Laurenz Maria Moser und sein Grüner Veltliner-Fimmel

Laurenz-Maria-Moser mit Büste des Großvaters
Laurenz-Maria-Moser mit Büste des Großvaters
Laurenz Maria Moser traut sich. Der Nachfahre des bekannten österreichischen Weinpioniers hat eine Probe mit den besten Weißweinen der Welt organisiert, um zu prüfen, ob der Grüne Veltliner in der obersten Liga mitspielen kann. Er kann.

Sein Groß­va­ter war ein öster­rei­chi­scher Reben­pio­nier. Er erfand die Lenz-Moser-Hochkultur, ein damals revo­lu­tio­när neu­es Reben­er­zie­hungs­sys­tem. Sein Vater war ein berühm­ter, inno­va­ti­ver Wein­guts­be­sit­zer. Lau­renz Maria Moser (in der Moser-Rangfolge der V.) ist ein erfolg­rei­cher Wein­händ­ler mit einem fei­nen Näs­chen für Märk­te. Doch hin­ter dem Erfolg ste­hen ein schar­fer Wein­ver­stand und eine brei­te Wein­bil­dung, den der Grün­der der Wein­han­dels­fir­ma TxB Fine Wines Inter­na­tio­nal mit Gewinn in sein Busi­ness einbringt.

Laurenz Maria Moser verehrt Mondavi

Er ver­ehrt Robert Mon­da­vi, für den er sie­ben Jah­re lang den Europa-Vertrieb lenk­te. Er schwärmt für deut­schen Ries­ling. Und er hat ein Fai­ble für die eng­li­sche Spra­che, in der er äußerst elo­quent ist, egal ob er sich in San Fran­cis­co (sei­ner frü­hen Haupt-Wirkungsstätte), in Chi­na (wo er Hono­ra­ry Wine­ma­ker ist und sogar ein „Cha­teau“ nach ihm benannt wur­de), in Wien (wo er her­kommt) oder in Köln auf­hält (wo sein Wohn­sitz ist). Vor allem aber ist er ein Mis­sio­nar des Grü­nen Velt­li­ners. Die­se Reb­sor­te hält er für eine der gro­ßen der Welt. Unter dem Label Lau­renz V. erzeugt er (mit Part­nern) in sei­ner Hei­mat Öster­reich ein gan­zes Sor­ti­ment an Grü­nen Velt­li­nern – vom „Fore­ver“ für Leicht­ma­tro­sen über einen sprit­zi­gen Ter­ras­sen­wein („Sun­ny“) bis zu Premium-Qualitäten wie „Sil­ver Bul­let“ und „Char­ming“.

Grüner Veltliner bald auch aus der Türkei

Alle sei­ne Wei­ne haben eng­li­sche Namen, was dar­an liegt, dass er 90 Pro­zent expor­tiert. Men­schen aus 45 Län­dern delek­tie­ren sich mitt­ler­wei­le an ihnen – auch in Chi­na. Moser ist fel­sen­fest über­zeugt, dass nach den Rot­wei­nen bald auch Weiß­wei­ne zum Objekt der Begier­de wein­af­fi­ner Asia­ten werden.

Außer­dem glaubt er, dass der Grü­ne Velt­li­ner nicht nur in Öster­reich groß­ar­ti­ge Qua­li­tä­ten ergibt. Im nächs­ten Früh­jahr wird er die ers­te Grü­ner Veltliner-Rebe in Kapa­do­ki­en in der Tür­kei in die Erde pflanzen.

Den Grü­nen Veltliner-Fimmel lebt Moser exzes­siv aus. So trug er wie­der mal18 der berühm­tes­ten und teu­ers­ten Weiß­wei­ne der Welt zusam­men und lud Ende Okto­ber im Ber­li­ner Hotel Elling­ton zu einer Blind­ver­kos­tung – sechs Grü­ne Velt­li­ner aus Öster­reich schmug­gel­te er heim­lich in die Pro­be. Er woll­te den Beweis, „dass man einen Grü­nen Velt­li­ner pro­blem­los neben die gro­ßen Weiß­wei­ne der Welt stel­len kann“. Das Mot­to der Pro­be: Tasting On Thin Ice.

