Horst Sauer aus Escherndorf: Meister des fränkischen Rieslings

Horst Sauer | Foto: Horst Wand
Horst Sauer aus Escherndorf ist Winzer mit Haut und Haaren. Täglich steht er im Weinberg und schaut nach den Reben. Seine Rieslinge sind meisterhaft, findet Stefan Krimm, unser Mann für alles Fränkische. Ihm hat er dieses Portrait gewidmet.

Horst Sau­er zählt zu den erfolg­reichs­ten deut­schen Win­zern über­haupt. Das Wein- und Gourmet-Magazin Fal­staff kür­te ihn zum „Win­zer des Jah­res 2011“. Beim Inter­na­tio­nal Wine and Spirit-Wettbewerb in Lon­don wur­de er bereits drei Mal als bes­ter deut­scher Wein­pro­du­zent geehrt, 2004 sogar als „Bes­ter Weiß­wein­pro­du­zent welt­weit“. Sei’s drum: Aus dem trau­ben­bäu­er­li­chen 1,5-Hektar-Betrieb sei­ner Eltern mit gemisch­ter Land­wirt­schaft sei­ner Eltern hat er über die Jah­re ein bedeu­ten­des Wein­gut mit 16,5 Hekt­ar Gesamt­flä­che gemacht.

„Nachdenker“ auf der Suche nach Essenz

Sau­ers Anwe­sen liegt in Eschern­dorf am Main. Genau­er gesagt: unter­halb des stei­len Eschern­dor­fer Lump – einer der her­aus­ra­gen­den Steil­la­gen Fran­kens. Hat man das Hof­tor hin­ter sich gelas­sen, steht man in einem in sei­ner Klar­heit und Moder­ni­tät über­ra­schen­den, mit Glas, Stahl und Holz gestal­te­ten Win­zer­hof. Alles wirkt auf das Not­wen­di­ge redu­ziert – Ergeb­nis eines sorg­fäl­ti­gen Refle­xi­ons­pro­zes­ses. Sau­er ist ein „Nach­den­ker“, der zögernd for­mu­liert und die Essenz sucht.

Eingang Weingut Horst Sauer | Foto: Mit freundlicher Genehmigung des Weinguts Horst Sauer

Für Eschern­dorf ist sei­ne Bedeu­tung groß: Die Qua­li­täts­ent­wick­lung der füh­ren­den Güter ist nicht zuletzt ihm zu ver­dan­ken: sei­ner Fähig­keit, Gleich­ge­sinn­te zu fin­den, Anstö­ße zu geben und Zukunfts­per­spek­ti­ven zu dis­ku­tie­ren. Das ist in Fran­ken, wo frü­her oft ein nei­di­sches Miss­trau­en zwi­schen Nach­barn herrsch­te, nicht wenig.

Die Natur ständig beobachten

Der 56-Jährige räumt ein Feh­ler gemacht zu haben. Aber er hat aus ihnen gelernt. „Ich hat­te ich das Glück, dass mein Vater ein über­zeug­ter Wein­bergs­mensch war. Das ist wich­tig. Man muss die Arbei­ten beherr­schen und sehen, ob sich die Reben wohl füh­len, ob ihnen etwas fehlt, was es sein könn­te und was sie brau­chen. Man muss die Natur stän­dig beob­ach­ten, auch ein wenig vor­aus­ah­nen, was kom­men wird. Jeder Jahr­gang ent­wi­ckelt sich nach eige­nem Mus­ter. Das muss man erken­nen, um tun zu kön­nen, was die Natur erwar­tet. Mein Vater hat mir bei­gebracht, ganz nahe bei den Reben zu sein, sie als Lebe­we­sen wahr- und ernst zu nehmen.“

Als er bemerk­te, dass das Geld nicht reich­te, fing Sau­er an zu job­ben: bei ande­ren Wein­gü­tern, in der Genos­sen­schaft und auch im Wein­han­del. Das Hin­zu­ver­dien­te nutz­te er für Wein­bergs­zu­käu­fe. 1994 wur­den die fünf Hekt­ar kom­plet­tiert, und dann ging es schnell wei­ter, weil sich in Eschern­dorf mit sei­nen teil­wei­se win­zi­gen, wenig ren­ta­blen Par­zel­len Gele­gen­hei­ten boten.

Am Anfang auf sich allein gestellt

Im Kel­ler war Sau­er zunächst auf sich allein gestellt: „Mein Vater war Trau­ben­bau­er. Ich konn­te alles nach eige­nen Vor­stel­lun­gen auf­bau­en und gestal­ten – mit Risi­ko! Die Aus­bil­dung, na ja… Man kommt nach Hau­se und denkt, jetzt weiß man alles und kann los­le­gen. Aber in der Pra­xis ist alles anders. Ich hat­te Glück und traf einen alten Kel­ler­meis­ter aus Rand­er­sa­cker, der sein Hand­werk von Grund auf beherrschte.

