Die Zinsen sind im Keller und Festgeldkonten sowie Sparbuch haben schon länger ihren Reiz als Anlageform verloren. Viele Deutsche suchen somit nach anderen Möglichkeiten, ihr Geld anzulegen. Online-Broker laden dazu ein, bequem vom heimischen Küchentisch mit Aktien, Derivaten und Futures zu handeln. Dass auch Weine als alternative Geldanlagen einen gewissen Reiz haben, ist der Öffentlichkeit bisher weitestgehend verborgen geblieben. Dabei verzeichnen manche Weine Wertsteigerungen, welche durchaus mit Aktien börsennotierter Unternehmen vergleichbar sind. So wechseln Spitzenweine durchaus für fünfstellige Beträge den Besitzer. Für manche Jahrgänge des Domaine de la Romanee-Conti Grand Cru blätterte ein Kenner schon sagenhafte 108.000 US$ für eine Flasche auf den Tisch.
Investieren in Wein als Wertanlage ist ein Prozess, der von der Komplexität in etwa mit dem Handel von Rohstoffen und Derivaten vergleichbar ist. Tausende von unterschiedlichen Rebsorten und eine Vielzahl verschiedener Anbaugebiete machen es dem Laien nicht leicht, ein eigenes Weinportfolio mit Lager- und Renditepotenzial aufzubauen. Jeden Herbst kommen unzählige Jahrgänge hinzu und schnell geht der Überblick verloren.
Welche Tropfen sind als Wertanlage geeignet?
Wer in hochwertige Traubenerzeugnisse richtig investieren möchte, sollte sich ein umfangreiches Basiswissen aneignen. Laien tun sich oft schwer, die richtigen Tropfen einzuordnen. Deshalb ist es zwingend notwendig, intensiver in die Welt des Weins einzutauchen. Ein Großteil des Wissens kann in Fachzeitschriften angelesen werden und bei Verkostungen ist den Geheimnissen des Weins auf den Grund zu gehen. Die Zahl der gewinnbringenden Weine ist begrenzt und beläuft sich auf etwa zwei Prozent der weltweiten Gesamtabfüllung. Es empfiehlt sich, auf Weine zu setzen, die sich im Fass noch in der Reifephase befinden. Weine aus dem Supermarktregal sind in der Regel schon ausgereift und legen auch bei fachgerechter Lagerung nicht mehr zu, sondern verlieren eher an Qualität.
Wer auf der sicheren Seite sein möchte, wendet sein Augenmerk auf die Regionen Bordeaux und Burgund. Die nähere Vergangenheit lässt erkennen, dass neben dem schon genannten Produkt auch Château Petrus, Château Rothschild und Château Cheval Blanc enorme Wertsteigerungen durchlaufen haben und um die 15.000 Euro gehandelt werden. Aktuelle Jahrgänge belaufen sich auf 1000-2000 Euro. Weine aus diesen Lagen haben durchaus Blue Chips-Potenzial. Experten beziffern die jährliche Wertsteigerung auf sechs bis sieben Prozent. Nur wenige Spitzengewächse außerhalb Frankreichs können da mithalten. Kalifornien und Südafrika versprechen einiges Potenzial. Auch einige deutsche Rieslinge sind ab und an vertreten, meist aus der Saar- und Moselregion.
Handelsformen und Lagerflächen
Die Lagerung der Weine ist bekanntlich aufwendig und am besten eignet sich der dunkle Weinkeller mit einer konstanten Temperatur um die 17 °C sowie 65 % Luftfeuchtigkeit. Eine ausreichende Belüftung ist wichtig, damit die Tropfen keinen muffigen Geschmack annehmen. Nicht jeder kann diese Bedingungen erfüllen. Oft bietet der regionale Weinhändler für kleines Geld Lagerplätze an.
Zumal, wenn der Ankauf über sogenannte Wein-Anteilsscheine geschieht, kauft man den Wein schon im Fass mitsamt dem Anrecht auf eine bestimmte Menge nach Abfüllung. Diese Art des Handels ist mit einem Terminkontrakt vergleichbar. Zudem gibt es in vielen großen deutschen Städten Weinbanken, in denen das kostbare Gut fachgerecht eingelagert und in Ruhe reifen kann.
Abstrakter wird die Spekulation mit Weinen beim Kauf von Aktien von Firmen, die im Weinhandel aufgestellt sind. Campari, Diageo und Remy Cointreau dienen als Beispiel. Bei diesen Anlagemöglichkeiten ebenso wie bei Zertifikaten, mit denen auf die Kursentwicklung solcher Aktien spekuliert werden kann, ist der direkte Bezug zum Produkt eher von sekundärer Bedeutung.
Wertentwicklung von Wein
Auch wenn Wein als Anlageobjekt in den letzten Jahrzehnten große Ausschläge nach oben vorweisen kann, sollte trotzdem Vorsicht walten. Immer dann, wenn eine große Nachfrage herrscht, schnellen die Preise nach oben. Nach dem Fall der Mauer taten sich dabei zuerst russische Oligarchen hervor, die ihre Milliarden auch im Wein investierten. Zu Beginn des jetzigen Jahrhunderts profitierte der Weinmarkt von der Öffnung Chinas. Auch hier hat das Kapital den Weinpreis beeinflusst. Experten rechnen inzwischen mit einer neuen Riege von Investoren aus den Schwellenländern und setzen große Hoffnungen auf die Superreichen Indiens und Brasiliens.
Wie andere Wertpapiere ist beim Wein mit Preisschwankungen zu rechnen. Manchmal wird ein Jahrgang den Erwartungen nicht gerecht und verliert nach Abfüllung an Wert. Im Gegensatz zu anderen Geldanlagen droht beim Wein aber nie der Totalverlust, kann man im Notfall doch die Flasche entkorken und genießen.
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