Eine Weinprobe “auf dünnem Eis“

Die berühm­ten Weiß­wei­ne kamen aus Deutsch­land, Frank­reich, Ita­li­en, Spa­ni­en, Kali­for­ni­en und Neu­see­land (sie­he Tabel­le auf Sei­te 3). Die Ver­kos­ter waren ein Dut­zend Jour­na­lis­ten, Ein­käu­fer und Som­me­liers, unter ande­rem vom KaDe­We, vom Hotel Mariott, vom Internet-Weinhändler Wine in Black, vom Restau­rant Mut­zen­ba­cher in Fried­richs­hain. Das „dün­ne Eis“ bestand dar­in, dass es sich bei den 24 Pro­ben um völ­lig unter­schied­li­che und im stren­gen Sin­ne unver­gleich­ba­re Wei­ne han­del­te: ver­schie­de­ne Reb­sor­ten, dif­fe­rie­ren­de Sti­lis­ti­ken, gan­ze ande­re Jahr­gän­ge. Also eine Ver­kos­tung, die eigent­lich eben­so viel Auf­schluss über die Vor­lie­ben der Ver­kos­ter wie über die Qua­li­tät der aus­ge­schenk­ten Wei­ne gab.

Um das Resul­tat vor­weg­zu­neh­men: Die Grü­nen Velt­li­ner schlu­gen sich wacker. Fasst man die Bewer­tun­gen aller Ver­kos­ter zusam­men, lan­de­ten immer­hin zwei Grü­ne Velt­li­ner unter den ers­ten zehn Wei­nen. Dabei lie­ßen sie berühm­te und teil­wei­se fünf­mal so teu­re Gewäch­se hin­ter sich. Gegen die Spit­zen­wei­ne vom Ries­ling und Weiß­bur­gun­der aus Deutsch­land und Öster­reich hat­ten die Grü­nen Velt­li­ner aber letzt­lich wenig Chancen.

„Deutschland ist derzeit das Maß aller Dinge“

“Deutsch­land ist der­zeit das Maß aller Din­ge“, resü­mier­te Moser hin­ter­her, womit er zumin­dest den jün­ge­ren Ver­kos­tern aus der See­le sprach: den 30- bis 40-Jährigen, die mit deut­schen Wei­nen sozia­li­siert wor­den sind. Moser: „Für sie zählt, was frisch, fruch­tig, unkom­pli­ziert ist, was einen unma­ni­pu­lier­ten Sor­ten­cha­rak­ter auf­weist, was unkom­pli­ziert zu trin­ken ist, was Spaß macht und kei­ne hohe fach­li­che Wein(aus)bildung verlangt.“

Zu Weiß­wei­nen, die im klei­nen Holz­fass ver­go­ren wur­den und einen bio­lo­gi­schen Säu­re­ab­bau durch­ge­macht haben, wie vie­le der gro­ßen inter­na­tio­na­len Spit­zen­wei­ne – zu die­sem Wein­ty­pus hat die­se Gene­ra­ti­on von Wein­fach­leu­ten prak­tisch über­haupt kei­nen Bezug. Das ist scha­de. Ange­sichts des­sen haben Grü­ne Velt­li­ner ein leich­tes Spiel, zumin­dest so lan­ge sie jung und kna­ckig sind.

Nicht ins „Beuteschema“

Doch Spitzen-Veltliner besit­zen, das wis­sen Fach­leu­te, ein enor­mes Rei­fe­po­ten­zi­al. Zu ganz gro­ßer Form lau­fen sie erst nach zehn bis 15 Jah­ren auf. Dann sind die Primär- und Sekun­där­aro­men ver­schwun­den und haben den Ter­ti­är­aro­men Platz gemacht. Mit Ter­ti­är­aro­men aber tut sich die Frische-Fraktion natur­ge­mäß schwer. Alles was petro­lig ist oder nach getrock­ne­ten Apri­ko­sen oder Fei­gen statt nach knackig-frischer Frucht schmeckt, viel­leicht sogar nach medi­ter­ra­nen Würz­kräu­tern oder schwar­zen Oli­ven, passt nicht in ihr „Beu­te­sche­ma“.

