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Interview mit Albert Kierdorf, dem neuen Romanée-Conti-Importeur

Albert Kierdorf ist ein  erfolgreicher Unternehmer. Er ist Inhaber eines großen Inkasso-Management-Unternehmens in der Nähe von Gummersbach. Ausgleich zur Arbeit findet er auf seinem landwirtschaftliches Gut im Bergischen Land und bei Autorennen auf dem Hockenheimring. Seine größte Leidenschaft aber ist der Wein, wobei er keinen Hehl daraus macht, dass es die französischen Burgunder sind, die bei ihm die größten Emotionen hervorrufen. Die Firma Kierdorfwein, die er zusammen mit seiner Schwester besitzt, ist der größte Burgunder-Anbieter in Deutschland. 41 Domänen umfasst das Portfolio, ab November diesen Jahres sogar 42.

Im Burgund die Nummer 1

Der neueste Zugang ist die Domaine de la Romanée-Conti. Die DRC, wie sie in der ganzen Welt abgekürzt wird, liegt zwischen Beaune und Dijon und ist eines der berühmtesten Weingüter der Welt – vielleicht das berühmteste. Auf jeden Fall ist es im Burgund die Nummer 1. Sie erzeugt einen Weißwein (Le Montrachet) und sechs Rotweine, allesamt Grands Crûs (Echezeaux, Grand Echézeaux, Romanée-Sant-Vivant, Richebourg, La Tâche, Romanée-Conti). Letzterer ist der Top-Wein der Domäne. Er kommt von einer 1,81 Hektar kleinen Lage, die sich im Alleinbesitz der Domaine befindet. In normalen Jahren werden rund 6.000 Flaschen von diesem Wein gefüllt. Um sie reißt sich die ganze Welt – und normale Jahre gab es schon lange nicht mehr im Burgund. Hagel, Hitze und Schädlinge haben die Erntemengen im Burgund in den letzten Jahren teilweise drastisch dezimiert.

Den Wein muss man wenigstens einmal im Leben getrunken haben

Der Grand Cru Romanée-ContiSo groß Kierdorfs Stolz ist, die Nummer 1 im Portefeuille zu haben, so schwierig ist es, deren Weine gerecht zu verteilen. Von Verkauf war bei den DRC-Weinen noch nie die Rede – und ist es heute erst recht nicht. Sie werden den Kunden zugeteilt. In der Vergangenheit in einem Assortiment von 12 Flaschen: 11 Flaschen von den anderen Grands Crûs, 1 Flasche Romanée-Conti. Wem ein oder zwei Assortiments zugesprochen wurden, durfte sich glücklich schätzen. Schließlich gehört der Romanée-Conti zu den Weinen, die man, so der französische Jahrhundertkoch Paul Bocuse, wenigstens einmal im Leben getrunken haben sollte (bleibt zu hoffen, dass er die Flaschen, die ihm in seiner aktiven Zeit zugeteilt wurden, seinen Gästen angeboten und nicht selbst geleert hat).

Geld allein dürfte nicht ausreichen

Wie in Zukunft zugeteilt wird, weiß Kierdorf selbst noch nicht. In Frage kommen, so macht er im Interview klar, nur die Spitzengastronomie und private Genießer. Keine Weinhändler. In persönlichen Gesprächen muss geklärt werden, ob die Voraussetzungen für eine Zuteilung erfüllt sind. Sicher ist: Geld allein reicht nicht aus. Und sicher ist auch: Einige Interessenten werden leer ausgehen.

Diese werden sich, wenn sie die Absage nicht verkraften können, am freiem Markt eindecken müssen. Präziser gesagt: am grauen Markt. Er wird gespeist von Auslandsexporten und Privatanbietern, die ihre Zuteilungen entgegen Absprache versilbern. Nicht selten kommen DRC-Weine auch aus dubiosen Kanälen, die sich schwer zurückverfolgen lassen. Im schlimmsten Fall steht am Ende eine Fälscherwerkstatt.


Am grauen Markt herrschen andere Preise

DRC-AssortimentAm freien oder grauen Markt werden die DRC-Weine hoch gehandelt, insbesondere der rare Romanée-Conti. Wenn er mal auf den Markt kommt, kostet er schnell das Doppelte eines Pétrus, das Zwölffache eines Lafite-Rothschild, das Vierungzwanzigfache eines Opus One.

