Die Drouhins haben eigentlich alles, wovon ein Weinproduzent träumt: hochwertigen Lagenbesitz, weltweites Renommée und Weine, die zu den teuersten des Burgunds gehören. Und das allerbeste: Die Maison Joseph Drouhin ist bis heute ein Familienweingut geblieben. Es domiziliert unter einer der besten Adressen in Beaune: in der Rue d’Enfer. In den eleganten Gewölben unter dem alten Natursteingebäude, wo im 12. Jahrhundert die Herzöge von Burgund ihren Wein lagerten, veranstaltet die Familie jetzt stilvolle Weinproben und rauschende Feste.
Frédéric Drouhin, der heutige Chef, repräsentiert die vierte Generation dieser alten Weindynastie: ein hoch gewachsener Vierziger mit kantigem Gesicht, präzis gescheiteltem Haar, polyglottem Auftreten. Er war nach Deutschland gekommen, um Gastronomen, Händlern und einer Handvoll Journalisten seine Weine vorzustellen. Vor allem zwei: den Bourgogne Chardonnay und den Bourgogne Pinot Noir.
Das Label Laforêt
Frédéric DrouhinEs sind die einfachsten Weine im Portfolio Drouhins. Sie werden unter dem Label Laforêt vermarktet und kosten je nach Anbieter zwischen 12 und 18 Euro pro Flasche. Geschenkt, würden Burgunderprofis sagen. „Laforêt ist die Marke, unter der Neugierige und Liebhaber mit kleinem Budget an das Burgund herangeführt werden sollen“, erklärt Drouhin, der eigens einen bunten Umkarton und ein lustiges Etikett entworfen hat, das für das in Designfragen stockkonservative Burgund geradezu revolutionär ist. „Ich möchte elegante, aber unkomplizierte Weine, die junge Leute zum Chillen trinken und die auf den After Work Partys zu Fingerfood glasweise ausgeschenkt werden können.“
Kein Einstieg in die Welt des Burgunderweins
Mag sein, dass die beiden Laforêt-Weine in New York, San Francisco, Tokio und London besser schmecken als bei Käfer in München, wo wir sie probierten. Bei uns entpuppte sich der 2011er Bourgogne Pinot Noir jedenfalls als ein ziemlich glanzloser Wein, kaum Frucht, merkwürdig tanninhart, eher rau als elegant, dabei kurz und mit wenig Charme und null Esprit. Aus meiner Sicht sind die 95 Euro, die ein großer Wein wie Drouhins Clos des Mouches kostet, besser angelegt als jene 12 oder 18 Euro, die die Laforêt-Weine kosten. In dieser Preiskategorie gibt es bessere Werte, auch aus Pinot Noir.
Erfolgreiches Laforêt-Label
Schriftzug Joseph DrouhinDabei ist das Laforêt-Label sehr erfolgreich. Die Weine werden, wie Drouhin versichert, in über 60 Länder der Welt exportiert. Besonders in Nordamerika und Asien sind sie sehr erfolgreich. Und es besteht kein Zweifel, dass sich Frédérics Schwester Véronique, die bei Drouhin die Verantwortung für die Weine trägt, redlich Mühe mit dem roten Laforêt gegeben hat.
So werden die Trauben nicht zugekauft, sondern stammen aus eigenen, biodynamisch bewirtschafteten Weingärten: die roten teils aus hohen, nahe der Waldgrenze gelegenen Parzellen an der Côte Chalonnaise („für die Eleganz“), teils aus dem Norden der Côte d’Or („für die Tiefgründigkeit und das Tannin“). Auch wird der rote Laforêt nicht lieblos im Stahltank, sondern zumindest teilweise in Eichenfässern ausgebaut. Dennoch: Ein Erlebnis ist dieser Rotwein nicht.
Pinot Noir ist keine Wundertüte
Weinlandschaft in ChablisPinot Noir ist eben keine Wundertüte. Ihre magische Strahlkraft entfaltet die Sorte offenbar nur, wenn sie aus Top-Lagen kommt und wie ein Spitzengewächs behandelt wird – Kompromisse duldet sie nicht. Halbe Sachen rächen sich. Wer diesen Wein getrunken hat, wird den Einstieg in die Welt der großen Burgunder nicht finden.
Besser präsentiert sich da schon der weiße Laforêt, dessen Trauben sowohl von der Côte de Beaune bzw. aus dem Maconnais als auch aus Chablis kommen (wo sich der größte Teil der Weinberge Drouhins befinden): ein herzhafter, mineralisch-frischer Wein mit Noten von Zitronenmelisse und Koriander im Bouquet, mittlerer Körper, weinige Säure, im Abgang feine Honig- und Vanillenoten. Ein Wein ohne Terroirprägung, aber von burgundischem Charakter. Chardonnay ist eben eine wesentlich anpassungsfähigere Sorte als Pinot Noir. Ihre Lageansprüche sind geringer. Sie liefert auch an Allerweltsstandorten akzeptable Weine. Dieser Wein ist als Einstieg in die Welt der weißen Burgunder gut geeignet.