Auch mit Wei­nen mit vege­ta­bi­len Noten, wie sie zum Bei­spiel ein Car­bon­nieux Blanc aus Bor­deaux oder, in zuge­spitz­ter Form, ein Clou­dy Bay-Sauvignon aus Neu­see­land auf­wei­sen, frem­delt sie. Gera­de­zu rat­los machen die Frische-Fraktion tan­nin­be­ton­te, lang­le­bi­ge Wei­ne wie eine Rio­ja Blan­co Gran Reser­va, die nicht nach süßem Pfir­sich oder Oran­ge, son­dern nach Koch­ap­fel und Dar­jee­ling schmeckt.

Barrique-Weißweine nichts für die Frische-Fraktion

Kei­ne Chan­ce haben bei ihr Barrique-Weißweine mit kräf­ti­gem Toast wie Gui­gals Con­drieu oder der wei­ße Pape Clé­ment aus dem gleich­na­mi­gen Châ­teau in Bor­deaux – ein Wein, der immer­hin 150 Euro pro Fla­sche kos­tet. Par­ker, der ihm 100 Punk­te gege­ben hat, urteil­te über ihn: „Es ist einer der exqui­si­tes­ten Wei­ne, den ich unter allen Her­künf­ten je getrun­ken habe.“ Für die Frische-Fraktion ist die­ses Urteil unver­ständ­lich, nicht nachvollziehbar.

Und die Grü­nen Velt­li­ner? Mar­kus Hubers Lagen-Veltiner Obe­re Stei­gen aus dem Trai­sen­tal passt per­fekt ins Frische-Frucht-Schema. Viel­leicht hat er nicht ganz die Klas­se der gro­ßen Riesling-Gewächse. Doch in die 1 B-Kategorie gehört er auf jeden Fall. Glei­ches gilt für die Sma­rag­de aus der Wach­au, die in Ber­lin durch Emme­rich Knolls Loibenberg-Veltliner ver­tre­ten waren. Und für die Wei­ne von Lau­renz V.

Grüne Veltliner haben sich wacker geschlagen

Moser hat­te bewusst dar­auf ver­zich­tet, die ganz gro­ßen Aus­nah­me­wei­ne vom Grü­nen Velt­li­ner in die Pro­be ein­zu­bau­en, etwa FX Pich­lers Kel­ler­berg oder Hirtz­ber­gers Honi­vogl. Sie hät­ten womög­lich auf Augen­hö­he mit Witt­manns Weiß­bur­gun­der S und mei­nem per­sön­li­chen Favo­ri­ten, dem Bie­nen­berg Weiß­bur­gun­der GG von Bern­hard Huber aus Baden, gele­gen. Aber sie sind natür­lich nicht reprä­sen­ta­tiv für Pre­mi­um Grü­ne Veltliner.

An den Sie­ger die­ses Tasting On Thin Ice wären die­se öster­rei­chi­schen Kult­wei­ne aber ver­mut­lich auch nicht her­an­ge­kom­men. Es war von Win­nings Ries­ling GG vom Kalk­ofen. Die­ser Wein domi­nier­te alles, was sich in der Pro­be befand, sowohl bei der Frische-Fraktion als auch bei den Ver­kos­tern, die Erfah­run­gen mit inter­na­tio­na­len Weiß­wei­nen haben, wozu ich zum Bei­spiel Stuart Pigott, und, par­don, mich zähle.

