Dass die Sangiovese-Traube sich an der toskanischen Mittelmeerküste schwertut, ist bekannt. Aus der Sorte lassen sich dort gute, aber keine großen Rotweine gewinnen. Die Syrah dagegen hat schon mehrfach gezeigt, dass sie im warmen Küstenklima bestechende Qualitäten liefern kann. Die berühmtesten Beispiele: der Suisassi von Due Mani, der Keir von Tua Rita, der Scrio von Le Macchiole. Auch Weingüter wie Poggio Argentiera und Michele Satta haben sehr gute, reinsortige Syrah, Monteverro eine ausgezeichnete Syrah-/Grenache Cuvée. Die Sorte funktioniert also auf dem flachen Küstenlitoral beziehungsweise am Fuß der Chianti-Hügellands. Weinbauexperten sagen ihr sogar eine bessere Zukunft voraus als der Merlot, die die dominierende Sorte im Küstenabschnitt zwischen Livorno und Grosseto ist, zusammen mit der Cabernet Sauvignon.
Syrah ist die Sorte des Klimawandels
Nun hat auch Le Pupille einen hochklassigen Syrah auf den Markt gebracht: das bekannte Weingut von Elisabetta Geppetti, gelegen im Hinterland von Grosseto, berühmt für seine Bordeaux-Cuvée Saffredi, aber auch für seine anderen, einfacheren Weine, etwa den Morellino di Scansano.
Der neue Syrah heißt, wie das Weingut, Le Pupille. Er ist also der „Grand Vin“. Schon das ist eine Ansage. Der Topwein ist nicht aus Cabernet Sauvignon, nicht aus Merlot, nicht aus Petit Verdot, schon gar nicht aus Sangiovese gekeltert, sondern aus Syrah. Natürlich haben alle diese Sorten auch weiterhin ihren Wert und ihre Berechtigung. Aber seit 2011 hat es in der Toskana nur trocken-warme, teils auch heiße Jahrgänge gegeben (mit Ausnahme des 2014ers). Die Weine aus den Bordeaux-Rebsorten sind opulent und alkoholreich. Um jedes Gramm Säure muss gekämpft werden, und die Gefahr, dass der Wein Kochnoten aufweist, ist groß, wenn die Winzer nicht genau aufpassen. Bei der Syrah ist diese Gefahr geringer. Sie ist hitzebeständig.
Mit den Weinen der Nördlichen Rhône nichts gemein
Auch in einem sehr warmen Jahr wie 2015, in dem viele Weine zwar rund, aber säurearm und voraussichtlich nicht übermäßig langlebig sind, präsentiert sich der Syrah von Le Pupille als ein Wein von „nur“ mittlerer Struktur, dicht gewoben freilich mit superfeinem Tannin, dunkler Beerenfrucht, Anklängen von Schwarzbrot, getrockneten Goyabeeren, Salzlakritz und einer leicht jodigen Note: ein eleganter, besonderer Wein, der mit den Syrah-Gewächsen der Nördlichen Rhône überhaupt nichts gemein hat, auch wenn das immer wieder behauptet wird. Ich trank den 2015er im Mailänder Restaurant Vun, wo ihn der Zwei-Sterne-Koch Andrea Aprea zu einer Lammschulter mit gemälzter Gerste servierte. Phänomenal.
Ein Teil in Tonamphoren vergoren
Gepflanzt worden waren die Reben bereits 2000/2001 in zwei kleinen Weinbergen. In den ersten Jahren verschwanden die Trauben im Pelofino, dem einfachsten Rotwein von Le Pupille (ein kleiner Teil Syrah ist auch im Saffredi enthalten). Zehn Jahre später entschloss sich Elisabetta Geppetti dann, die Syrah-Trauben reinsortig zu keltern. Aber es dauerte ein paar Jahre, bis man seine Linie mit diesem Wein gefunden hatte. 2015 ist nun der erste offizielle Jahrgang. Geppettis Tochter Clara Gentili, die immer stärker im Tagesgeschäft drängt, hatte sich dafür stark gemacht, den Wein in Tonamphoren zu vergären. Luca d’Atoma, der Önologe, plädierte für einen Kompromiss: ein Teil des Weins vergärt in offenen Holzbottichen (45 Tage auf der Maische), der andere in Tonamphoren (8 Monate auf der Maische, teilweise mit Stielen). Insgesamt wurden von dem Jahrgang 3600 Flaschen gefüllt.
Eine kleine Menge des neuen Syrah hat auch den Weg nach Deutschland gefunden: ein Wein für Fortgeschrittene, die bereit sind, für einen besonderen Schluck ihr Portemonnaie etwas weiter öffnen als sonst.
Der Wein: 2015 Le Pupille Syrah, Le Pupille
Preis: 109 Euro
Bezug: www.superiore.de