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Mandrarossa ist kein Weingut. Mandrarossa ist eine Marke. Unter dieser Marke bietet die Cantine Settesoli, Siziliens größte Weinkooperative, eine begrenzte Menge von Premium-Weinen an, die Dreierlei zeigen sollen. Erstens: Sizilien ist mehr als eine Randerscheinung in Italien. Zweitens: Das qualitative Potenzial der Insel ist noch lange nicht ausgeschöpft. Drittens: Auch eine Kooperative kann eine Pionierrolle übernehmen.
Selbst die Spitzenweine kosten nicht mehr als eine bessere Kinokarte
Den Beweis für die Pionierrolle liefern rund zwei Dutzend Weine, die in den letzten Jahren unter dem Mandrarossa-Etikett auf den Markt gekommen sind und sich durch tadellose handwerkliche Qualität und eine Preiswürdigkeit auszeichnen, wie es sie im von Abgaben-Wut und Steuerexzessen gebeutelten Italien nicht mehr gibt. Selbst die Spitzenweine kosten kaum mehr als eine Kinokarte.
Die Weinberge liegen an der Côte d’Afrique
Settesoli wurde 1958 gegründet und hat heute rund 2000 Mitglieder. Zusammen repräsentieren sie 6.000 Hektar Weinberge – das sind über 5 Prozent der gesamten sizilianischen Rebfläche. Aus diesem gigantischen Rebenreservoir haben die Genossen nach intensiven Bodenanalysen 200 Hektar herausgenommen, die nur für die Produktion der Mandrarossa-Weine reserviert sind. Geografisch liegen alle diese Weinberge an der Côte d’Afrique, wie die südwestliche Küste Siziliens zwischen Menfi und Sciacca genannt wird.
Afrika ist nur 150 Kilometer Luftlinie von den Stränden Siziliens entfernt. An Wärme und Licht mangelt es also nicht. Aber der Verbündete der Winzer ist der ständige Seewind, der die hohen Temperaturen in den meernahen Weinbergen herunterkühlt. So kommt es, dass dort keine Alkoholmonster, sondern frische Weißweine mit lebendiger Säure und Rotweine mit knackiger Frucht und samtigem Tannin entstehen.
Nicht jeder Wein ist Weltklasse, aber alles ist Klasse
Das Mandrarossa-Sortiment reicht von authentischen Rebsortenweinen über innovative Cuvées bis zu hochklassigen Lagenweinen. Zugegeben: Nicht alles ist Weltklasse. Aber alles ist unverkennbar Sizilien. Schon der langjährige Settesoli-Präsident Diego Planeta (dessen eigenes Weingut inzwischen weltberühmt ist) hatte die Aufgabe der Kooperative nicht nur darin gesehen, möglichst große Mengen an Wein zu vermarkten, sondern das qualitative Potenzial Siziliens auszuloten und mit der Marke „Mandrarossa“ ein Dach zu geben. Settesolis neuer Präsident Vito Varvaro hat daraufhin ein umfangreiches Arbeitsprogramm entwickelt, um dieses Ziel zu erreichen. Erst einmal ließ er die vorhandenen Bodenstrukturen analysieren, Dabei fanden die Experten allein an der Côte d’Afrique fünf verschiedene Bodenformationen: von Sand über Lehm bis Kalkstein.
Bodenkundler aus Chile eingeflogen
Dann hat Mandrarossa neben den betriebseigenen Kellermeistern zwei externe Önologen engagiert, die helfen sollen, die weinbaulichen Besonderheiten zur Geltung zu bringen: Alberto Antonini, ein erfahrener Flying Winemaker aus der Toskana, und Pedro Parra, ein Bodenkundler aus Chile, der ein paar Mal im Jahr nach Sizilien jetet, um zu entscheiden, welche Rebsorten auf welchen Böden am besten stehen. Chile und Sizilien weisen, was die Temperaturen und die Trockenheit angeht, Ähnlichkeiten auf.
Das Erfreuliche: Die Weine sind in Deutschland erhältlich
Das Programm ist noch lange nicht abgeschlossen. Aber die ersten Resultate sind schon da. Die neue Mandrarossa-Kollektion besteht aus präzis gearbeiteten Weinen, die in Duft und Geschmack ein Stück Sizilien widerspiegeln – allerdings des modernen Siziliens, nicht das der unfrischen Weißweine und oxidierten Rotweine, wie sie vor 20 Jahren noch für die Insel typisch waren. Und das Erfreuliche ist: Ein großer Teil der Weine ist auch in Deutschland erhältlich.
