Luxemburg, wie es trinkt und schäumt

Obermosel Luxemburg | Foto: Carlo Rinnen
Auch in Luxemburg ist das Bankgeheimnis nicht mehr das, was es einmal war. Das bestgehütete Geheimnis des Großherzogtums ist heute, dass dort Wein wächst. Ulrich Sautter, unser Mann fürs Besondere, hat sich dem Großherzogtum und seinen Winzern diskret genähert und schnell vier bedenklich gute Weine gefunden.

Luxem­burg ist den meis­ten Deut­schen als das Land der Akti­en­fonds und eines Fern­seh­sen­ders bekannt. Doch Wein? Viel­leicht hat der eine oder ande­re schon mal davon gehört, ihn aber nie pro­biert. Dabei hat sich seit Jah­ren schon im Schat­ten der benach­bar­ten Riesling-Großmacht Deutsch­land eine quick­le­ben­di­ge Weinsze­ne ent­wi­ckelt, die mit Lei­den­schaft und Kön­nen an den Wei­nen feilt, die an den male­ri­schen Hän­gen der Ober­mo­sel wachsen.

Das Ergeb­nis die­ser Bemü­hun­gen ist ein­drucks­vol­ler als die Ren­di­ten vie­ler Akti­en­fonds, die in Luxem­burg auf­ge­legt wer­den. Das gilt vor allem für den Ries­ling und den Auxer­rois, die bei­den wich­tigs­ten Weiß­wei­ne Luxem­burgs, aber auch für die schäu­men­den Cré­mants. Sie sind eine Spe­zia­li­tät des Lan­des. Außer­halb der Lan­des­gren­zen sind sie eben­so unbe­kannt ist wie jener Groß­her­zog Hen­ri von Nassau-Weilburg, der an der Spit­ze des Klein­staa­tes steht. Luxem­burg hat zwar eine demo­kra­tisch gewähl­te Regie­rung, die die Ent­schei­dun­gen trifft. Doch seit 1867 ist es offi­zi­ell eine kon­sti­tu­tio­nel­le Monarchie.

Über 50 Liter pro Jahr

Herbst an der ObermoselKlein­staat hin und her: In kei­nem Land Euro­pas wird soviel Wein getrun­ken wie in dem Groß­her­zog­tum: über 50 Liter pro Kopf und Jahr. Das ist mehr als in Frank­reich und  Spa­ni­en und dop­pelt so viel wie in Deutsch­land. Auch gibt kei­ne ande­re Nati­on in Euro­pa soviel Geld für Wein aus wie die Luxem­bur­ger. Sie gel­ten in Fach­krei­sen zu Recht als die anspruchs­volls­ten Wein­trin­ker Euro­pas. Mit bil­li­ger Plör­re geben sie sich nicht ab.

Zwar besteht der größ­te Teil des­sen, was sie trin­ken, aus aus­län­di­schen Wei­nen. Aber das liegt nur dar­an, dass Luxem­burgs Reb­flä­che ein­fach zu klein ist, um den Durst sei­ner Lands­leu­te zu stil­len. Außer­dem gibt es nur sehr wenig Rot­wein, und Rot­wein spre­chen  die fran­ko­phi­len Luxem­bur­ger tra­di­tio­nell hef­tig zu.

Luxemburg ist Weißweinland

Luxem­burgs Wein­ber­ge sind, von ein wenig Pinot Noir abge­se­hen, aus­schließ­lich mit wei­ßen Sor­ten bestockt. Sie lie­gen am Ober­lauf der Mosel und rei­chen von Was­ser­bil­lig nur weni­ge Kilo­me­ter außer­halb Triers bis nach Schen­gen im Süden – in Euro­pa zumin­dest vom Namen her bekannt, weil nach ihm das Abkom­men über Zoll- und Per­so­nen­kon­trol­len in der EU benannt wur­de. Die Hän­ge, an denen der Wein wächst, sind weni­ger schroff und nicht so dra­ma­tisch steil wie in Deutsch­land. Aber die Qua­li­tä­ten sind höchst respektabel.

Ins­ge­samt ste­hen in Luxem­burg rund 1300 Hekt­ar unter Reben. Das ist nicht viel. Pie­sport, die größ­te Wein­bau­ge­mein­de an der (deut­schen) Mit­tel­mo­sel, umfasst allein schon über 400 Hekt­ar Wein­ber­ge. Die Bedin­gun­gen an der Ober­mo­sel sind jedoch ganz anders als dort und an der nur weni­ge Kilo­me­ter ent­fernt flie­ßen­den Saar. Der wich­tigs­te Unter­schied: Die Böden ent­hal­ten kei­nen Schie­fer. Und die Tem­pe­ra­tu­ren sind küh­ler. Sie drän­gen den Ries­lin­g­an­bau auf die aller­bes­ten Lagen zurück.

Guter Auxerrois

Die men­gen­mä­ßig wich­tigs­te Reb­sor­te ist der Müller-Thurgau. Inter­es­san­ter sind jedoch die Wei­ne der wei­ßen Bur­gun­der­sor­ten, und hier hat sich Luxem­burg vor allem mit sei­nem Auxer­rois einen Namen gemacht. Die­se mit dem Weiß­bur­gun­der ver­wand­te Trau­be bringt im Nach­bar­land – ähn­lich wie im Elsass – einen wür­zi­gen, etwas vol­le­ren Wein her­vor als der Weißburgunder.

