Schultz zeigte anhand einer Projektion von Klimadaten aufs Jahr 2050, dass selbst bei einer besonders ungünstigen Entwicklung des Klimas Rieslinganbau in Deutschland möglich bleiben wird. Die Wärmemengen, denen die Reben ausgesetzt sind, werden immer noch innerhalb der Toleranzbreite des Rieslings liegen.
Bezogen auf den Rheingau, wird der so genannte Huglin-Index, ein Maß für die Auswirkung warmen Klimas auf Reben, für das Jahr 2050 mit einem Wert zwischen 1800 und 2000 erwartet. Damit liegt diese Kennziffer zwar um einiges höher als der heutige Rheingauer Vergleichswert (1623), aber immer noch deutlich niedriger als die derzeitige Vergleichszahl beispielsweise der australischen Riesling-Hochburg Clare Valley (2350).
Ein Schwerpunkt der Geisenheimer Forschung liegt nun darin, die Folgen des Klimawandels mit weinbaulichen Methoden zu mildern. Dabei fallen den Forschern auch ganz und gar unkonventionelle Ideen ein. Beispielsweise bringt es einen positiven Effekt, wenn man die Ausrichtung der Rebzeilen der vorherrschenden Windrichtung anpasst.
So kann sich eine deutliche Verringerung der Beerentemperatur ergeben. Diese geht einher mit einer verbesserten Erhaltung aromatischer Frische.
Statt die Zeilen eines Weinbergs (wie im Rheingau bislang vorherrschend) in Nord-Süd-Richtung auszurichten, kann es in Zukunft durchaus ratsam sein, eine Südwest-Nordost-Richtung zu wählen.
Ein verblüffendes Resultat erzielten die Geisenheimer Forscher auch bei Versuchen mit dem Entblättern von Reben. Heutzutage wird üblicherweise die Traubenzone entblättert, vor allem bei roten Sorten und in feuchteren Jahren. Ein Forscherteam um Hans R. Schultz entblätterte jedoch Riesling-Stöcke oberhalb der Traubenzone, gleichzeitig aber so, dass die Triebspitzen (die für die Wachstumsregulation der Rebe wichtig sind), unverletzt blieben.
Diese Maßnahme gibt dem Weinberg zwar ein kurios zerfleddertes Aussehen. Der Effekt auf den Wein ist jedoch höchst willkommen: Ließ sich doch zeigen, dass die so behandelten Stöcke ein niedrigeres Mostgewicht als die unbehandelten Vergleichsstöcke brachten, dies jedoch ohne signifikanten Verlust an Aromen im Wein. Schon heute, da die Alkoholgehalte des Rieslings regelmäßig über 13 Volumenprozent betragen, könnte die Anwendung dieser Technik einen spürbaren Vorteil bringen.
Der Tendenz nach wird der Klimawandel trotz aller Gegenmaßnahmen Veränderungen des Rieslingstyps mit sich bringen. Beispielsweise ist es denkbar, dass infolge der globalen Erwärmung auch Weine aus nördlichen Herkunftsgebieten öfter den so genannten Petrolton aufweisen. Dieser Geruch nach Benzin oder Kerosin ist bislang vor allem bei Elsässer Rieslingen zu finden. Ein Weinfehler ist dieses Aroma nicht – aber auch nicht jedermanns Sache.
Zuletzt machte Schultz deutlich, dass sich die Winzer auf eine steigende Unwetterneigung werden einstellen müssen. Mitteleuropa liegt in allen Modellen, die die Klimawandel simulieren, im demjenigen Korridor, der vom höchsten Unwetterrisiko betroffen ist.
Quelle der Grafiken: Potsdam Institute For Climate Impact Research, PIK-Report No. 106.