Das Beispiel Grillo: salzig im Abgang
Unter den Weißen ist der Grillo der schnörkelloseste Wein: schmelzig-weich, herzhaft fruchtig, leicht salzig im Abgang. Die Seeluft hat ihm den Stempel aufgedrückt. Grillo hat nichts mit Grillen zu tun. Grillo ist eine autochthone Sorte, die aus Sizilien stammt und bis heute nur in Sizilien angebaut wird. Sie ergibt relative stoffige Weine. Als der Marsala noch der wichtigste sizilianische Wein war, lieferte die Grillo den größten Teil des Grundweins. Heute erkennen immer mehr Weingüter, dass sie unter den einheimische weißen Sorten die wertvollste ist.
Nero d’Avola in mehreren Versionen
Auch der rote Nero d’Avola gehört zu den einfachsten Weinen im Sortiment von Mandrarossa. Doch was heißt hier einfach? Nero d’Avola ist die wichtigste und beste einheimische Rotweinsorte Siziliens, und dieser Wein zeigt warum: ein herrlich fruchtiger, sonnengereifter Wein mit zartem Veilchen-/Kirschgeschmack, sanftem Tannin. Er ist schon jetzt mit großem Genuss zu trinken und kostet nicht mehr als zwei Capuccini. Freilich gibt es Nero d’Avola auch in einer etwas teureren Version. Cartagho heißt sie und ist derjenige Wein, mit dem Mandrarossa am meisten Furore macht.
In der nächsten Stufe wird sich Mandrarossa von Cantine Settesoli abkoppeln und und als eigenständiges Weingut etablieren. Der neue Keller existiert schon auf dem Reißbrett.
Die Weine
2016 Grillo „Costadune“, Bianco Sicilia DOC
Hell in der Farbe, schmelzig-weich am Gaumen, lebendige, fruchtige Säure mit Noten von Zitrus und feiner Basilikumwürze: ein herzhafter, unverkünstelter Wein, der direkt ins Herz geht.
Preis: 6,50 Euro
Bezug: www.ludwig-von-kapff.de
2016 Nero d’Avola „Costadune“, Rosso Sicilia DOC
Transparent rubinrot mit feinem Veilchen-/Kirschduft mit Zimt- und Nelkenwürze, frische, ausdrucksvolle Frucht, sanftes Tannin: ein einfacher, aber in sich vollkommen stimmiger Wein zum sofortigen Genuss.
Preis: 5,95 Euro
Bezug: www.ludwig-von-kapff.de
2016 Chardonnay „Laguna Secca“, Bianco Sicilia DOC
„Stahltank“-Chardonnay mit Noten von Limetten und frischer rosa Grapefruit, stoffig mit weiniger Säure, sauber, gradlinig, ohne Schnörkel: Cuvée aus früh und spät geernteten Trauben.
Preis: 5,95 Euro
Bezug: www.ludwig-von-kapff.de
2016 Urra di Mare, Bianco Sicilia DOC
Ein Lagenwein aus 100% Sauvignon, benannt nach einem meernahen Ortsteil der Stadt Menfi: leicht aromatisch mit Noten von reifem Apfel, Minze, Sellerie, druckvoll und vollmundig auf der Zunge mit milder, weiniger Säure, nur im Edelstahltank gereift.
Preis: 10,95 Euro
Bezug: www.ludwig-von-kapff.de
2016 Santannella, Bianco Sicilia DOC
Anspruchsvolle Weißweincuvée aus Sorten, die in Sizilien nicht heimisch sind, aber auf den Lehmböden weiter im Landesinneren gute Ergebnisse bringen: 70% Fiano, 30% Cheninn Blanc. Im Duft Pfirsich, Anis, Mandeln, am Gaumen stoffig lang. Ein paar Monate im Barrique gereift.
Preis: ca. 10 Euro
Bezug: kein Importeur
2016 Syrah „Desertico“, Rosso Sicilia DOC
Dunkel rubinroter Wein von kräftiger Statur, viel Sauerkirsche und Gewürznoten in der Nase und auf der Zunge, primärfruchtig angelegt ohne den Anspruch auf Tiefe, wohl aber auf Frische und Rebsortentypik.
Preis: 6,50 Euro
Bezug: www.ludwig-von-kapff.de
2016 Merlot „Rupenera“, Rosso Sicilia DOC
Geschmeidiger, geradezu smarter Rotwein, der völlig unkompliziert zu trinken ist und mit seiner ausdrucksvollen, reifen Beerenfrucht überzeugt. Genialer Schoppenwein.
