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Käse und Wein: Interview mit Susanne Hofmann

„Standlfrau mit Ritterschlag“ – so hat das Bayerische Fernsehen Susanne Hofmann vor einiger Zeit tituliert. Die 47jährige Tölzerin betreibt ein „Standl“ auf dem Münchener Viktualienmarkt (Tölzer Kasladen) und ist gleichzeitig Ritter der Confrérie des Chevaliers du Taste Fromage de France, der größten Käsebruderschaft der Welt. Nur wenige Menschen kennen sich in der Welt des Käses so gut aus wie sie. Und da sie zugleich eine begeisterte Weintrinkerin ist, hat sie sowohl im Eigenversuch als auch systematisch das Verhältnis von Käse und Wein erforscht.

Hofmann kommt aus einer Familie von Käseexperten. Ihr Vater war Deutschlands berühmtester Affineur und belieferte als erster die deutsche Spitzengastronomie (und Feinschmecker) mit Rohmilchkäsen. Diese Rolle nimmt jetzt Bruder Wolfgang ein, der auch schon mal auf der MS Europa die Passagiere mit kleinen Käseseminaren unterhält.

Susanne Hofmann hält den direkten Kontakt zum Kunden: an ihrem Viktualienmarkt-„Standl“ oder am Ableger ihres Kasladens im bayerischen Landshut. Darüber hinaus hat sie die Käseakademie in Bad Tölz gegründet, in der angehende Gastronomiefachschüler sich in einem 14-tägigen Kurs zum „Fromelier“ ausbilden lassen können – zum Käseexperten. Eine Weinschulung ist eingeschlossen.

Susanne Hofmann, Käseexpertin aus Tölz und Inhaberin des Tölzer Kasladens auf dem Münchener Viktualienmarkt.

Lesen Sie hier das Interview:

Weinkenner: Welches Getränk passt am besten zu Käse?

Hofmann: Vor allem Wasser und Wein. In begrenztem Umfang auch Portwein, Bier, Poiré, Cidre, Sake und Schnaps. Aber von allen Getränken ist Wein zweifellos der raffinierteste Partner für guten Käse.

Weinkenner: Was ist das Besondere an der Partnerschaft Wein/Käse?

Hofmann: Dass eine tolle Harmonie entsteht, wenn die Chemie zwischen beiden stimmt. Der Wein schlüsselt den Käse auf, und der Käse adelt den Wein.

Weinkenner: Welche festen Regeln gibt es für eine gute Partnerschaft zwischen beiden?

Hofmann: Nur wenige, und die gelten sehr pauschal. Säure ist zum Beispiel der Feind des Käses. Mit säurebetonten Weinen muss man daher sehr vorsichtig umgehen.

Weinkenner: Kann man also zum Riesling keinen Käse essen?

Hofmann: Zu einem säurebetonten, trockenen Riesling passt eigentlich nur ein Frischkäse, egal ob aus Kuh-, Schaf-, oder Ziegenmilch. Wenn der Riesling dagegen ein wenig Restsüße aufweist, etwa halbtrocken ist, dann passen auch Rotschmierkäse zu ihm.  Also Romadur, Reblochon, Époisses und andere Käsesorten mit gewaschener Rinde. Aber kein Weißschimmelkäse.

Weinkenner: Was würde passieren, wenn man einen Weißschimmelkäse zum Riesling trinkt?

Hofmann: Er würde den Wein an der Entfaltung hindern. Ihn unterdrücken.

Weinkenner: Welchen Wein empfehlen Sie zu Weißschimmelkäsen?

Hofmann: Rotweine, vor allem junge. Die Feinschmecker in Bordeaux essen Camembert zu ihrem Wein. Passt hervorragend. Ein Chateauneuf-du-Pape und ein Brie de Meaux oder ein Coulommiers sind Genuss pur. Würde man dagegen einen Rotschmierkäse zu diesen Weinen trinken, ist die Katastrophe programmiert.

Weinkenner: Was würde passieren?

Hofmann: Der Wein würde nur noch metallisch schmecken.

Weinkenner: Früher herrschte die Meinung vor, dass Käse grundsätzlich einen Rotwein verlangt. Ist die Auffassung falsch?

Hofmann: Diese Auffassung vertraten vor allem die Franzosen. Sie sind in der Mehrzahl Rotweintrinker. Aber haben die Franzosen an der Loire zu ihrem weißen Sancerre etwa keinen Käse gegessen? Natürlich haben sie Käse gegessen: Ziegenfrischkäse. Damals wie heute gilt die Verbindung von Ziegenfrischkäse und einem Sauvignon Blanc-Wein als Idealkombination, egal ob dieser von der Loire, aus der Steiermark oder aus Südafrika stammt.

