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Kalifornien: Wo Weinlegenden wachsen

Gemessen an den Jahrtausenden der Weinkultur ist Kalifornien ein Spätzünder. 1769 legte der Franziskanerpater Junipero Serra, der spätere Gründer von San Francisco, bei San Diego den ersten Weinberg im heutigen Kalifornien an – um Messwein zu keltern. Den ersten Boom erlebte der Wein im amerikanischen Westen mit dem Goldrausch nach 1848. Der brachte viele Siedler ins Land, darunter etliche Europäer mit Erfahrung im Weinbau. Die Prohibition (1919 bis 1933) brachte die Weinproduktion aber praktisch zum Erliegen.

© WineInstitute

Erst Jahrzehnte später erschien Kalifornien wieder auf der Weltweinkarte –  mit einem verzögerten Urknall: Bei einer spektakulären Probe in Paris verwiesen 1976 die besten kalifornischen Weine die prestigeträchtigen Franzosen auf die Plätze; dieses „Judgment of Paris“ wurde später sogar verfilmt. Über 1300 Kilometer, vom gemäßigt-ozeanischen Norden bis zum subtropischen Klima an der mexikanischen Grenze, ziehen sich die Weinberge Kaliforniens parallel zur Pazifikküste. Mit knapp 200 000 Hektar ist die Weinbaufläche fast doppelt so groß wie die von Deutschland. Kalifornien ist in über 100 AVAs (American Viticultural Areas) unterteilt, dem Gegenstück der französischen Herkunftsbezeichnung AOP (Appellation d’Origine Protégée). Das Herzstück sind die Winelands nördlich und östlich von San Francisco.

 

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An die 100 Rebsorten werden in Kalifornien kultiviert. Die Protagonisten beim Judgment of Paris waren Weine aus den französischen Sorten Cabernet Sauvignon (Bordeaux) und Chardonnay (Burgund) und sie sind bis heute große Stars an der Westküste der USA. Anders als die meisten Spitzensorten Kaliforniens stammt der weit verbreitete Zinfandel nicht aus Frankreich. Der „Zin“, wie die Kalifornier gerne sagen, hat eine legendenhafte  Geschichte. Die besagt, dass 1825 über Österreich und Long Island (New York) kroatische Reben nach Kalifornien eingeführt wurden, die versehentlich als „Zierfandler“ deklariert worden waren, eine traditionelle weiße Sorte aus der Thermenregion südlich von Wien. Ein Weg, der völlig in die Irre führte. Erst 1999 wurde durch eine DNS-Analyse zweifelsfrei festgestellt, dass Zinfandel und der Primitivo, der in Süditalien groß rauskam, dieselbe Sorte sind.

© See Monterey

Der „Zin“ wird auch als Rosé ausgebaut, die weit größere Bedeutung hat er jedoch als kraftvoller Rotwein mit meist samtigen Gerbstoffen. Ein offenherziger, zugänglicher Kamerad, den viele genau deshalb für den „wahren“ Kalifornier halten und gerne zu Burgern, Steaks & Co. servieren.

Ausgewählte Zinfandel aus Kalifornien

2018 California Zinfandel Private Selection, Robert Mondavi

Frucht (Erdbeere, Kirsche) und Würze (Holz, Vanille) stehen harmonisch zueinander. Mittelgewichtig gehalten ein guter Begleiter zu würziger Pasta, Burgern und mildem Käse.

12,90 Euro bei www.hawesko.de

2018 Lodi Old Vines Zinfandel, Gnarly Head

Der meistgetrunkene Zinfandel der Welt stammt aus Lodi. Dieser Abschnitt des Central Valley liegt östlich von San Francisco und profitiert von kühler Luft aus der San Francisco Bay. Der Name Gnarly Head (knorriger Kopf) spielt auf die Bushvines an, Rebstöcke, an denen er ohne Stützen und Drähte wächst. Zupackend im Auftritt der Wein zum BBQ im großen Kreis.

10,80 Euro bei www.hawesko.de

2017 Lodi (B)old Vine Zinfandel, Brazin

Mit 35 bis 80 Jahren sind die Rebstöcke des Zinfandel von Brazin wirklich „old“. „Bold“ heißt auf Deutsch so viel wie „kühn“ oder „gewagt“. Passt auch. Der Wein ist schon im Duft opulent (Dunkle Beeren, Vanille Holz …), erst recht am Gaumen mit Druck und viel seidig-weichem Tannin. Zu deftigem Gegrilltem mit fruchtig-pikanter Sauce.

17,80 Euro bei www.Vinoscout.de

2018 Sonoma County Zinfandel, Seghesio

Das Klima des Sonoma County nördlich von San Francisco ist vom Pazifik geprägt. Die kühlende Brise vom Meer sorgt für die Finesse, die diesen Wein – neben der typischen Frucht und Kraft – auszeichnet. Der gefühlvolle Ausbau in französischer Eiche trägt auch zu diesem Eindruck bei. Zu dunklem Fleisch, explizit Wild.

31,90 Euro bei www.Bremer-Weinkolleg.de

2015 Russian River Valley Old Vine Zinfandel, Hartford

Das Russian River Valley liegt im Herzen des Sonoma Countys. Beeindruckende 100 Jahre haben die Rebstöcke von Hartford auf dem Buckel. Das bedeutet: sie tragen wenig Trauben, diese bringen dafür viel Aroma und Extrakt. Handlese, Gärung mit weinbergseigenen Hefen in offenen Bottichen, zwölf Monate Ausbau in französischen Barriques und Abfüllung ohne Filtrierung erbringen einen charaktervollen, höchst stimmigen Wein, der auf Spitzen-Bewertungen geradezu abonniert ist.

49 Euro bei www.bacchus-vinothek.de

2017 Napa Valley Zinfandel Caymus Vineyards

Eigentlich ist Napa Valley Cabernet-Land. „Doch mein Vater Charlie liebte Zin“, erzählt Inhaber und Kellermeister Chuck Wagner, „unsere ganze Familie tut es.“ Sein Zinfandel stammt von zwei Napa-Weinbergen, einer höher gelegen, einer mit besonders warmen Böden in Talnähe, dazu kommt ein kleiner Prozentsatz  Petite Syrah. „Das hat Tradition“, erklärt Wagner, „die Sorte bringt viel weiches Tannin ins Spiel, rundet den Wein perfekt ab. Wagner empfiehlt ihn zu reichhaltigen (Fleisch-) Gerichten), sein Favorit ist Pasta mit Tomaten und sizilianischer Salsiccia.

55 Euro bei www.weingarten-eden.de

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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