Innenansicht des Weinguts Horst Sauer | Foto: Mit freundlicher Genehmigung des Weinguts Horst Sauer

Ich habe ihn zu mir in den Kel­ler geholt und er hat mir sehr viel erklärt. Seit damals bin ich Hefe-Fetischist, ich weiß wie wich­tig die Aus­wahl ist und las­se die Wei­ne ger­ne lan­ge auf ihr lie­gen. Wir haben sehr, sehr kri­tisch pro­biert und ich muss­te mir vie­les sagen las­sen. Belei­digt darf man da nicht reagieren.“

Silvaner kann viel mehr

Sau­ers Ste­cken­pferd ist der Ries­ling. Bis hin zu den edel­sü­ßen Qua­li­tä­ten geht er so ein­fühl­sam mit ihm um, dass man ihn schon als „Wein­ma­gi­er“ bezeich­net hat. Wie sein Win­zer­kol­le­ge Armin Störr­lein aus Rand­er­sa­cker hält aber auch Sau­er den lan­ge unter­schätz­ten Sil­va­ner für die zen­tra­le Stim­me im frän­ki­schen Terroir-Konzert.

„Ich glau­be, dass wir frü­her unse­ren Sil­va­ner mit viel weni­ger Über­le­gun­gen abge­füllt haben als heu­te. Wir wis­sen jetzt, dass die Reb­sor­te mehr kann. Wir den­ken viel genau­er über die ange­streb­te Qua­li­tät nach und arbei­ten über das Jahr hin­weg gezielt auf dar­auf hin. Die Arbeit mit der Reb­sor­te im Wein­berg hat sich kom­plett geän­dert: die Bewirt­schaf­tung, die Erträ­ge, der Reb­schnitt, die selek­ti­ve Lese und der Umgang mit Trau­ben, die Botry­tis auf­wei­sen. Frü­her hat man gesagt, der Sil­va­ner sei erdig und hat das so hin­ge­nom­men. Heu­te weiß man, wie man ihn behan­deln muss, damit er sei­ne Ele­ganz ent­fal­ten kann.“

Fördern und lenken, niemals manipulieren

Längst ist der Fran­ke in der qua­li­ta­ti­ven Spit­zen­klas­se ange­kom­men. Die Natur in allen Nuan­cen zu ver­ste­hen, sie mit mög­lichst gerin­gen Ein­grif­fen zu unter­stüt­zen und gedul­dig zu sein, so lau­te­te sein Cre­do auf dem Weg dorthin.

Sandra und Horst Sauer im Weinberg | Foto: Markus Bassler

Und die­ses gilt bis heu­te. „Du musst die Natur beglei­ten, du kannst len­ken, du kannst för­dern, aber du darfst sie nie­mals mani­pu­lie­ren.“ Dass der ein­ge­schla­ge­ne Weg nur mit sorg­fäl­tig gepfleg­ten Böden und gesun­den, nicht über­for­der­ten, an die Gege­ben­hei­ten des Ter­ro­irs opti­mal ange­pass­ten Wein­stö­cken funk­tio­nie­ren kann, ver­steht sich von selbst.

Für die Zukunft vorgesorgt

Sei­nen spek­ta­ku­lä­ren Wie­der­auf­stieg nach län­ge­rer Kri­se hat Fran­ken Win­zern wie Horst Sau­er zu ver­dan­ken – ihrer Lei­den­schaft und ihrem Stre­ben, gro­ße Wei­ne erzeu­gen zu wol­len. Ein wei­te­rer Umbruch steht nun bevor: Bei den ton­an­ge­ben­den Wein­gü­tern der Spit­zen­klas­se wie Störr­lein und Schmitt’s Kin­der in Rand­er­sa­cker, Johann Ruck und Hans Wir­sching in Ipho­fen oder Paul Fürst in Bürg­stadt steht der Gene­ra­tio­nen­wech­sel vor der Tür oder ist bereits im Gange.

Horst Sauers Tochter Sandra | Foto: Horst Wand

Sau­er hat eben­falls für die Zukunft vor­ge­sorgt: Toch­ter San­dra, stu­dier­te Gei­sen­hei­me­rin, hat von ihm wich­ti­ge Kom­pe­ten­zen erhal­ten. Sie ist zustän­dig für Müller-Thurgau und Ries­ling im Ein­stiegs­be­reich sowie für die Gro­ßen Gewäch­se und den Weiß­bur­gun­der. Sau­er selbst hat die Ver­ant­wor­tung für den Extrem-Silvaner „Sehn­sucht“ und die edel­sü­ßen Wei­ne. Das Seg­ment „Fränkisch-klassisch“, vom Liter­wein bis zur Spät­le­se, betreu­en die bei­den gemein­sam. Jeder ent­schei­det für sei­nen Bereich. Doch Vater und Toch­ter bespre­chen sich täg­lich. Und ver­kos­ten die Wei­ne stets gemeinsam.

Im zwei­ten Teil stel­len wir Ihnen den frän­ki­schen Spit­zen­win­zer Armin Störr­lein vor.

Kommentar hinzufügen

Antwort schreiben