Auch in Wien und London dominierten die frischen Weine

Übri­gens hat ein ähn­li­ches Tasting On Thin Ice, das am 7. Novem­ber in Lon­don mit eng­li­schen Ver­kos­tern statt­fand (aller­dings mit etwas ande­ren Wei­nen), ein ähn­li­ches Gesamt­ergeb­nis her­vor­ge­bracht. Sie­ger wur­de der Ries­ling Dachs­fi­let aus dem Wein­gut des Prin­zen von Hes­sen im Rhein­gau gefolgt von von Win­nings GG vom Kalk­ofen. In Wien, wo öster­rei­chi­sche Ver­kos­ter schon im Sep­tem­ber das „dün­ne Eis“ betre­ten hat­ten, domi­nier­ten die Frische-Weine noch stär­ker. Sie beleg­ten alle ers­ten zehn Plät­ze im Ran­king. Die brei­tes­te Zustim­mung erhielt aller­dings kein Grü­ner Velt­li­ner, son­dern Koll­w­entz Char­don­nay vom Leithagebirge.

Wegen der gro­ßen Dif­fe­ren­zen in den Urtei­len der Ver­kos­ter in Ber­lin stel­le ich in der Tabel­le auf Sei­te 3 nur mei­ne per­sön­li­chen Noti­zen online.