In Luxem­burg erhal­ten die Wei­ne oft auch einen Schuss mehr Rest­sü­ße, sodass sie zuwei­len ein gera­de­zu Riesling-artiges Süße-Säure-Spiel auf­wei­sen, beglei­tet von nussi­gen und flo­ra­len Aro­men. Ein höchst emp­feh­lens­wer­tes Exem­plar ist der 2010er Bechels­berg des Erzeu­gers Stronck-Pinnel aus Grei­veldan­ge (5,70 Euro/Fl. zzgl. Ver­sand, info@stronck-pinnel.lu). An die­sem Tipp erkennt man noch einen wei­te­ren Vor­zug der Luxem­bur­ger Wei­ne: Sie sind ihren Preis wert – und loh­nen auch den Ver­sand nach Deutsch­land, zumal die meis­ten Luxem­bur­ger Win­zer per­fekt Deutsch sprechen.

Müller-Thurgau für die deftige Brotzeit

Wer es etwas rus­ti­ka­ler mag, kann am Elb­ling Gefal­len fin­den, den man­cher Erzeu­ger noch als loka­le Rari­tät pflegt. Natür­lich gibt der Elb­ling kei­ne sehr kom­ple­xen Wei­ne. Dafür ist er ein gut­mü­ti­ger Beglei­ter zu einer def­ti­gen Brot­zeit, die mit kräf­ti­gen Würs­ten nach Säu­re ver­langt. Aus einem Betrieb namens Krier-Welbes, der gera­de die Umstel­lung zum Bio-Weinbau voll­zieht, stammt der 2010er Bech-Kleinmacher Jon­ge­berg, der für sehr attrak­ti­ve 3,10 Euro zzgl. Ver­sand ange­bo­ten wird (info@krier-welbes.lu).

Und der Ries­ling? Die Sor­te ergibt zwei­fel­los den edels­ten Wein, ist aber sehr anspruchs­voll, was die Lagen angeht, und steht im Reb­sor­ti­ment nur an vier­ter Stel­le. Gut 12 Pro­zent der Reb­flä­che sind mit ihr bestockt. Doch die bes­ten Luxem­bur­ger Ries­lin­ge sind hoch­fei­ne Gewäch­se, die sich vor Nie­man­dem ver­ste­cken müs­sen. Sie wei­sen inter­es­san­te Facet­ten auf, die man so weder aus Deutsch­land noch aus dem Elsass noch aus Öster­reich kennt. Zu erken­nen sind die bes­ten Wei­ne an dem Auf­druck Grand Pre­mier Cru auf dem Etikett.

Riesling mit hintergründiger Mineralität

Guy KrierDa das Luxem­bur­ger Wein­recht kei­ne Geschmacks­rich­tun­gen wie „tro­cken“ oder „halb­tro­cken“ kennt, sind die meis­ten Abfül­lun­gen etwas süßer als „tro­cken“ nach deut­schem Modell – also etwa „fein­herb“. So auch der 2009er Ries­ling aus der Lage Nuss­baum von Madame Aly Duhr (info@alyduhr.lu, 9 Euro zzgl. Ver­sand). Die­ser auf einem kar­gen Kalk­ge­steins­bo­den gewach­se­ne Ries­ling ist mit­tel­ge­wich­tig im Kör­per und jetzt noch ein wenig ver­schlos­sen. Er lässt jedoch eine raf­fi­nier­te, hin­ter­grün­di­ge Mine­ra­li­tät erken­nen, die zusam­men mit der saf­ti­gen Frucht einen tol­len Wein ergibt.

Vor allem ist Luxem­burg eine Hoch­burg der Schaumwein-Produktion. Cré­mant de Luxem­bourg  heißt das Pro­dukt, das die Luxem­bur­ger am liebs­ten schon zum Früh­stück trin­ken (abwei­chend vom Fran­zö­si­schen Creeehh-mannt aus­ge­spro­chen). Ein Cré­mant de Luxem­bourg wird immer nach der klas­si­schen Metho­de der Fla­schen­gä­rung her­ge­stellt, wie man sie vom Cham­pa­gner her kennt. Es gibt ihn zwi­schen raf­fi­niert und rus­ti­kal in vie­len Spiel­ar­ten. Gebiets­ty­pisch, nicht ver­zär­telt, aber den­noch sehr kul­ti­viert ist der der Brut „Heri­ta­ge“ des Erzeu­gers Gales (7,70 Euro zzgl. Ver­sand, info@gales.lu), eine Cuvée aus Weiß­bur­gun­der, Ries­ling, Char­don­nay und Auxerrois.

Ein Pro­blem, ihre Wei­ne zu ver­kau­fen, haben die Luxem­bur­ger nicht. Was ihnen fehlt, ist Wahr­neh­mung und Aner­ken­nung. Des­halb hat weinkenner.de unter dem Menü­punkt „Wein­wis­sen“ im Haupt­me­nü das Wein­land Luxem­burg aufgenommen.

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