Herzhaft & rustikal: die Weine der Colli Bolognesi

Colli Bolognesi
Colli Bolognesi
Auf dem Weg nach Rimini sieht man es nur von Ferne: das Hügelland südlich von Bologna. Es lohnt sich, auf die Bremse zu treten: Weinalarm! Patrick Hemminger hat einige Weine probiert.

Par­me­san, Parma-Schinken, Lasa­gne und Bolo­gne­se – das Essen aus der Emi­lia Roma­gna kennt jeder. Beim Wein ist die Regi­on dage­gen ein wei­ßer Fleck – und das, obwohl Emi­lia Roma­gna mit Sizi­li­en, Apu­li­en und Vene­ti­en zu den vier gro­ßen Massenwein-Zentren Ita­li­ens gehört. Klar, Lam­brusco ist bekannt, der schäu­men­de Rot­wein. Er erlebt der­zeit sogar eine Renaissance.

Interessante Weine aus kleinen Nischen

Aber sonst? Außer weni­gen Ken­nern der Regi­on kennt nie­mand die Nischen, in denen guter Wein wächst. Es gibt sie aber. Zum Bei­spiel das Hügel­land süd­lich von Bolo­gna. Dort liegt die DOC Col­li Bolo­gne­si, in den glei­chen Gren­zen die DOCG Col­li Bolo­gne­si Pigno­let­to. Gera­de mal 70 Win­zer tei­len sich dort 640 Hekt­ar Wein­ber­ge. Im Schnitt wer­den auf jedem Wein­gut Jahr für Jahr 40.000 Fla­schen pro­du­ziert. Die Böden sind teil­wei­se sehr kalk­hal­tig. Die Reben wach­sen nur an den Hän­gen. Mas­sen­wa­re gibt es dort nicht. Trotz­dem sind die Wei­ne im Ver­gleich recht güns­tig – weil sie kaum einer kennt.

Pignoletto – Weißwein mit knackiger Säure

Im Ver­gleich zur rest­li­chen Emi­lia Roma­gna herrscht in den Col­li Bolo­gne­si ein inter­es­san­tes Mikro­kli­ma. Die Som­mer sind eben­falls sehr warm, aber im Hügel­land reg­net es mehr als im Flach­land. Auch die Näch­te sind dort küh­ler. Das bringt eine fri­sche, kna­cki­ge Säu­re in die Wei­ne, weiß wie rot.

Weinberg in den Colli Bolognesi
Wein­berg in den Col­li Bolognesi

Drei Wei­ne haben mich beson­ders ange­spro­chen: der wei­ße Pigno­let­to Clas­si­co Supe­rio­re sowie der rote Bar­be­ra, ein­mal aus­ge­baut als Friz­zan­te (nach dem Vor­bild des Lam­brusco) und als Stillwein.

Der Pigno­let­to muss zu 95 Pro­zent aus der Reb­sor­te Gre­chet­to Gen­ti­le gekel­tert sein. Der Aus­bau im Holz­fass ist nicht all­zu weit ver­brei­tet. Die Wei­ne wer­den im Edel­stahl­tank aus­ge­baut, wobei die Hefe kräf­tig aus­ge­rührt wird. Neben den Aro­men von grü­nem und gel­bem Kern­obst erhal­ten die Wei­ne so eine gute Struk­tur, Tie­fe und Würzigkeit.

Ein her­vor­ra­gen­des Bei­spiel ist der Pigno­let­to Clas­si­co Supe­rio­re von Fat­to­rie Vallo­na. Der Wein bleibt kurz auf der Mai­sche, dann fer­men­tiert er 20 Tage im Edel­stahl. Danach kommt er ohne Fil­tra­ti­on in Zement­tanks, wo er drei Jah­re bleibt. Alle vier Wochen wird eine Bâton­na­ge gemacht, wie das Auf­rüh­ren der Hefe wis­sen­schaft­lich genannt wird. Das Ergeb­nis ist erstaun­lich: Der Wein ist sehr reduk­tiv, dabei aber von einer Kom­ple­xi­tät, die man sonst nur durch Lage­rung im Holz­fass erreicht.

