 16,50 Reserve)
Scheiblhofer: www.moevenpick-wein.de (€ 29,80 Reserve Jois)
Heinrich: www.weinfurore.de (€ 21,90)
Wieder: www.weingut-juliana-wieder.at (€ 12,20)
Weninger: www.gute-weine.de (€ 29,95)
Prieler: www.weinfurore.de (€ 27,90)
Lang: www.weinpassion-felix.de (€ 18,90)
Wagentristl: craftswines.com (€ 16,00)
Tesch: www.wagners-weinshop.com (€ 28,00)
Winzerkeller Neckenmarkt: www.koelner-weinkeller.de (€ 10,60)
MAD: mad.blue7.at (€ 29,00)
Jalits: www.weinwelt.at (€ 26,99)
Die 15 besten SALON-Blaufränkischen
Wein | Winzer | Beschreibung | Punkte |
---|---|---|---|
2013 Leithaberg DAC Blaufränkisch | Gernot und Heike Heinrich, Gols (Burgenland) | Straffer, eher leichter Wein, gespickt mit fruchtigen und mineralischen Noten, großer Spannungsbogen bei moderatem Alkohol (13 Vol.%): gelungene Interpretation des Blaufränkisch ohne Überreife. | 92 |
2013 Mittelburgenland DAC Reserve Kalkofen | Weninger, Horitschon (Mittelburgenland) | Sehr straff gewirkter Wein, Frucht, Tabak und staubig-mineralische Würze, deutliche Säurenote: sehr eigenwilliger Wein mit riesigem Potenzial, wird aber immer eine Herausforderung für den Gaumen bleiben. | 92 |
2013 Leithaberg DAC Blaufränkisch | Prieler, Schützen (Leithaberg) | Schlank, rassig mit viel frischer Sauerkirsche, aromentief statt reich und breit: substanzreicher und gleichzeitig sehr eleganter Blaufränkisch, wie aus einem Guss sgemacht. | 91 |
2013 Blaufränkisch Reserve | Meinrad Markowitsch, Göttlesbrunn (Carnuntum) | 14,5 Vol.%er, bei aller Fülle frisch mit sauberer Kirschfrucht, feinem Tannin, kaum merklichen Holznote: Hochkaräter der modernen Stilrichtung, komplex und doch leicht zu trinken. | 90 |
2014 Blaufränkisch Reserve Jois | Erwin Scheiblhofer, Andau (Burgenland) | Auf Schwere und hohe Reife gearbeiteter Wein im Amarone-Stil: viel Beerenfrucht, Bitterschokolade, sehr moderate Säure und viel Neuholz – großkalibriger Wein, nichts für Filigrantrinker. | 90 |
2013 Mittelburgenland DAC Reserve Kohlenberg | Juliane Wieder, Neckenmarkt (Mittelburgenland) | Kräftig strukturierter Wein mit präziser Frucht, feiner Würze, lebendiger Säure, dabei straff gewoben und punktgenau auf den Gaumen treffend: sehr erfreulich. | 90 |
2012 Eisenberg DAC Reserve Diabas | Mathias Jalits, Badersdorf (Südburgenland) | Dicht, fleischig, beerig mit reifer, süßer Frucht, glattem Tannin und üppigen 14 Vol.%: stylischer Wein ohne Ecken und Kanten, jetzt schon perfekt zu trinken, aber auch noch viel Potenzial. | 90 |
2013 Leithaberg DAC Blaufränkisch | Wagentristl, Grosshöflein (Leithaberg) | Frische Frucht, lebendige Säure, Massen von Tannin, leicht rustikal: ein Wein wie eine geballte Faust, kräftig strukturiert, üppig, Entwicklungspotenzial. | 90 |
2013 Blaufränkisch Reserve “Selection” | Josef Tesch, Neckenmarkt (Mittelburgenland) | Üppig mit frischer Frucht, aber auch mit Konfitürenoten, dazu Gewürznelken, im Hintergrund Nougatnoten: reicher, balancierter Wein, erträglicher Neuholztouch. | 90 |
2009 Blaufränkisch Spitzerberg | Jörg Bretz, Höflein (Carnuntum) | Transparent rubinrot, feinfruchtig mit reifer Sauerkirsche, viel Tiefe und trotz des warmen Jahrgangs erkennbar säurebetont: bemerkenswerter Wein. | 89 |
2012 Blaufränkisch Marienthal | Familie Mad, Oggau (Leithaberg) | Gut gebauter, kompakter Wein mit sauberer, frischer Frucht und würzigen Tabaknoten, leicht konfitürehafter Süße, milder Säure, offenbar gewollt neuholzlastig. | 89 |
2014 Blaufränkisch Reserve | Erwin Scheiblhofer, Andau (Burgenland) | Hochkonzentriert mit explosiver, süßer Frucht, dezenter Säure, würziger Neuholznote, barocker Typus: das Dickschiff unter den Blaufränkischen. | 89 |
2014 Eisenberg DAC Blaufränkisch | Uwe Schiefer, Welgersdorf (Südburgenland) | Feinfruchtig, zart mit zurückhaltender Frucht, dafür mehr minerlischen Noten: das Gegenstück zu den opulenten Blaufränkischen im internationalen Stil, in 2014 etwas schlanker als normal geraten. | 89 |
2013 Mittelburgenland DAC Reserve | Rotweine Lang, Neckenmarkt (Mittelburgenland) | Dunkel, dicht, konzentriert beerenfruchtig mit moderater Säure und schokoladiger Würze: qualitativ hohes Niveau, stilistisch Standard, allerdings mit (zu) viel Neuholz. | 88 |
2013 Mittelburgenland DAC Reserve Himmelsthron | Winzerkeller Neckenmarkt (Mittelburgenland) | Dichter, dunkler Wein mit konzentrierter, weicher Frucht, sehr reif und leicht süßlich anmutend, 15 Vol.% Alkohol und übertrieben viel Neuholz, das den Wein förmlich maskiert. Schade. | 87 |