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Lamberto Frescobaldi und sein Libertà – die Freiheit nehm’ ich mir

Manchmal ist es ganz gut, wenn man nicht weiß, mit wem man spricht. So dachte sich Alberto Torelli vor zwölf Jahren nicht viel dabei, als ihn ein freundlicher Herr auf einer Weinmesse im Südtiroler Meran immer wieder nach seiner Meinung zu verschiedenen Weinen fragte. Torelli antwortete ehrlich und frei heraus. Er war damals Mitte 20, hatte gerade sein Weinbaustudium in Florenz abgeschlossen und erste praktische Erfahrungen auf Weingütern im Chianti gesammelt. Die unkomplizierte Art des jungen Mannes gefiel dem freundlichen Herrn, er bot Torelli einen Job an und gab ihm seine Karte. Als Torelli den Namen las, fuhr ihm kurz der Schreck in die Glieder: Lamberto Frescobaldi – einer der berühmtesten Namen in der italienischen Weinbaugeschichte. Seit Jahrhunderten spielt seine Familie eine wichtige Rolle in Kunst und Kultur, im Handel und in den Finanzen Italiens, besonders in der Toskana. Zu ihrem Weingutsimperium gehören so renommierte Betriebe wie Nipozzano, Pomino, Castelgiocondo, Ornellaia.

Die Sangiovese spielt nur eine untergeordnete Rolle

Lamberto Frescobaldi

Lamberto Frescobaldi hatte gerade die Verantwortung für ein Weingut übernommen, das zwar nicht seiner Familie gehört, das aber über 25 Hektar Reben vor den Toren Florenz’ verfügt, direkt an der nördlichen Grenze des Chianti Classico. Der Name des Weinguts: Collazzi. Die Weinberge sind überwiegend bestockt mit Cabernet Sauvignon, Cabernet franc, Merlot und Petit Verdot. Die toskanische Traditionssorte Sangiovese nimmt nur einen kleinen Anteil der Rebfläche ein. Inmitten der Reben eine prächtige Villa, die aus dem 16. Jahrhundert stammt und von keinem Geringeren als Michelangelo  Buonarotti entworfen wurde. Ein Glücksfall für Toselli: Er wurde der Önologe auf Collazzi.

Der Libertà schont den Geldbeutel

Collazzi ist ein privates Weinprojekt von Lamberto Frescobaldi, das er außerhalb der Weingeschäfte seiner Familie betreibt. Produziert werden fünf Weine, davon vier rote. Die beiden Top-Weine sind ein reinsortiger Petit Verdot namens Ferro und eine klassische Bordeaux-Cuvée namens Collazzi – beide hochpreisige Super Tuscans, die sich durch Schwere und Opulenz auszeichnen und auf den Geschmack eines internationalen Publikums zielen. Mich hat am meisten einer der beiden einfacheren Weine beeindruckt, einer, der zwar Sangiovese enthält, sich aber die Freiheit nimmt, zum größten Teil aus Merlot und Syrah gekeltert zu werden: Libertà lautet sein Name. Ein herzhafter, geschmacksintensiver Wein, der nicht viel mehr als eine Kinokarte kostet und von dem Toselli, der junge Önologe, sagt: „Unser Ziel ist es, einen Wein mit einer außerordentlichen Balance von Aromen und Struktur zu machen, mit etwas Weichheit durch eine kurze Reifezeit im Holzfass.“

Der Wein kostet so viel wie eine Kinokarte, und ich gebe zu: Für so wenig Geld habe ich schon lange nichts mehr im Glas gehabt, was so viel Spaß gemacht hat. Schade, dass die besseren Qualitäten von Collazzi nicht die hohen Erwartungen erfüllen konnten, die ich nach diesem tollen Einstiegswein an sie hatte – aber gut für meinen Geldbeutel und den anderer Weintrinker.


2014 Libertà | Tenuta I Collazzi
Preis: 13,95 Euro
Bezug: www.belvini.de


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