Außer in Spitzenrestaurants findet man eine Einzelflasche Romanée-Conti höchstens auf Auktionen. Da wird sie, wenn es sich um einen guten Jahrgang handelt, locker bei 10.000 Euro zugeschlagen. Das Problem ist gar nicht der hohe Preis. Der wird anstandslos gezahlt. Das Problem ist die Historie der angebotenen Flasche. Durch wieviel Hände ist sie gegangen? Wurde sie schon einmal verauktioniert? Oder zweimal? Gar dreimal? Wie wurde sie gelagert?  Ist die Flasche echt oder ein Fake? Bei Margen im vierstelligen Euro-Bereich strengen sich die Fälscher gerne an, gute Kopien herzustellen. Auch in Deutschland waren vor zwei Jahren mehrere gefälschte Romanée-Conti-Flaschen im Umlauf.

Den DRC-Besitzern ist die Spekulation ein Gräuel

Den DRC-Besitzern ist die Spekulation mit ihren Weinen ein Gräuel. Deshalb geben sie ihren Wein nur an Generalimporteure ab, die von ihnen auf Herz und Nieren geprüft werden. Neben der Vertriebsvereinbarung müssen sie eine Ethik-Erklärung unterzeichnen, in der sie sich verpflichten, die DRC-Vorgaben umzusetzen. Das heißt: keine Weinhändler beliefern und nicht ins Ausland verkaufen. Auch der Preisgestaltung werden enge Grenzen gesetzt. Die Domaine möchte nicht die Importeure reich machen, sondern sicherstellen, dass ihre Weine an die richtigen Leute kommen. Also an echte Kenner, die den Aufwand wertschätzen können, den man treibt, um höchste Qualitäten zu erzielen. Was die wenigsten sich vorstellen können: DRC gibt die Weine im Vergleich zum freien Markt äußerst günstig ab.

Probleme mit den Pseudo-Privaten und Pseudo-Gastronomen

Aubert de Villaine und Henry-Frédéric RochBis 2013 hieß der Exklusivimporteur für die DRC-Weine Reinhard Böhm. Er stammte aus der Schule des Bremer Weinimporteurs Ludwig von Kapff und hat 30 Jahre lang die DRC-Weine eigenhändig im Laster nach Deutschland chauffiert. Verhindern, dass der eine oder andere Begünstigte sein Kontingent (oder Teile davon) weiterverkauft, konnte er nicht. In Branchenkreisen spricht man davon, dass lediglich ein Drittel der DRC-Kunden den Wein wirklich trinkt, ein Drittel ihn nur besitzen will und ein Drittel ihn weiterverkauft. Pseudo-Private und Pseudo-Gastronomen von den echten Genießern zu unterscheiden – das ist die Hauptaufgabe des Generalimporteurs.

Kierdorf im Burgund gut bekannt

Der letzte Jahrgang, den Böhm zuteilen durfte, war der 2010er. Dann war Schluss. Die 2011er DRC-Weine waren in Deutschland offiziell nicht erhältlich. Seit Anfang 2015 ist Kierdorf Generalimporteur. Er wird erstmals den Jahrgang 2012 zuteilen. Beworben hat er sich nach eigener Aussage nicht um den Job. Wegen seiner Burgunder-Vorliebe ist er allerdings bei den Winzern der Gegend gut bekannt. Außerdem ist er einer der Sponsoren des Vereins Les Climats du Vignoble de Bourgogne. Dieser hat bei der Bewerbung des Burgunds für das UNESCO-Weltkulturerbe eine große Rolle gespielt. Vorsitzender des Vereins ist Aubert de Villaine, Repräsentant einer der beiden Besitzerfamilien der Domaine de la Romanée-Conti.

