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Hotel Saratz: Sensible Hospitality ohne Einbußen an Wohlfühlklima

Das Hotel Saratz liegt auf 1800 Metern im „Festaal der Alpen“, wie das Tal zwischen Bernina und Diavolezza genannt wird. Ein Viersterne-Superior-Haus, architektonisch eine Mischung aus Grand Hotel traditioneller Prägung und jungem, puristischen Schweizer Design.

Trotz internationalem Flair weht ein bodenständiger Geist durch das Hotel. Man möchte ein Mehrgenerationenhotel sein, in dem sich junge Familien ebenso wohl fühlen wie ältere Gäste. Man möchte Heimat bieten, aber so, dass auch Nicht-Schweizer sich zu Hause fühlen. Natürlich kann ein Hotel dieser Kategorie nicht auf Komfort verzichten. Doch man ist sich klar darüber, dass der eigentliche Luxus vor der Tür liegt: die grandiose Bergwelt des Oberengadin mit ihren schneebedeckten Gipfeln, Gletschern, Wildwassern. Und weil die hochalpine Natur verletzlich ist, hat man sich im Saratz aufs Banner geschrieben, sie zu schützen.

Sensible Hospitality heißt die Idee, der auch immer mehr andere Hotels in der Schweiz und in der weiten Welt folgen. Zunächst einmal wird auf allen Ebenen versucht, den Energieverbrauch zu drosseln und auf eine nachhaltige Bewirtschaftung umzustellen, um die CO2-Emissionen zu reduzieren. Im Saratz wurde die Temperatur der Gästezimmer von 24 auf 23 Grad Celsius gesenkt. 90 Prozent der Heizenergie für die Zimmer kommt aus einer Tiefenbohrung bis auf 1500 Meter. Außerdem wird das Hallenbad mit dem warmen Wasser versorgt, das aus der Tiefe sprudelt.

Doch die größten Einsparpotenziale liegen in der Energievermeidung. Die Betriebsfahrten mit dem Auto wurden reduziert. Einkäufe kommen aus der Umgebung. Transfers zu den Skigebieten wurden abgeschafft. Beim Essen und Trinken wird nicht an der Qualität gespart, wohl aber am Beschaffungsaufwand. Küchenchef Valère Braun, ein Elsässer, hat ein Netz von Lieferanten aufgebaut, die aus der unmittelbaren Umgebung kommen und ihn mit heimischen Produkten versorgen. Ein großer Teil dessen, was in den drei Restaurants des Saratz auf dem Speisezettel steht, kommt von ausgewählten, kleinen Handwerksbetrieben, deren Produktion überschaubar und kontrollierbar ist. Was es nicht in im Engadin selbst gibt, darauf wird zur Not verzichtet.

Doch groß ist die Not nicht. Denn das Engadin ist ein reicher Kanton. Milch und Käse gibt es zur Genüge. Eine Alpkäserei am Orte liefert frisch geschöpften Ricotta, eine Spezialität, die zu genießen ein Städter keine Chance hat, weil die Milch tagfrisch sein muss und der Ricotta bis Mittag am besten schmeckt. Andere einheimische Käsespezialitäten heißen Gletschermutschli und Heutaler. Sie machen auf jeden Fall neugieriger als Cheddar oder holländischer Gouda.

Das Wild bringen die einheimischen Jäger vorbei. Rind- und Schweinefleisch kommen von einer Metzgerei in Savognin, die nur eine halbe Autostunde von Pontresina entfernt liegt. Pietro Peduzzi, der Metzger, ist landesweit berühmt für sein Bündner Fleisch. Übrigens: Fleisch wird knochenfrei eingekauft, damit möglichst wenig pariert werden muss. Küchenabfälle zu vermeiden, gehört ebenfalls zum Konzept der Sensible Hospitality. Was dennoch im Eimer landet, holt ein ortsansässigen Bauer ab, der aus dem organischen Abfall Biogas macht.

Frisches Gemüse gibt es allerdings kaum im Engadin. Doch im benachbarten Kanton Graubünden – nur eine gute Autostunde entfernt – hat der Küchenchef des Saratz einen Gemüsebauern gefunden, der ihn direkt beliefert – sogar mit Tomaten. Ja, Tomaten aus der Schweiz!

Und Wein? Gäste, die unbedingt ihren Bordeaux, Burgunder, Rioja oder Brunello trinken wollen, bekommen ihn. Champagner sowieso. Aber ein großer Teil des Weinkellers im Saratz besteht aus einheimischen Gewächsen. Nicht aus dem Engadin. Für Reben ist es dort zu kalt. Aber aus dem benachbarten Kanton Graubünden. Genau: aus dem Anbaugebiet Bündner Herrschaft. Von Pontresina bis dorthin sind es genau 97 Kilometer – keine Weltreise.

Die Bündner Herrschaft liegt nördlich von Chur im Rheintal. Kalkreiche Böden, ein mildes Klima und der warme Föhnwind, der von den Einheimischen passenderweise „Traubenkocher“ genannt wird – sie sind die Garanten dafür, dass dort feine Weine wachsen: rote meist aus Pinot Noir, die weißen überwiegend aus Chardonnay.

Für Schweizer, vor allem für Deutsch-Schweizer, ist die Bündner Herrschaft das beste Weinanbaugebiet des Landes. „Burgund der Schweiz“ nennen die Eidgenossen es. Mit 400 Hektar ist es so klein, dass die Weine über die Grenzen des Landes hinaus kaum bekannt sind. Daniel Gantenbein und Irene Grünenfelder sind noch die bekanntesten Namen in der Bündner Herrschaft. Ihre Pinot Noirs haben inzwischen eine internationale Liebhabergemeinde. Doch es gibt ein Dutzend anderer Winzer, die ebenfalls tadellose Weine erzeugen, etwa Thomas Studer, Annatina Pelizzati, Christian Herrmann, Daniel Marugg, Georg Fromm, Martin Donatsch, Thomas Mattmann, Manfred Meier. Viele ihrer Weine liegen auch im Keller des Saratz.

Ein besonders geschätzter Lieferant ist Manfred Meier. Er gehört mit seinen 43 Jahren noch zur jungen Garde der Herrschafts-Winzer. Sein Weingut hat nur sechs Hektar und liegt in Zizers am Rande der Bündner Herrschaft. „Wir bauen zur Hälfte Rot- und Weißweine an“, erklärt er. Bei den Roten sind es Pinot Noir, Syrah und die Neuzüchtung Diolinoir, eine Kreuzung aus Pinot Noir und Rouge de Diolly. „Diolinoir hat zwar einen sehr geringen Ertrag, bringt aber eine tolle Pinot-Typizität mit.“ Bei den Weißen setzt Meier auf Müller-Thurgau, Pinot Blanc, Sauvignon Blanc, Chardonnay und Gewürztraminer. Das Beste an Meiers Weinen aber ist, dass sie nur 97 Kilometer vom Hotel entfernt wachsen. Also fast Hausweine sind.

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