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Nachverkostet – 1993 Gaia & Rey

Arneis, Soave, Vermentino, Friulano, Verdicchio, Inzolia – alles wunderbar frische, fruchtige Weine aus Italien, die zu einem herzhaften Pastagericht bestens munden und die die Weintrinker in aller Welt lieben. Doch Weißweine im Burgunderstil, im kleinen Holzfass vergoren und auf der Naturhefe ausgebaut, um Tiefe und Komplexität zu gewinnen, sind rar in Italien.

Zu den gelungensten Exemplaren dieser Kategorie von Wein gehören Antinoris Cervaro della Sala, Lageders Chardonnay Löwengang, Jermanns W…Dreams und Angelo Gajas Gaia & Rey – letzterer ein reinsortiger Chardonnay (Langhe DOC), gewachsen auf kalkhaltigen Lehmböden in der Barolo- und Barbaresco-Zone im Piemont und ab 125 Euro pro Flasche im Handel zu finden (jüngster Jahrgang).

Ausgewogener Jahrgang

1993 war für die Barolo und Barbaresco ein guter, aber kein großer Jahrgang. Diese beiden Rotweine werden aus der Nebbiolo-Traube gewonnen, die eine spätreife Sorte ist. Die Chardonnay-Traube wird jedoch bereits in der ersten Septemberhälfte gelesen und hat weniger unter dem kühlen September gelitten als die Nebbiolo-Gewächse.

Sicher, es gab komplettere Weine als den 1993er Gaia & Rey (zum Beispiel 1999 und 2004), auch körperreichere (2000, 2006). Aber der 1993er ist ausgewogen und in sich stimmig. Er hat heute seinen ersten Höhepunkt erreicht und präsentiert sich in bester Genussreife: helles Goldgelb mit leicht grünlichen Reflexen, in der Nase vor allem Citrusaromen, nur ein Hauch von Ananas und Honigmelone, dabei mineralisch-frisch mit stabiler Säure und noch lange nicht am Ende seiner Tage.

Erste Reifenoten, aber keine Spur von Unfrische zeigend, hält er sich mit Sicherheit noch fünf Jahre auf diesem Niveau.

Im Handel vergriffen, auf Auktionen noch zu finden

Die Trauben kommen aus zwei Weinbergen in Treiso (4 ha) und Serralunga (3 ha). Sie wurden 1979 angelegt – dem Geburtsjahr von Gajas ältester Tochter Gaia. Nach ihr und seiner Grußmutter Clotilde Rey wurde der Wein benannt. Er wird mit eigenen Hefen, aber anders als im Burgund im Edelstahl vergoren. Der biologische Säureabbau und der Ausbau finden dann im Barrique statt (gebraucht), wo der Wein sechs bis acht Monate auf der Feinhefe liegt.

Nach einer leichten Filtration kommt er auf die Flasche. Insgesamt werden rund 20.000 Flaschen von ihm erzeugt. Im Handel ist der 1993er nicht mehr zu finden. Auf der Weinauktion von Koppe & Partner am 11. Juni 2010 im Hamburger Hotel Vier Jahreszeiten wird ein Lot von 12 Flaschen dieses Weins aufgerufen. Das Mindestgebot beträgt 540 Euro. Das entspricht einem Flaschenpreis von 45 Euro – ein Schnäppchen!

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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