Wo Weine der Reife entgegen dämmern
„Ich bin, wie viele Menschen heute, ein Wechseltrinker. In 20 Jahren habe ich zahlreiche kleine Partien unterschiedlicher Weine erworben, selten große Mengen eines Weins gekauft. So kann ich, je nach Stimmung und augenblicklichen Geschmacksvorlieben, unter mehreren Weinen wählen.
Mein Keller selbst ist recht einfach: hölzerne Regale auf gemauerten Sockeln. An der Wand ein Hygrometer und ein Minimum- Maximum-Thermometer. Ein Kellerbuch führe ich nicht. Auch ohne Aufzeichnungen weiß ich meist, was in den Regalen liegt. Und das seltene Glück, plötzlich eine Flasche zu entdecken, von der ich gar nicht wusste, dass ich sie besitze, möchte ich nicht missen.“
Wer auf ideale Bedingungen Wert legt, muss sich seinen Weinkeller als Bunker tief unter der Erde anlegen. Das können nur wenige. Es ist auch nicht nötig, weil weniger ideale Flaschenlager ihren Zweck ebenso erfüllen: den Wein in Ruhe reifen zu lassen. Und was heißt Reife? Schätzungsweise 80 Prozent der Weine werden heute in den ersten zwei Jahren getrunken. Spezielle Weinkeller sind also nur für jene wenigen Flaschen notwendig, die fünf, zehn oder mehr Jahre lagern sollen.
Wie viel Wein braucht der Mensch?
Die Verbrauchsgewohnheiten der Weintrinker sind unterschiedlich. Einige trinken täglich eine Flasche Wein, andere höchstens am Wochenende. Wieder andere bringen Wein nur dann auf den Tisch, wenn Gäste kommen. Dann gibt es Zeitgenossen, die zwar viel trinken, aber alles, was mehr als fünf Euro kostet, für einen Ausdruck von Snobismus halten. Und es gibt Leute, die nur edle Tropfen besitzen und vor lauter Ehrfurcht nicht zum Trinken kommen. Schon der Anblick des Etiketts macht sie glücklich. Gemeinsam ist ihnen allen, dass sie einen Raum brauchen, in dem sie ihre Weine aufbewahren können.
Keller oder Klimaschrank?
Größe und Beschaffenheit des Weinkellers sollten freilich auf die eigenen Trinksitten zugeschnitten sein. Wer viel sammelt und wenig genießt, braucht einen großen Keller. Wer nicht mehr als 100 Flaschen im Jahr konsumiert, kommt dagegen mit einer Nische im Keller aus. Doch Vorsicht: Wein soll nicht in einem Raum lagern, in dem sich Fahrräder, Gummireifen, Farben, ein Öltank oder geruchsintensive Lebensmittel befinden. Fehlt ein geeigneter Raum, lohnt die Anschaffung eines Weinklimaschranks.
Größe des Stauraums
Wer täglich eine Flasche trinkt, kommt mit einem Weinklimaschrank nur schwer aus – es sei denn, er kauft sich seine Weinration in kleinen Mengen zusammen. In der Regel ist jedoch Stauraum von Nöten, um Wein vorhalten zu können. Aber wie viel Stauraum? Die Größe bemisst sich weniger nach der Höhe des Weinkonsums als danach, ob man die Weine lagern will oder lieber jung trinkt. Wer nicht warten will und gern junge Weine trinkt, hat einen hohen Umsatz im Keller und braucht weniger Regalfläche. Ein Weinliebhaber, der Geduld hat und Weine kauft, um sie erst nach Jahren zu öffnen, benötigt dagegen entsprechend mehr Stauraum. Bei geschickter Regalanordnung lassen sich auf zwei Quadratmetern bis zu 500 Flaschen unterbringen.
Auf die Mischung kommt es an
Ein gut sortierter Weinkeller besteht aus einer gelungenen Mischung von Rot- und Weißwein, von jungem und altem Wein, von Weinen unterschiedlicher Herkünfte und Charakteristiken. Portwein, Sherry, edelsüße Spezialitäten und Schaumweine gehören übrigens zu einem gut sortierten Keller dazu – wenigstens in kleinen Mengen. Auch Großflaschen dürfen in einer guten Weinsammlung nicht fehlen. Andererseits sollten Weintrinker mit starkem Sammeltrieb nie vergessen: Es gibt jedes Jahr einen neuen Jahrgang.