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Kapverden: Winzer auf auf der Flucht vor der Lava

Die Kapverden liegen im Atlantik und sind ein selbständiger Staat. Etwa 500.000 Menschen leben auf den 15 Inseln, rund 450 Kilometer von der afrikanischen Küste entfernt auf Höhe des Senegal. Die wichtigsten Einnahmequellen sind die Fischverarbeitung und das Kleingewerbe. Der Tourismus ist nur schwach entwickelt.

Die Kapverden gehören zur Sahelzone. Nur fünf der 15 Inseln verfügen über natürliche Wasservorräte. Die Menschen auf den anderen Inseln (sofern sie überhaupt bewohnt sind) sind auf Regenwasser angewiesen, das sie in Zisternen sammeln. Landwirtschaft  ist wegen der Trockenheit kaum möglich – mit einer Ausnahme: dem Weinbau. Praktisch gibt es ihn jedoch nur auf der Insel Fogo, und zwar in dem breiten Kraterkessel des Vulkans Pico do Fogo. Dort werden weiße und rote Trauben angebaut. Der Wein, der dort wächst, heißt Fogo, ist mal süß, mal halbtrocken, neuerdings auch immer öfter ganz trocken und ist eine Spezialität der Inseln.

Drei Wochen Lava gespuckt

Glühende Lava bei Bangaeira
Glühende Lava bei Bangaeira

Doch ob und wie lange es diese Spezialität noch geben wird, weiß derzeit niemand. Am 23. November 2014 um 10 Uhr vormittags ist der Vulkan ausgebrochen. Drei Wochen lang hat er Lava gespuckt. Die Reben wurden zwar verschont. Doch zwei Dörfer in der Chå das Chaldeira, wie der Kraterkessel heißt, wurden völlig zerstört und sind für immer unbewohnbar geworden: Bangaeira und Portela. In den Kellern der örtlichen Winzergenossenschaft türmt sich die Lava bis zur Decke. Die Fässer und der darin lagernde Wein sind verloren. Die Existenzgrundlage der Winzer ist in Gefahr.

Der Südtiroler Weinbaudozent Franz Egger, der ein wissenschaftliches Projekt auf Fogo betreibt, hat zusammen mit dem Südtiroler Bergwinzer Martin Aurich (Schloss Juval) einen Brief  an befreunde Kollegen geschrieben und um Hilfe gebeten.

 


Liebe Freundinnen und Freunde des Kapverden-Projekts,

Zerstörte Häuser auf Fogo
Zerstörte Häuser auf Fogo

Von den rund 100.000 Liter Weißwein 2014 dürfte, wenn dann nur ein kleiner Teil heil geblieben sein. Der sonst immer sehr gefasste Obmann der Kellereigenossenschaft hat im Telefongespräch einen ratlosen, nahezu gebrochenen Eindruck gemacht. Den ausgesiedelten Menschen geht es verständlicherweise nicht gut. In Interviews erklären sie, dass sie Bauern sind und wieder Zugang zu ihren Grundstücken haben wollen oder was davon geblieben ist. Die meist an den Hängen gelegenen Weinberge sind bisher zum Glück zum größten Teil verschont geblieben.

Derzeit gibt es zur Wiederansiedlung der Einwohner von Chå das Caldeiras die unterschiedlichsten Vorschläge. Als ziemlich sicher gilt, dass in der Caldeira – der großen Kraterebene mit ihrem Durchmesser von acht Kilometern – keine Wohnhäuser wieder aufgebaut werden, sondern wenn überhaupt, dann in der Nähe der Eingänge zur Caldeira im Norden oder Süden. Die Sorgen und Unsicherheiten sind groß und wirken auf die Menschen zweifelsohne lähmend. Der Staat, der Zivilschutz, das Rote Kreuz machen, aus der Ferne betrachtet, große Anstrengungen. Auch aus dem Ausland trifft Hilfe ein.

Fässer werden in Sicherheit gebracht.Das Ziel der Hilfe von außen sollte es aus unserer Sicht sein, den Weinbauern von Chà das Caldeiras die Zuversicht zu geben, dass sie ihre Ernte in Juli 2015 einkellern können. An eine neue Kellerei ist bis zur nächsten Ernte nicht zu denken, aber den Bau einer Lagerhalle an einer auch in Zukunft sichereren Stelle, in der 1.000 bis 1.200 Hektoliter Platz finden, könnten wir vor allem mit Unterstützung des Katastrophenfonds des Landes Südtirol anschieben. Von  Ausrüstung und Maschinen scheint das meiste in Sicherheit gebracht und folglich funktionsfähig zu sein. Was die von der Lava zerstörten Fässer angeht, die, neben jenen in Sicherheit gebrachten, noch nötig sind, um die Trauben der neuen Ernte im Juni einzukellern, so hoffen wir auf einen großen Akt der Solidarität der Südtiroler Kellereien und Weinbauern, von denen es positive Signale gibt. Für den Transport des Materials bis La Spezia und weiter mit dem Schiff nach Fogo, haben wir bereits Unterstützung zugesichert bekommen.

Gerettete Rotweinfässer und Tanks am Hang.
Gerettete Rotweinfässer und Tanks am Hang.

Wir haben den Menschen von Chà das Caldeiras in den letzten Wochen versucht das Gefühl zu geben, dass sie in dieser Situation nicht alleine sind. Dennoch stehen die Früchte der bisherigen Aufbauarbeit in Chà das Caldeiras auf dem Spiel, die zu bescheidenem Wohlstand, Sicherheit und einer erfolgreichen sozialen Gemeinschaft geführt haben. Wir appellieren daher an alle jene, die das Südtiroler  Kapverden-Projekt mit Interesse und Wohlwollen begleitet haben, den Menschen auf Fogo im Geiste von gelebter Freundschaft zu begegnen und ihnen zu helfen, wieder auf die Beine zu kommen.

In diesem Sinne ist jedes funktionstüchtige Fass (Edelstahl- und Kunststoffbehälter von ca. 1.000 bis 10.000 Liter Inhalt) als Spende willkommen. Außerdem ist es möglich auf das Konto des Vereins „Friedensbrücken – Neumarkt“ eine Spende einzuzahlen, um den Transport der Fässer und den Wiederaufbau der Kellerei zu unterstützen. Wir freuen uns, wenn dieser Appell auch an Freunde und Bekannte weitergegeben wird.

Mit herzlichen Grüßen
Franz Egger  und  Martin Aurich

Spendenkonto: Südtiroler Volksbank – Zweigstelle Neumarkt; IBAN: IT07 E058 5658 3700 5857 0003 526 – Kennwort „Hilfe für Fogo“ nicht vergessen! Wer eine Erklärung zwecks steuerlicher Absetzung der Spende wünscht, sollte seine Adresse angeben.


P.S.: Der Hilfeaufruf hat inzwischen dazu geführt, das Fässer gespendet wurden. Es fehlt noch das Geld für den Schiffstransport.


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