Matt Skinner: Coolster Sommelier der Welt, langweiligster Buchautor

Matt Skinner
In England gilt Matt Skinner als Ikone für die hippen, weintrinkenden Endzwanziger. Jetzt hat der Weinberater von Kultkoch Jamie Oliver ein Buch über Wein geschrieben. Es ist zum Gähnen langweilig. Nur an einer Stelle traut er sich, etwas vom Lebensgefühl der Generation Cool rauszulassen. Als er nämlich sagt, welches Gericht am besten zu Champagner passt.

In Eng­land gilt Matt Skin­ner als Iko­ne für die hip­pen, wein­trin­ken­den End­zwan­zi­ger. Jetzt hat der Wein­be­ra­ter von Kult­koch Jamie Oli­ver ein Buch über Wein geschrie­ben. Es ist zum Gäh­nen lang­wei­lig. Nur an einer Stel­le traut er sich, etwas vom Lebens­ge­fühl der Gene­ra­ti­on Cool raus­zu­las­sen. Als er näm­lich sagt, wel­ches Gericht am bes­ten zu Cham­pa­gner passt.

Matt Skin­ner ist Aus­tra­li­er. Er hat nacken­lan­ge brau­ne Haa­re, einen sanf­ten Blick, ein lie­bes Gesicht und tritt gern im Schlabber-Look auf – ein net­ter Typ, wie man ihn sich als Freund wünscht. Außer­dem ver­steht er etwas von Wein. Seit er 2001 von Syd­ney nach Lon­don wech­sel­te, ist er wine mana­ger in Jamie Oli­vers berühm­tem Lon­do­ner Restau­rants Fif­teen, in dem arbeits­lo­se und benach­tei­lig­te Jugend­li­che für einen Job in der Gas­tro­no­mie aus­ge­bil­det wer­den. „Von nie­man­dem habe ich mehr über Wein gelernt als von Matt“, rühmt der Star­koch sei­nen Freund.

Aber Skin­ner han­tiert nicht nur mit Wein­fla­schen. Er schreibt auch. Als Ver­tre­ter der jun­gen Gene­ra­ti­on der Wein­trin­ker ist er ein gefrag­ter Weintipp-Geber für eng­li­sche Zeit­schrif­ten. Lei­der hat er sich auch über­re­den las­sen, ein Buch zu schrei­ben. Ein Buch für Leu­te, die noch nicht viel über Wein wis­sen, aber begrei­fen möch­ten, was es mit dem schöns­ten Genuss­mit­tel der Welt auf sich hat (Wein! Aus­wäh­len und Genie­ßen“). Um es vor­weg zu neh­men: Das Buch ist zum Gäh­nen. Es wie­der­käut Din­ge, die seit zwan­zig und mehr Jah­ren in unzäh­li­gen ande­ren Büchern beschrie­ben wor­den sind – und das meist unter­halt­sa­mer. Kein eige­ner Gedan­ke. Kein neu­er Aspekt. Und null lus­tig. Lek­tü­re für Wein­be­am­te. Hugh John­son, der Alt­meis­ter der Wein­li­te­ra­tur, ist mitt­ler­wei­le über 70, aber sei­ne Bücher sind ungleich leben­di­ger, fri­scher, jün­ger als das von Matt Skinner.

Kor­ken­zie­her­mo­del­le, die vor­ge­stellt wer­den, die Degus­ta­ti­ons­me­tho­den, die Eti­ket­ten­spra­che – ein Auf­guss alt­be­kann­ter Weis­hei­ten. Die dür­ren Jahr­gangs­ta­bel­len, die mit­ge­lie­fert wer­den, spie­geln die Vor­ur­tei­le wider, die über Jahr­gän­ge kur­sie­ren. Den Dekan­tier­un­sinn frönt Skin­ner mun­ter wei­ter, indem er rät, auch stink­nor­ma­le Kom­merz­wei­ne eine Vier­tel­stun­de vor dem Genuss umzu­schüt­ten. Beim Erstei­gern von Wein auf Auk­tio­nen gibt er dem Leser den wert­vol­len Tipp, sich beim Bie­ten eine Ober­gren­ze zu set­zen. Restau­rant­be­su­chern rät er: „Suchen Sie sich einen Wein aus, der zum Essen passt.“ Dar­auf wäre wahr­schein­lich kein Restau­rant­be­su­cher von selbst gekommen.

Und bei den idea­len Wein-/Speisenkombinationen fal­len ihm nur die immer glei­chen Bei­spie­le ein, die ande­re Autorin­nen sei­nes Lon­do­ner Ver­lags seit Jah­ren durch­nu­deln: Sau­vi­gnon Blanc zu Zie­gen­kä­se, Ries­ling zur Asia-Küche, Cham­pa­gner zu Aus­tern, San­gio­ve­se zur Piz­za. Was für einen San­gio­ve­se, sagt er nicht. Einen Bru­nel­lo? Eine Chi­an­ti clas­si­co Riser­va? Oder einen San­gio­ve­se aus der Bast­fla­sche für 1,99 Euro? Der Leser darf raten.

Halt. Eine sei­ner Lieb­lings­kom­bi­na­tio­nen ist ori­gi­nell, mutig und des cools­ten Som­me­liers der Welt wür­dig. Er mag Cham­pa­gner näm­lich nicht nur zu Aus­tern, son­dern lie­ber noch zu Fish and Chips. Das hat Klas­se! Das hat Stil! Das fin­det man weder bei Hugh John­son noch bei Jan­cis Robin­son, Joan­na Simon oder wie die ande­ren schrei­ben­den Wein-Koryphäen Eng­lands alle hei­ßen. Sie alle publi­zie­ren für Men­schen, die Cham­pa­gner aus Kris­tall­glä­sern unter Kron­leuch­tern trin­ken. Skin­ner sitzt statt­des­sen am Strand, die Zehen im Sand, coo­le Leu­te um ihn her­um, Scham­pus und Chips in Reich­wei­te. Er weiß: Ein guter Cham­pa­gner schmeckt auch aus Plas­tik­be­chern. Und ein Son­nen­un­ter­gang ist eh bes­ser als ein Kron­leuch­ter. Echt cool.

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