Das Interview

Albert Kierdorfweinkenner.de: Wie kamen Sie zu der Ehre, Generalimporteur der Weine der Domaine de la Romanée-Conti zu werden?
Albert Kierdorf: Das weiß ich selber nicht. Beworben habe ich mich nicht.
weinkenner.de: Über welche Kanäle wollen Sie die Weine der DRC künftig vertreiben?
Albert Kierdorf: Es ist das ausdrückliche Ziel der Domaine, dass ihre Weine von Genießern in der Spitzengastronomie oder aber von privaten Connaisseurs zuhause getrunken werden. Wir dürfen keine Weine in den Weinhandel abgeben.
weinkenner.de: Die Weine der DRC wurden in der Vergangenheit neben dem on trade und dem off trade auch immer treuen Privatkunden angeboten. Bleibt das so? Bleiben die Kontingente gleich?
Albert Kierdorf: Über eventuelle Kontingente in der Vergangenheit wissen wir nichts und können daher hierzu leider keine Auskunft geben. Sie können aber versichert sein, dass wir im Sinne der Domaine die Weine in fairer Weise an Gastronomie und private Genießer vertreiben werden.
weinkenner.de: Der Wechsel des Generalimporteurs hatte offenbar viel damit zu tun, dass es zunehmend einen Graumarkt für DRC-Weine gab. Wie wollen Sie den austrocknen?
Albert Kierdorf: Über Vorgänge in der Vergangenheit haben wir keine Kenntnis, das heißt wir können und wollen uns dazu nicht äußern. Es ist jedoch allgemein bekannt, dass die Domaine dringend empfiehlt, ihre Weine ausschließlich über die offiziellen Exklusiv-Distributeure zu erwerben. Durch unsere lückenlose Einkaufs-, Transport- und Lagerlogistik in eigener Hand sowie die Lagerung der Weine ausschließlich in eigenen unterirdischen, temperatur- und feuchtigkeitsstabilen Kellern können wir Authentizität und bestmöglichen Zustand dieser begehrten Raritäten garantieren.
weinkenner.de: Es sollen auch Weinfälschungen im Umlauf gewesen sein. Stimmt das?
Albert Kierdorf: Über den vom FBI in den USA ermittelten Fall des Weinfälschers Kurniawan wurde ja weithin in der internationalen Presse berichtet. Dabei war es aber nicht nur die Domaine de la Romanée-Conti, die betroffen war, sondern auch anderen Spitzenburgunder wie die der Domainen Ponsot und Roumier vor allen Dingen. Wir haben diese Vorgänge mit großer Ernsthaftigkeit beobachtet, jedoch ist dies nichts, was uns direkt betrifft: Es ist seit vielen Jahren ein eherner Grundsatz unseres Unternehmens: Wir beziehen ausschließlich direkt beim jeweiligen Winzer  „ab Keller” die Weine – auch der graue Markt war, ist und bleibt für uns stets tabu!

Eine Pièce Romanée-Conti
Eine Pièce Romanée-Conti

weinkenner.de: 2012 war ja ein mengenmäßig kleiner Jahrgang im Burgund. Können Sie uns sagen, wie groß das DRC-Kontingent für Deutschland sein wird?
Albert Kierdorf: Wir möchten keine konkreten Zahlen nennen, um die Spekulation nicht noch zusätzlich anzuheizen. Aber 2012 war die Ertragsmenge im Burgund tatsächlich sehr gering mit nur einem Bruchteil der sonst üblichen Menge, und natürlich bildet die Domaine hier auch keine Ausnahme. Die Domaine ist unabhängig davon jedoch sehr fair und transparent in der Zuteilung für die jeweiligen Märkte. Es gibt für jedes der großen Exportländer einen festen Prozentsatz der Erntemenge, d.h. auch mengenmäßig kleinere Jahrgänge werden für alle gerecht zugeteilt.
weinkenner.de: Planen Sie, den Jahrgang 2012 (und die künftigen Jahrgänge) zur Gänze auszuverkaufen oder werden Sie einen Teil der Importe für spätere Jahre zurückzuhalten?
Albert Kierdorf: Angesichts der sehr geringen Menge des aktuellen Jahrgangs und der zu erwartenden Nachfrage stellt sich uns diese Frage im Moment nicht.
weinkenner.de: Werden die DRC-Weine grundsätzlich als Assortiment angeboten? Oder können die Weine auch einzeln erworben werden?
Albert Kierdorf: Es gibt hierzu noch keine endgültige Festlegung.
weinkenner.de: Wird es möglich sein, eine Flasche Romanée-Conti solo zu erwerben?
Albert Kierdorf: Nein.
weinkenner.de: Findet die Zuteilung von DRC-Weinen im Rahmen von Koppelgeschäften mit anderen Weinen statt? Wenn ja, welche Formel planen Sie?
Albert Kierdorf: Nein.
weinkenner.de: Was müssen Privatpersonen tun, um DRC-Weine bei Ihnen zu erwerben?
Albert Kierdorf: Dies wird im Herbst abschließend mit dem Weingut abgestimmt und mit den Interessenten unmittelbar besprochen.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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