Weinkenner: Und was serviert ein Franzose zum Champagner?

Hofmann: Wahrscheinlich einen Chaource. Das ist der typische Champagner-Käse. Die cremig-hefigen Aromen des Champagners passen gut zu den Hefenoten in der Rinde dieses Käses. Zu einem Prosecco würde ein Chaource dagegen nicht so gut passen.

Weinkenner: Der Prosecco ist doch auch ein Schaumwein?

Hofmann: Der Prosecco wird aber nicht in der Flasche vergoren. Er wird spritzig und jung getrunken. Da empfehle ich lieber einen Roccaverano, einen piemontesischen Ziegenfrischkäse, oder den Rocchetta, einen Dreimilchkäse: also Kuh-Ziege-Schaf.

Weinkenner: Und wie war es früher in Deutschland? Hat sich da auch niemand getraut, Käse zum Weißwein zu servieren?

Hofmann: Die Deutschen begannen erst vor rund 30 Jahren, sich mit dem Thema zu befassen. Vor allem der Besitzer von Schloss Vollrads im Rheingau, Erwein Graf Matuschka, war es, der die Möglichkeiten durchgespielt hat, Käse und Weißwein sinnvoll miteinander zu kombinieren. Mein Vater hat mit ihm damals viele Wein-/Käseproben gemacht.

Weinkenner: Mit welchem Ergebnis?

Hofmann: Dass nicht nur der Riesling, sondern auch die anderen deutschen Weißweine hervorragend zu Käse passen, egal ob Silvaner, Grauburgunder oder Weißburgunder. Besonders letzterer eignet sich, weil er niedriger in der Säure als der Riesling ist, und so gut zu Rotschmierkäse wie Limburger oder zu Hartkäse passt. Wenn die Weine etwas älter sind, dann sollte man grundsätzlich gereiftere Käsesorten nehmen: abgelagerter Schafs- oder Ziegenkäse beispielsweise. Oder Alpkäse.

Weinkenner: Kein Tilsiter, Lerdamer, Gouda und andere Schnittkäse?

Hofmann: Das sind Industriekäse. Die haben weniger Omega-Fettsäuren und halten einem guten Wein nicht stand.

Weinkenner: Welcher Käse passt zu deutschen Rotweinen? Etwa zu einem Spätburgunder?

Hofmann: Ein Spätburgunder ist fruchtig, tanninarm, leicht säurebetont. Der braucht einen anderen Käse als ein junger Bordeaux. Die Franzosen kombinieren ihre Burgunderweine gern mit einem Époisses, also einem Rotschmierkäse. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man zu ihm auch junge Käse servieren kann. Sogar ein Blauschimmelkäse, der viel süß schmeckendes Glycerin besitzt, passt gut zu ihm. Blauschimmelkäse holt die Säure aus dem Wein, während der Wein die Süße des Käses zur Geltung bringt.

Weinkenner: Wie sind Sie persönlich vom Käse auf den Wein gekommen?

Hofmann: In Bad Tölz, wo ich aufgewachsen bin, wird eigentlich Bier getrunken. Ich bin jedoch kein großer Biertrinker. Ich bin nach und nach zum Weintrinker geworden, wahrscheinlich über den Käse.

Weinkenner: Welche Weine trinken Sie am liebsten?

Hofmann: Spätburgunder ist eine Leidenschaft von mir. Aber auch andere gereifte Rotweine: aus der Toskana einen Chianti mit einem Stück reifem Pecorino. Aus dem Piemont einen Barolo mit Taleggio oder reifem Parmesan. Das sind Idealkombinationen. Ich trinke aber auch sehr gerne Weißweine: Ein Sauvignon blanc und ein Ziegenkäse sind gerade im Sommer ideal. Es hängt bei mir einfach von der Jahreszeit und Tagesform ab.


Adresse:

Tölzer Kasladen
Viktualienmarkt Abteilung I Stand 4
80331 München

Tel. u. Fax: 089 / 22 63 22
Montag bis Freitag von 09:00 bis 18:30 Uhr
Samstag von 08:00 bis 16:00 Uhr

www.toelzer-kasladen.de


Eine Übersicht zu den verschiedenen Käsesorten

Weißschimmelkäse
Rotschmierkäse
Hartkäse
Frischkäse
Edelschimmelkäse
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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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