Barbera als Perlwein? Funktioniert gut zur regionalen Küche.

Ein ganz eige­ner Typ ist der Bar­be­ra Friz­zan­te. Ehr­lich gesagt war ich sehr skep­tisch, als ich den Wein zum ers­ten Mal ins Glas bekam, und auch der ers­te Schluck über­zeug­te mich nicht wirk­lich. Die Aro­men dunk­ler Wald­früch­te, die hohe Säu­re und die spür­ba­ren Gerb­stof­fe, gepaart mit der leich­ten Spru­del­ig­keit eines Friz­zan­te sind eine unge­wohn­te Mischung. Zudem tau­gen die­se Wei­ne nicht als Solist. Kom­bi­niert man sie aber mit typi­schen Gerich­ten aus der Emilia-Romagna, zei­gen sie ihre wah­re Grö­ße als Spei­sen­be­glei­ter. Denn die Gerich­te der Regi­on sind schwer und fett­reich. Die­se Üppig­keit gleicht ein Bar­be­ra Friz­zan­te wun­der­bar aus.

Barbera frizzante
Bar­be­ra frizzante

Der drit­te Wein aus den Col­li Bolo­gne­si, der eine genaue­re Betrach­tung wert ist, ist der als Still­wein gekel­ter­te Bar­be­ra. Man kennt die Wei­ne aus der gleich­na­mi­gen Reb­sor­te aus dem Pie­mont. Dort läuft sie einer­seits zu Hoch­form auf. Ande­rer­seits ist in den letz­ten Jah­ren zu beob­ach­ten, dass vie­len Wei­nen ihre Ecken und Kan­ten genom­men wer­den – und genau die machen einen Bar­be­ra in mei­nen Augen attrak­tiv. Ein Bar­be­ra hat für mich immer etwas Rus­ti­ka­les, pas­send zur länd­li­chen Küche.

Die Barbera betonen das rustikale Element

In den Col­li Bolo­gne­si besin­nen sich die Win­zer auf genau die­ses Rus­ti­ka­le. Ihre Bar­be­ra vibrie­ren vor unge­schlif­fe­ner Span­nung und rei­zen den Gau­men mit ihrer Säu­re. Dabei sind die Riserva-Weine durch­aus anspruchs­voll gemacht. Drei Jah­re nach der Lese dür­fen sie auf den Markt kom­men. Den Groß­teil die­ser Zeit lie­gen sie im Holz, meist in Bar­ri­ques. Min­des­tens fünf Mona­te Fla­schen­rei­fe kom­men noch hin­zu. Am meis­ten hat mich der Bar­be­ra von Mal­can­to­ne über­zeugt. Lei­der ist er wie die ande­ren Emp­feh­lun­gen auch in Deutsch­land nicht erhält­lich, son­dern nur beim Wein­gut direkt zu bekom­men – wie übri­gens fast alle Wei­ne aus den Col­li Bolognesi.

Wie schon die Friz­zan­te so machen auch die Still­wei­ne nur in Kom­bi­na­ti­on mit Essen wirk­lich Freu­de – dann aber umso mehr. Ich öff­ne­te einen Bar­be­ra vom Wein­gut Mal­can­to­ne, Jahr­gang 2016, aus­ge­baut im Stahl­tank zu Pas­ta mit einer über Stun­den geschmor­ten Bolo­gne­se und hät­te mir kaum eine bes­se­re Kom­bi­na­ti­on wün­schen können.


Die emp­foh­le­nen Weingüter:

Fat­to­rie Vallo­na – www.fattorievallona.it
La Mar­moc­chia – www.lamarmocchia.com
Azi­en­da Agri­co­la Mal­can­to­ne – www.malcantoneguidotti.it


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