2014 war wie 2013 im Wetterverlauf ein schwieriger Jahrgang mit extremer Arbeitsanforderung. Er mündete final – jedoch nur bei den Spitzenwinzern – in überragende Weine. Allerdings ist 2014 von Region zu Region und von den Spitzenwinzern zur Basis noch heterogener als 2013, der sich übrigens mehr und mehr als Jahrhundertjahrgang herausstellt.
2014 qualitativ irgendwo zwischen 2012, 2011 und 2007
Ein zeitiges, trockenes Frühjahr mit perfekter Blüte, dann ein kühler, teilweise regnerischer Sommer, ein frischer, säurebwahrender August, gefolgt von einem warmen und in einigen Regionen feuchten Herbst. Im Grundcharakter ist 2014 zu verorten zwischen dem feinen, mineralischen 2012er, dem reifen 2011er und dem charmanten, würzigen 2007er. Dem in der Spitze besten Jahrgang meiner Weinhistorie, dem Jahrhundertjahrgang 2013, ähnelt er nur in Bezug auf hohen Extrakt und lebendig frischer Säure, die ob der hohen Reife als mildere Weinsäure daherkam. Entsäuerung war also nicht nötig, zumindest bei den Spitzenwinzern nicht.
Niedrige Alkoholgehalte
Im Alkohol ist 2014 erfreulich niedrig, in den nördlicheren Gebieten Mosel, Rheingau und Nahe sind wir im Schnitt der Großen Gewächse (GG) nur bei 12 Grad oder darunter. Selbst die opulenteren Rheinhessen können tiefe 12,5 Grad halten, in der Pfalz kommt man maximal auf genehme 13 Prozent Alkohol.
Allerdings leidet das Weinjahr 2014 an Mosel und Rhein unter frühem und intensivem Botrytisbefall. Nach den nass-warmen letzten zwei Septemberwochen breitete sich der Schimmelpilz rasend schnell aus. Spitzenlagen mit früher Reife und guter Drainage blieben verschont.
Schnellste Lese aller Zeiten
Doch in den meisten Lagen musste erbarmungslos schnell gelesen werden – der einzige Schlüssel zum Erfolg. Man spricht von der schnellsten Lese der Geschichte, zwischen dem 22. September und Mitte Oktober wurde ganz Deutschland von den schon legendär tüchtigen Heerscharen der polnischen Leseteams abgeerntet. Das alles führte dann zum Glück oft zu großen Weinen, in manchen Gegenden aber nur in kleinsten Mengen. Große Klasse gab es jedoch nur aus den allerbesten Lagen.
Die Nahe, Rheinhessen und die Pfalz kamen in vielen Gegenden mit dem Wetterverlauf etwas besser weg als der Norden. In Baden und Franken sind Ziereisen, Heger, Huber, Reinhold Schneider, Alexander Laible, Fürst und Sauer richtige Weltklasse. Die Pfälzer von Winning, Reichsrat von Buhl und Christmann aus der Mittelhardt sind perfekt, nicht besser als 2013, eher etwas reifer und milder, charmanter, tolle Säure mit feiner 2012er-Charakteristik. Viele Rheingauer sind leider etwas dünn. Bessere Winzer haben aber ganz ordentliche, teilweise sogar sehr gute Weine im Keller.
Mosel wieder mal vorn
Mehr als sehr gut sind die Weine der Spitzenerzeuger an der Mosel wie Heymann-Löwenstein, Clemens Busch, Mönchhof, Molitor, Lieser, Haag, Zilliken, Lauer, Saarstein, Karthäuserhof und Maximin Grünhaus. Als ganz groß erweisen sich Egon Müller und Dr. Loosen. An Saar, Ruwer und Mosel ähnelt 2014 in vielen Eigenschaften dem traumhaft reifen 2011er.
Begeisternd ist die Nahe, ein Mix aus 2007 und 2012, aber geringer im Alkohol. Cornelius Dönnhoff schießt bei unserer ersten Probe der Region gleich mal den Vogel mit einer Weltklasseleistung ab, die knapp hinter der des Vorjahres liegt. Die Weine sind nicht größer, aber reifer als 2013. Tim Fröhlich kann die tollen Weine aus 2013 nochmal bestätigen, große 2014er aus gesundem Lesegut mit niedrigem Alkohol.
Allgemein sehr hoher Level
Groß wieder die Spitze in Rheinhessen, wie unser Regionseinstieg bei den vielen genialen Weinen von Sankt Antony zeigt. Klaus-Peter Keller bestätigte diesen Regionseindruck mit fast genialen 2014ern. Auch Philipp Wittmann zeigt wieder Weltklasse.
Resümierend steht 2014 an der Mosel knapp hinter dem übergroßen Jahrgang 2013, im Rheingau klar hinter dem feinen 2012. An der Saar, Ruwer und Franken war 2014 ganz groß. Die Nahe, Baden, Rheinhessen und die Pfalz halten ihren sehr hohen Level.
Hohe Extrakte wie 2013
2014 ist, entgegen manchen Befürchtungen und Unkenrufen, bei den Spitzenerzeugern (und wie 2013 nur bei diesen) doch sehr gut bis großartig, zum Teil sogar wunderschön. Der Jahrgang ist geprägt von der Spannung hoher, reifer Weinsäure (weniger als 2013 und 2010), niedrigem Alkohol, gänzlich durchgegorenen GGs und zum Glück sehr hohem Extrakt mit entsprechend genialer Fruchtsüße.
Der Beobachter möge sich erinnern, wie schnell der sich jetzt als Jahrhundertjahrgang herausstellende 2013er vorverurteilt wurde. Die Presse sollte den Fehler eines solchen lediglich auf Effekt ausgerichteten Totalverrisses nicht wiederholen, auch wenn, wie 2013, bei den Massenerzeugern und Supermarktweinen wieder überwiegend Fäulnis und Ungenießbares zu finden ist. Die Spitzenerzeuger stehen umso strahlender darüber.
Geniale Rotweine
Apropos Rotwein: Aus Baden, Pfalz, Franken, Ahr, Rheingau, Nahe und Mosel kommen geniale Spätburgunder. Was wir bei Ziereisen, Huber, Heger, Laible, Fürst, Stodden, Hajo Becker, Fritz Becker, Peter Jacob Kühn, Diel, St. Antony, Molitor und Später-Veit probieren durften, kann locker mit dem französischen Burgund mithalten. Nicht ganz oben in der absoluten Spitze, aber im Preis-Genuss-Verhältnis. Da liegt Deutschland vorn. Die von allen anerkannten Top 4 – Friedrich Becker, Huber, Ziereisen und Fürst – sind Weltklasse und passen in jede Vergleichsprobe der weltbesten Burgunder.
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