Die Weine

Wein­gutBewer­tungPunk­te
2011 Dei­des­heim Kalk­ofen Ries­ling GG, von Win­ning, Pfalz (Deutsch­land)Ries­ling aus einer Ers­ten Lage mit Kalkmergel-Böden: hoch­mi­ne­ra­lisch, dicht, leicht rau­chig, opu­len­ter, im 500-Liter-Faß ver­go­re­ner Wein mit wei­cher, wei­ni­ger Säu­re, die vom Schmelz gut abge­puf­fert wird, dabei frisch, fein­aro­ma­tisch, aro­m­en­tief – sicher einer der fas­zi­nie­rends­ten Weiß­wei­ne in der Riesling-Kategorie.93+
2011 Wei­ßer Bur­gun­der GG „Im Son­ne­schein“, Öko­no­mie­rat Reb­holz, Pfalz (Deutsch­land)Viel Sub­stanz, sei­di­ger Stoff, leben­di­ge Säu­re, im Hin­ter­grund tro­pi­sche Früch­te, wirkt noch etwas stumpf mit metallisch-mineralischen Noten, schwer ein­zu­ord­nen: unein­deu­tig, aber mit Sicher­heit ein gro­ßer Wein.92+
2012 Grü­ner Velt­li­ner „Obe­re Stei­gen“, Mar­kus Huber, Trai­sen­tal (Öster­reich)Tol­ler Grü­ner Velt­li­ner vom „Wun­der­kind“ unter den öster­rei­chi­schen Win­zern: Pfir­sich und Apri­ko­sen im Bou­quet, dazu Tee­blü­ten und Boden­tö­ne wie nas­se Krei­de und Flint­stein, am Gau­men druck­voll, kräf­ti­ge Säu­re, leicht scho­ti­ge Wür­ze, Fri­sche – sehr har­mo­ni­scher, gut zusam­men­ge­wach­se­ner Wein, einer der bes­ten Grü­nen Velt­li­ner Österreichs.92+
2012 Wei­ßer Bur­gun­der GG „Bie­nen­berg“, Wein­gut Bern­hard Huber, Baden (Deutsch­land)Wei­ßer Bur­gun­der aus dem badi­schen Mal­ter­din­gen: Schon in der Nase ein hoch­mi­ne­ra­li­scher Wein mit Birnen- und Melo­nen­aro­ma, dazu ein zart rös­ti­ge Note (vom Teil­aus­bau des Weins im klei­nen, neu­en Holz­fass) und ein Hauch von getrock­ne­ten Fei­gen: ein unglaub­lich viel­schich­ti­ger, kom­ple­xer Wein, auf der einen Sei­te frisch, auf der ande­ren cremig-weich, aber in sich stim­mig: rarer Kennerwein.92+
2012 Lan­gen­loi­ser Spie­gel Grau- und Weiß­bur­gun­der, Bründl­may­er, Kamp­tal (Öster­reich)Noch sehr zurück­hal­tend im Bou­quet, im Hin­ter­grund fei­ne Blüten- und mine­ra­li­sche Aro­men, dazu dezen­te Röst­nö­ten vom Aus­bau des Weins teils im klei­nen, teils im gro­ßen Holz­faß, ein stof­fi­ger, gleich­zei­tig aber zar­ter Wein, gut zusam­men­ge­wach­sen, homo­gen, terroirbetont.92
2010 Pouil­ly Fumé de Ladou­cet­te, Cha­teau du Nozet, Loire (Frank­reich)Stark ter­ro­ir­be­ton­ter Wein, als Sau­vi­gnon Blanc kaum zu erken­nen, in der Nase rei­fer Apfel, Dar­jee­ling, ein Hauch von Honig­me­lo­ne, schmalzig-fett, gleich­zei­tig aber von einer fei­nen Säu­re geädert: ein stof­fi­ger, kraft­vol­ler Wein mit über­ra­schend mode­ra­tem Alko­hol­ge­halt (12,5 Vol.%).91+
2012 Les Gal­li­mar­des, Domaine Giraud, Chateauneuf-du-Pape, (Frank­reich)Wei­ßer Kult­wein aus Chateauneuf-du-Pape: blu­mig im Bou­quet, auf der Zun­ge fri­sche Obstsalat-Aromen dazu Anis, Laven­del, und fei­ne Honig­no­ten: schwe­rer, kör­per­rei­cher Wein aus Gren­ache Blanc, Clai­ret­te, Bour­bou­lenc und Rous­san­ne, zur Hälf­te im klei­nen Holz­fass, zur ande­ren im Stahl­tank ver­go­ren, durch bio­lo­gi­schen Säu­re­ab­bau noch opu­len­ter gewor­den: auf Lang­le­big­keit ange­leg­ter, noch stark vom Holz gepräg­ter Wein, der jetzt wenig gibt.90++
2011 Grü­ner Velt­li­ner „Sil­ver Bul­let“, Lau­renz V., Kamp­tal (Öster­reich)Ter­ro­ir­wein aus dem Zöbin­ger Kogel­berg im Kamp­tal: ani­mie­ren­der Duft von rei­fem Apfel und Wil­liams­bir­ne, sub­til kräu­ter­wür­zig, dabei kräf­tig im Kör­per, fein­glied­rig, frisch: fruchtig-frischer Velt­li­ner, in der Betriebs­hier­ar­chie von Lau­renz V. die Num­mer 2.90
