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Händler über Bordeaux 2009 (10): Markus Geigle

Markus Geigle

Markus Geigle ist studierter Wirtschaftsingenieur und Leiter des Geschäftsbereiches Wein bei der Firma Alpina im bayerischen Buchloe. Alpina wurde 1978 vom BMW-Veredler und Weinliebhaber Burkhard Bovensiepen gegründet. Der legendäre unterirdische Keller enthält rund eine Million Flaschen von knapp 3000 Erzeugern aus aller Welt. Bordeaux macht den mit Abstand größten Teil des Sortiments aus.

Alpina konzentriert sich vor allem auf Spitzenweine. Seine Politik ist es, der Topgastronomie und den Privatkunden auch ältere Weine anbieten zu können. Entsprechend groß ist die Angebotstiefe. Das gilt nicht nur für Bordeaux (und andere französische Weine), sondern auch für italienische, kalifornische Weine und spanische Weine.

“Als sich im März/April 2010 der teilweise irrationale Hype um den Jahrgang 2009 abzeichnete, war uns einerseits klar, dass es wieder mal länger dauern würde, bis die Kampagne in Schwung kommt, und dass andererseits die Bordeauxweine aufgrund der zu erwartenden hohen Preise viel Liquidität aus dem Markt nehmen würden. Daher haben wir unseren Kunden bereits früh ein Subskriptionsangebot mit unseren “Nicht-Bordeaux” aus Frankreich (Marcel Deiss, Louis Latour, Château La Nerthe, Trévallon), Italien (Sassicaia, Guidalberto, San Leonardo,  Barrua, Costanti, Mascarello, Vignamaggio etc.), Spanien (Anima Negra), Argentinien (Chacra) und Kalifornien (Ridge Monte Bello und Chateau Montelena) geschickt, das geradezu euphorisch aufgenommen wurde. Dabei waren gerade langjährige Klassiker wie Sassicaia oder San Leonardo gefragt wie nie. Allerdings muss man auch zugestehen, dass die meisten dieser Weine aus heutiger Sicht gegen 2009er Bordeaux derselben Qualitäts- und Imageklasse geradezu als Schnäppchen dastehen.

Bis jetzt haben wir fast doppelt so viel Umsatz mit diesen “Nicht-Bordeaux”-Weinen erzielt, als mit den 2009er Bordeaux. Deren Verkäufe bewegen sich umsatzmäßig etwa zwischen den Jahrgängen 2008 und 2005 und werden letzteren – zumindest bei uns – wohl nicht erreichen. Aber noch läuft die Kampagne und nach der ersten heißen Phase erwarten wir nach der Ferienzeit und bis in den Herbst hinein noch einmal eine zweite Nachfragewelle – nicht ungewöhnlich bei sehr guten (und teuren) Jahrgängen, wenn die Kunden sich später, dann aber rationaler und sehr genau überlegen, wo sie ihr Geld anlegen. Auch die nachlassende Wirtschaftskrise mit deutlich positiveren Einkommens- und Sicherheitserwartungen spielt hier eine Rolle.

Ein Wort zu den vielgescholtenen Premiers Crus: Dass deren Preis nichts mehr mit dem Inhalt der Flasche zu tun hat, ist eine Tatsache, die der Weinliebhaber wohl oder übel akzeptieren muss. Aber das ist ja nicht erst seit heute so, sondern spätestens seit dem Jahrgang 2000 und dem schlichten Spiel von Angebot und Nachfrage geschuldet, das vor dem Hintergrund des boomenden Wohlstandes in Asien bei mengenmäßig limitierten Gütern (ob Kunst, Edelmetalle oder eben rare Weine) eben zu explodierenden Preisen führt. Darüber und über die “bösen” propriétaires zu lamentieren, mag zwar schick und opportun sein, ringt aber einem VWL-Studenten schon im ersten Semester nicht mehr als ein müdes Lächeln ab. Dafür gibt es heute eine große Anzahl hervorragender und erschwinglicher Weine, von deren Preis-Qualitäts-Verhältnis man vor wenigen Jahren nur träumen konnte. Nicht zuletzt denke man auch an die zahlreichen Zweitweine, selbst aus weniger renommierten Châteaux, deren heutige Versionen die Grands Vins der Vergangenheit oft in den Schatten stellen.

Der alte Spruch: ‚Kleine Weine in großen Jahren kaufen’ hat also nach wie vor seine Berechtigung und mal im Ernst: Wenn der echte Weinliebhaber in diesem großen Jahrgang nicht seinen Traumwein findet, dann ist ihm nicht zu helfen. Und hier abschließend die bisher erfolgreichsten Bordeaux-Weine der diesjährigen ALPINA-Subskription, die allerdings zum Teil bereits ausverkauft sind:

D´Aiguilhe (Côtes de Castillon, € 19,90), Brun (St-Émilion, €  9,90), L´Arrosée (St-Émilion, €  37,90), Clerc-Milon (Pauillac, €  49,90), Fleur de Boüard (Lalande de Pomerol, €  26,50), Fombrauge (St-Émilion, € 22,90), Haut Batailley (Pauillac, €  29,90), Léoville Barton (St-Julien, €  92,50), Lynch Bages (Pauillac, €  109,00), Marjosse (Bordeaux AC, € 7,40), Montrose (St-Estèphe, €  169,00), Paloumey (Haut-Médoc, €  11,90), Pape-Clément (Péssac-Léognan, €  126,80), Phélan-Ségur (St-Estèphe, €  31,00), Puygueraud (Côtes de Francs, €  10,50), Sociando Mallet (Haut-Médoc, €  35,00), La Tour Figeac (St-Émilion, €  29,90). Virginie de Valandraud (St-Émilion, €  45,00).”

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