Die Maison Joseph Drouhin
Drouhin-Parzelle in MusignyNoch ein paar Bemerkungen für jene Leser, die keine Vorstellung von der Maison Joseph Drouhin haben. Gegründet wurde das Weingut 1919 von Maurice Drouhin, dem Sohn vom Namensgeber Joseph Drouhin, welcher als 22-Jähriger aus Chablis nach Beaune gekommen war und dort 1880 mit dem Weinhandel begonnen hatte. Maurice erwarb erste Weinberge wie den Clos des Mouches und Teile des Clos de Vougeot. Dessen Sohn Robert Drouhin erweiterte den Weinbergbesitz dann auf die heutige Größe von 36 Hektar an der Côte d’Or (mit Parzellen in Montrachet, Corton-Charlemagne, Musigny, Chambertin-Clos de Bèze u.a.) und drei Hektar an der Côte Chalonnaise. Dazu kommen 38 Hektar Weinberge in Chablis. Damit gehört Drouhin zu den größten Domänen des Burgunds. Als einer der Ersten verzichtete Drouhin auf Pestizide und Herbizide im Weinberg. Frédéric Drouhin und seine vier Geschwister haben den Betrieb inzwischen ganz auf Biodynamie umgestellt.
Die Weißweine
2012 Laforêt Bourgogne Chardonnay | Joseph Drouhin
Blumig-frisch in der Nase mit erdig-hefigem Unterton, Noten von Zitronenschale und grünem Koriander, mittelkräftig mit weicher, lebhafter Säure, delikat, aber einfach strukturiert.
Bewertung: 86/100 Punkte
2010 Puligny-Montrachet 1er Cru Folatières | Joseph Drouhin
Hochmineralisch mit (noch) etwas dropsiger Fruchtsüße und Noten von geräucherten Mandeln, mittlere Länge, seidige Textur, frisch (ca. 60 Euro).
Bewertung: 90/100 Punkte
2010 Meursault 1er Cru Perrières | Joseph Drouhin
Hocheleganter, finessereicher Wein, leicht cremig mit Noten von Butter, Haselnuss, Toastbrot und einem Hauch von Kamille (ca. 60 Euro).
Bewertung: 91/100 Punkte
2010 Chassagne-Montrachet 1er Cru Morgeot „Marquis de Laguiche“ | Joseph Drouhin
Ins Goldgelbe gehend, Noten von Weißdorn, Aprikose und hellem Tabak im Bouquet, am Gaumen reich, erdig, mit Anklängen von Zitronendrops und Orangenschale im Finale: toller Wein! (ca. 89 Euro)
Bewertung: 92/100 Punkte
2010 Beaune 1er Cru Clos des Mouches | Joseph Drouhin
In diesem jungen Stadium noch recht röstig-buttrig im Aroma, am Gaumen druckvoll, fast fett mit einem Hauch von Zitronengras und Räuchermandeln, im Abgang Honignoten: reich wie ein kleiner Montrachet (ca. 100 Euro).
Bewertung: 94/100 Punkte
Die Rotweine
2011 Laforêt Bourgogne Pinot Noir | Joseph Drouhin
Diffus fruchtig im Bouquet mit Anklängen an Kirsche und Himbeere, auf der Zunge sehr kompakt, fast ein wenig behäbig, bitter-herbe Untertöne, raues Tannin, rustikal.
Bewertung: 84/100 Punkte
Beaune 1er Cru Clos des Mouches | Joseph Drouhin
Spielerisch leicht wirkender, jedoch ziemlich substantieller Wein, röstig, würzig mit Noten von frischen roten Früchten, seidiges Tannin, viel Charme (ca. 95 Euro).
Bewertung: 91/100 Punkte
2010 Beaune 1er Cru Grèves | Joseph Drouhin
Kräftiger, gut strukturierter Wein, Aroma von schwarzen Johannisbeeren und dunklen Früchten, viel Würze, Nelken, Rote Bete, feinkörniges Tannin, Röstaromen (ca. 95 Euro).
Bewertung: 90/100 Punkte
2010 Chambolle-Musigny 1er Cru | Joseph Drouhin
Extrem eleganter Wein, weich, seidig, duftig mit Noten von Veilchen, kandierten Kirschen und feuchter Erde, komponiert aus den Trauben von vier verschiedenen 1er Cru-Parzellen (ca. 95 Euro).
Bewertung: 93/100 Punkte
2010 Nuits-Saint-Georges 1er Cru Procès | Joseph Drouhin
Noch sehr verschlossener, maskuliner Wein, sehnig, erdig, aromentief, Duft von Fliederbeeren, Schwarzkirschen, im Hintergrund Sandelholz, Gewürznelken, schwarzer Trüffel, kraftvoll, mitreißend (ca. 95 Euro).
Bewertung: 92/100 Punkte
Der Fleurie 2015 für ca. 14 Euro ist das Geld nicht wert. Lieber mehr ausgeben.