Preis: 6,50 Euro
Bezug: www.ludwig-von-kapff.de
2016 Cabernet Sauvignon „Serra Brada“, Rosso Sicilia DOC
Gut gebauter Cabernet Sauvignon typisch sizilianischer Prägung mit reifer Brombeer-/Cassisfrucht, süßem, mürben Tannin, viel schwarzem Pfeffer, einem Hauch Eukalyptus und feiner Kräuterwürze: anspruchsvoller Alltagswein mit unschlagbarem Preis-/Leistungsverhältnis.
Preis: 6,50 Euro
Bezug: www.ludwig-von-kapff.de
2016 Bonera, Rosso Sicilia DOC
Rotweincuvée aus je 50% Nero d’Avola und Cabernet franc, reich und mit satter Frucht ausgestattet, würzig-ledrig im Duft, auf der Zunge kompottig-süß mit Noten von dunkler Schokolade und schwarzem Pfeffer. Einfach, aber sauber, präzise, unschlagbar im Preis.
Preis: 5,95 Euro
Bezug: www.ludwig-von-kapff.de
2016 Timperosse, Rosso Sicilia DOC
Die Sorte Petit Verdot wird in Sizilien nicht häufig, aber in kleinen Mengen immer häufiger angebaut. Dieser Wein besteht aus 100% Petit Verdot: dunkel in der Farbe mit starker Tanninstruktur, aber nicht fett, sehr würzig am Gaumen mit saftiger Brombeer- und dunkler Pflaume, dazu eine zarte Säurenote.
Preis: 11,80 Euro
Bezug: www.ludwig-von-kapff.de
2016 Cavadiserpe, Rosso Sicilia DOC
Ungewöhnliche Cuvée aus 60% Merlot und 40% Alicante, einer Färbertraube, die selten in Italien und nirgendwo sonst auf Sizilien angebaut wird: Resultat: ein opulenter Rotwein mit beerig-süßer Frucht, dunkel in der Farbe und dicht in seiner Textur, Noten von Pflaumenkonfitüre und Johannisbrot, dazu ein Hauch von dunkler Schokolade, üppig, aber etwas spannungsarm. 3 Gläser im Gambero Rosso 2018.
2014/15 Cartagho, Rosso Sicilia DOC
Laut Qualitätspyramide der Spitzenwein von Mandrarossa: ein reinsortiger Nero d’Avola aus drei hoch gelegenen Parzellen in einer der zahlreichen ländlichen Gemeinden um Menfi, die Cartagho heißt: ein dichter, tanninstarker Wein mit reifer, aber frischer Frucht, die an Sauerkirsche und Datteln erinnert, noch etwas streng mit viel schwarzem Pfeffer, am Gaumen durchvoll und sehr nachhaltig mit viel Entwicklungpotenzial. 2015 war ein sehr guter Jahrgang, 2014 gilt sogar als dream vintage.
Preis: 13,95 Euro
Bezug: www.ludwig-von-kapff.de
Wenn “die in den letzten Jahren unter dem Mandrarossa-Etikett” ein Synonym für “1999” ist, haben Sie natürlich völlig recht…
Guten Tag, Herr Priewe,
dieser Artikel auf Ihrer Seite beginnt mit der Aussage, dass „Ein neuer Stern“ über Sizilien aufgegangen ist. Mir ist dieser Stern (gefühlt) schon seit sehr, sehr langer Zeit geläufig.
Um diesen Gefühlseindruck zu versachlichen, habe ich in älteren Ausgaben eines Magazins zu italienischem Wein geblättert, für das Sie regelmäßig eine Kolumne schreiben. In der Ausgabe 2/2002 werden (noch getrennt geschrieben) „Mandra Rossa“-Weine des Jahrgangs 2000 von Settesoli beschrieben, in der Ausgabe 1/2004 dann in der heutigen Mandrarossa-Schreibweise zum Jahrgang 2002.
Ein neuer Stern? Nun ja…
Nach meinem gelegentlichen Eindruck sind die Mandrarossa-Weine handwerklich gut gemacht;
ob sie nun aber auf einmal „das große Gesprächsthema in Italien“ sind, kann ich nicht nachvollziehen.
Mandrarossa gibt es seit 1999 – wie in dem Artikel steht. Richtig gut sind die Weine, besonders der Spitzenwein Cartagho, aber erst seit dem Jahrgang 2012. Daher die Formulierung “Ein neuer Stern am Weinhimmel Siziliens”. Und was ich bei meinem Besuch im September aus dem Faß probiert habe (Jahrgänge 2015 und 2016) sagt mir, dass die Überschrift richtig gewählt war.