2012 Lei­tha­ge­bir­ge Char­don­nay, Koll­w­entz, Bur­gen­land (Öster­reich)Eben­so anspre­chen­der wie anspruchs­vol­ler Char­don­nay von mitt­le­rem Kör­per, der sich noch in der Pri­mär­frucht­pha­se befin­det (Ana­nas und Zitrus­frucht), dabei gut fun­diert ist mit fri­scher, aber sicher nicht über­trie­ben hoher Säu­re, zar­te Röst­aro­men vom Aus­bau im gro­ßen Holzfass.90
2012 Grü­ner Velt­li­ner „Char­ming“, Lau­renz V., Kamp­tal (Öster­reich)Spit­zen­wein von Lau­renz V.: dezent blu­mig, im Hin­ter­grund ange­deu­te­te Noten von Bir­ne, Apri­ko­se und Kräu­tern, am Gau­men druck­voll, fül­lig, etwas ins Fet­te nei­gend: mäch­ti­ger Wein, der­zeit noch etwas banal-fruchtig wir­kend, aber mit rie­si­gem Poten­zi­al ausgestattet.90+
2009 Grü­ner Velt­li­ner „Char­ming“, Lau­renz V., Kamp­tal (Öster­reich)Kamp­ta­ler Grü­ner Velt­li­ner aus einem war­men Jahr­gang: Weiß­dorn­duft, Maril­le, Kräu­ter­wür­ze in der Nase, saf­tig mit wei­cher, wei­ni­ger Säu­re – mit siche­rer Hand gemach­ter Wein, Main­stream auf geho­be­nem Niveau.90+
2012 Weiß­bur­gun­der S tro­cken, Witt­mann, Rhein­hes­sen (Deutsch­land)Witt­manns bes­ter Weiß­bur­gun­der: packen­der Wein vom Kalk mit viel Sub­stanz, viel Fri­sche, pikan­ter Säu­re und mine­ra­li­scher Ter­ro­irn­o­te – sehr gekonnt vini­fi­ziert und (im Halb­stück­fass) aus­ge­baut – der Wein demons­triert, dass in Deutsch­land nicht nur beim Ries­ling Welt­klas­se bietet.90+
1991 Viña Ton­do­nia Blan­co Gran Reser­va, Lopez de Here­dia, Rio­ja (Spa­ni­en)Außen­sei­ter in die­sem Tasting: Gold­gelb in der Far­be, beim ers­ten Schluck deut­lich tan­nin­be­tont am Gau­men (10 Jah­re Holz­fass!), Noten von Koch­ap­fel auf der Zun­ge, dahin­ter jedoch fei­ne Darjeeling- und Würz­kräu­ter­no­ten, stram­me Säu­re, nied­ri­ger Alko­hol (12 Vol.%) – weder oxy­diert noch gezehrt, aber natür­lich etwas herb.90
2011 Blanc de Blancs „Clos Mireil­le“, Domain­es Ott, Pro­vence (Frank­reich)Voll­mun­di­ger, medi­ter­ra­ner Côtes-de-Provence: dezen­ter Duft mit fei­ner Mine­ra­lik, aber gro­ben Koch­ap­fel­no­ten, reich, spe­ckig, alko­hol­be­tont, der­zeit stark aus­ein­an­der­stre­bend und wenig frisch: ein Wein mit dem Poten­zi­al eines Rot­weins, auf Lang­le­big­keit ange­legt (Trau­ben: Sémil­lon, Rolle).89+
2011 La Doria­ne, E. Gui­gal, Con­drieu (Frank­reich)Einer der gro­ßen Wei­ne von der Nörd­li­chen Rho­ne: sehr rei­fe Frucht mit ver­ein­zel­ten Ker­zen­wachs­no­ten, Ana­nas, Grape­fruit, Kräu­ter­tee, Nüs­se, But­ter­scotch, Sub­stanz wie ein Rot­wein (14,6 Vol.%), aller­dings mit der­zeit fast pene­tran­tem Toast (100% im neu­en Holz ver­go­ren). Rein­sor­tig Vio­gnier. Drin­gend rei­fe­be­dürf­tig (gut 60 Euro).89++
2012 Ries­ling „Dachs­fi­let“, Prinz von Hes­sen, Rhein­gau (Deutsch­land)Vol­ler, mit­rei­ßen­der Wein aus der bes­ten Lage des Wein­guts, dem Win­ke­l­er Dachs­berg, viel kna­cki­ger Gran­ny Smith im Bou­quet, aber auch deut­li­che Noten von Zitrus und Melo­ne, don­nern­de Säu­re, Span­nung, viel­leicht einen Tick zu vor­der­grün­dig, um ganz oben in der Riesling-Liga mitzuspielen.89+
