»Wein ist der zivilisierteste Gegenstand der Welt«
hat Ernest Hemingway im Angesicht eines funkelnden Margaux geschrieben. Dass Wein anders getrunken wird als Whisky, war ihm klar.
An Vorschriften für den Umgang mit feinem Wein hat es nie und nirgendwo gefehlt. Doch viele Gebote sind reines Zeremoniell, manche nur steife Etikette. Einige Regeln lohnt es, zu beherzigen, auch wenn sie auf Weindebütanten gekünstelt und wenig »lässig« wirken.
Gegen sie zu verstoßen, ist zwar keine Katastrophe, kann aber auf andere störend wirken.
Haltung und Genuss
Wein wird nicht getrunken. Er wird in kleinen Schlucken gekostet. Das »Maul voll Wein«, von dem gelegentlich die Rede ist, darf nicht wörtlich genommen werden. Es ist eine Metapher, um einen besonders herzhaften, animierenden Wein zu beschreiben. Zum Kosten wird der Arm gehoben und das Glas zum Mund geführt. Ein banales, aber keineswegs selbstverständliches Gebot. Viele Weintrinker scheinen nämlich schnell schlapp zu machen und heben den Arm bereits beim zweiten Glas nicht mehr an. Stattdessen sitzen sie, bräsig auf den Ellbogen gestützt, am Tisch und beugen sich über das Glas. Ein deprimierender Anblick, wenngleich nicht abzustreiten ist, dass der Wein am Ende auch so seinen Weg zum Ziel findet.
Wenn der Wein das Glas verlässt, berührt er zuerst die Oberlippe und wird dann vorsichtig durch die geöffneten Lippen in die Mundhöhle eingesogen. Das klingt angestrengt, ist in Wirklichkeit aber eine höchst natürliche, unverkrampfte Genusshaltung. Viel anstrengender und obendrein unfein ist es, den Kopf – wie beim Trinken aus einem Maßkrug – in den Nacken zu werfen und den Wein in den weit aufgerissenen Mund laufen zu lassen. Eine solche Haltung verrät den Typus des gemeinhin in Bierzelten anzutreffenden »Kampftrinkers«.
Übrigens sollte der Wein nicht gleich geschluckt, sondern auf der Zunge kurz »gewogen« werden. So kann sich der Geschmack entfalten. Das demonstrative »Kauen« des Weins passt zu Weinproben, am Tisch wirkt es eher deplatziert. Das Weinglas muss nicht nach jedem Schluck abgesetzt werden. Man kann es durchaus in der Hand behalten, um einen zweiten Schluck zu nehmen, nachdem der erste durch die Kehle geronnen ist. Wer zwei, gar drei Züge hintereinander nimmt, outet sich als Trinker, nicht als Genießer.
Geradezu bäurisch ist der Anblick jener Zeitgenossen, die einen langen, tiefen Schluck zu sich nehmen und dann mit dicken Backen am Tisch sitzen und Mühe haben, den einverleibten Wein zu verdauen. Durstige Menschen kommen bei feinem Wein sowieso nicht auf ihre Kosten. Ihnen ist Mineralwasser zu empfehlen. Das Glas wird übrigens nie am Kelch, sondern stets am Stiel angefasst – sofern es einen solchen aufweist. Einfache Landweine werden gern aus kleinen Krügen mit Henkel getrunken und können manchmal sogar durstlöschend sein.
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