Start WineHappens Report Händler über Bordeaux 2009 (1): Michael Grimm

Händler über Bordeaux 2009 (1): Michael Grimm

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Michael Grimm

„Interesse und Bestellvolumen sind enorm. Aber auch die Verärgerung vieler Kunden über die Preise bekomme ich täglich zu spüren. Es gibt Kunden, die seit 2005 oder 2000 nicht mehr bestellt haben und die nun wieder kräftig einsteigen. Und es gibt solche, die seit Jahren treu kaufen und dieses Jahr aus Frust über die Preise ausgestiegen sind.

Natürlich sind die Preise der Premiers Crus, für Ausone und Co. für beinahe alle Weinliebhaber unerreichbar. Manche Kunden bestellen aber 60 oder 120 Flaschen in der Preisklasse unter 30 Euro und gönnen sich dann zusätzlich ein bis zwei Flaschen eines superteuren Weines wie Ausone oder Lafleur oder Lafite.

Absolute Renner sind, und das trotz des hohen Preises im Vergleich zu früheren Jahrgängen: Montrose, Pontet-Cantet, Malescot-St.-Exupéry und Léoville Poyferré. Manche Weine waren sofort ausverkauft, beispielsweise Trotanoy und La Fleur Petrus.

Andere Weine laufen, trotz zum Teil großartiger Bewertung (zumindest bei den meisten Kritikern) nur grade gut oder sogar weniger gut: Cos d’Estournel, Ducru Beaucaillou, Pape Clément, alle Weine von Gérard Perse. Das hat mich erstaunt.

Insgesamt ist es aber eine großartige Kampagne: für die Châteaux und die Negociants, für uns Importeure und Händler und vor allem auch für die Kunden und Weinfreunde. Denn viele Kunden nutzen die Möglichkeiten eines solchen Jahrgangs und sichern sich ordentliche Mengen an preiswerten Weinen mit großartiger Bewertung. Von diesen gibt es reichlich.

Übrigens hat mir die Zeitspanne vom ersten bis zum letzten Preis und die aufwändige Beschaffung und Beratung beim Verkauf noch keine Zeit gelassen, die Preisliste druckfertig zu machen. Das passiert in den nächsten Tagen. So lange hat es noch nie gedauert.

Was die Kampagne dieses Jahr so zeitaufwändig macht, ist, dass man aufgrund der deutlichen Aufschläge zwischen erster, zweiter und dritter Tranche jeden Wein differenziert kalkulieren muss. Es gibt drei Arten, mit den Preisaufschlägen und der Knappheit des Angebots umzugehen:

Erstens Weine, für welche ich über Jahre hinweg treue Kunden habe (z.B. Trotanoy und La Fleur Petrus), biete ich vorrangig genau diesen Kunden an. Diese Wein sind in aller Regel nicht über den Platz Bordeaux zu beschaffen. Neukunden gehen hier leider meistens leer aus.

Zweitens Weine, von denen ich voll überzeugt bin und bei denen ich eine sehr gute Allokation habe (Pontet Canet, Haut Bailly, Montrose, Leoville Barton, Mouton-Rothschild, etc). Bei diesen Weinen kaufe ich dann auch aus der zweiten, und, wenn es noch Sinn macht, auch aus der dritten Tranche ein. Es gibt dann aber keine Mischkalkulation beim Preis, sondern ich lege für einen Wein, beispielsweise Pontet Canet, zwei Artikel an. Solange verfügbar, biete ich zum günstigen Preis an, bei Pontet Cantet die ersten ca. 200 Kisten zu 117 Euro pro Flasche. Es gibt dann aber bereits einen zweiten Artikel zu 129 Euro. Dieser Preis basiert auf den Nachkäufen zu höherem Einkaufspreis.

Drittens Mischkalkulationen mache ich bei Weinen, bei denen ich zwar eine sehr gute Allokation in der ersten Tranche beziehe, bei denen die Nachfrage die Preise aber ganz schnell in die Höhe treibt. Typisches Beispiel ist hier Lafite. Natürlich habe ich einige Kisten zu 550 bis 600 Euro in Bordeaux bezogen. Aber das hätte bei weitem nicht die Nachfrage gestillt. Einen sehr großen Anteil meiner Bezugsmenge habe ich für bis zu 1100 Euro über den Zwischenhandel bezogen. Daraus resultiert dann eben ein Verkaufspreis von 1490 Euro brutto. In Jahren wie 2007 oder 2008 schlägt der Zwischenhandel 5-10 Prozent auf, in diesem Jahr ärgerlicherweise bis zu 100 Prozent.“

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