2012 Grü­ner Velt­li­ner Sma­ragd „Loi­ben­berg“, Emme­rich Knoll, Wach­au (Öster­reich)Klas­si­ker aus der Wach­au: sehr stof­fi­ger Wein, viel­schich­tig, mineralisch-saftig, im gro­ßen (alten) Holz­fass ver­go­ren, aber (noch) nicht rich­tig zusam­men­ge­wach­sen, mode­ra­te Säu­re, wenig Span­nung, reich­lich Alko­hol (14 Vol.%), Bou­quet von Bir­ne und Banane.88+
2010 Cha­teaux Car­bon­nieux Blanc, Cha­teau Car­bon­nieux, Pessac-Léognon (Frank­reich)Im Bou­quet etwas unsau­ber, Staub- und Gemü­se­no­ten, im Hin­ter­grund schwar­ze Johannisbeer-Pastillen: kraft­vol­ler, hefe­fri­scher Wein, zu 70% aus Sau­vi­gnon Blanc, zu 30% aus Semil­lon, Kalt­ma­zer­a­ti­on und hin­ter­her Ver­gä­rung in Bar­ri­ques – der­zeit etwas tap­sig daher­kom­mend, wahr­schein­lich in eini­gen Jah­ren ein sehr, sehr schö­ner, auf jeden Fall eigen­stän­di­ger Wein.88+
2010 Napa Val­ley Char­don­nay, Robert Mon­da­vi, Napa Val­ley (Kali­for­ni­en)Rei­cher, volu­mi­nö­ser Wein aus Car­ne­ros und dem küh­le­ren Teil Napas: viel Quit­te, Ana­nas und Zitrus­frucht in der Nase, sehr cre­mig und in die Brei­te gehend, leicht holz­be­tont, aber nicht ohne Fri­sche, im Abgang but­t­rig: durch­aus trink­ani­mie­rend, aber doch etwas grob­fruch­tig, wenig Spannung.88
2009 Cha­teau Pape Clé­ment Blanc, Cha­teau Pape Clé­ment, Pessac-Léognan (Frank­reich)Extrem ambi­tiö­ser und auf­wen­dig erzeug­ter Wein aus Sau­vi­gnon Blanc (40%), Semil­lon (35%) sowie Sau­vi­gnon Gris und Mus­ca­del­le. Gewach­sen auf rei­nem Kies, im neu­en Holz ver­go­ren: Ana­nas, Nüs­se, But­ter­scotch im Bou­quet, dazu ein schar­fer, noch stark im Vor­der­grund ste­hen­der Toast, volu­mi­nös (auch durch malo­lak­ti­sche Gärung), alko­hol­stark, aber gleich­zei­tig frisch, weil lan­ge auf der Hefe gele­gen. 100 Punkte-Wein bei Par­ker. Die gut 150 Euro, die er kos­tet, sind eine Inves­ti­ti­on in die Zukunft.87++
2011 Macon „Ver­zé“, Domain­es Leflai­ve, Macon (Frank­reich)Spon­tan ver­go­re­ner, bio­dy­na­mi­scher Village-Wein: Bou­quet wenig ent­wi­ckelt, am Gau­men undif­fe­ren­ziert mit star­ker salzig-mineralischer Note, im Hin­ter­grund Koch­ap­fel: ein Stahltank-Chardonnay mit bio­lo­gi­schem Säu­re­ab­bau, viel Stoff, viel Kraft, aber der­zeit noch wenig Charme.87+
2012 Pinot Gri­gio, Jer­mann, Fri­aul (Ita­li­en)Mehr oder min­der pri­mär­fruch­ti­ger Wein mit den übli­chen Frucht­no­ten wie Apfel, Bir­ne, Apri­ko­se, alles sehr frisch und kna­ckig: gut gemach­ter Wein, der aller­dings nicht über den kon­ven­tio­nel­len Rah­men hin­aus geht.87
2013 Clou­dy Bay, Clou­dy Bay, Marl­bo­rough (Neu­see­land)Neu­see­lands berühm­tes­ter Sau­vi­gnon Blanc: pikan­te Stachelbeer- und schwar­ze Johan­nis­beer­no­ten in der Nase, hohe Säu­re, mas­si­ger Kör­per bei rela­tiv hoher Alko­hol­gra­da­ti­on (13,5 Vol.%) – extrem auf Fri­sche und Frucht getrimm­ter Wein, sehr „laut“.87
1983 Grü­ner Velt­li­ner „Hundschup­fen“ Rie­de Mail­berg, Schloss­wein­gut Mal­te­ser Rit­ter­or­den, Wein­vier­tel (Öster­reich)Alter Velt­li­ner aus dem frü­he­ren Fami­li­en­wein­gut der Fami­lie Lenz Moser: heu­te sicher kein gro­ßer Velt­li­ner, aber einer, der das Alte­rungs­po­ten­zi­al die­ses Weins demons­triert – gold­grü­ne Far­be, deli­ka­te Fir­ne mit fei­nen Qit­ten­no­ten und fri­scher Säu­re, nicht ganz har­mo­ni­scher, aber inter­es­san­ter und noch immer mit Genuß zu trin­ken­des „Denk­mal“.87

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