Großhändler über den Weinmarkt Deutschland (5) – Grand Cru Select

Thomas Hänle
Grand Cru Select, die Gastronomietochter von Weinart, ist stark auf Top-Weine spezialisiert, vor allem solche französischer Provenienz. Allen gegenteiligen Beteuerungen der Mitbewerber zum Trotz läuft das Top-Segment prima, berichtet Geschäftsführer Thomas Hänle. Schwer tun sich lediglich die Weine der mittleren Preiskategorie.

Grand Cru Sel­ect wur­de 1987 von Karl-Heinz (“Car­lo”) Wolf als Wein­han­del für fei­ne Wei­ne gegrün­det. Mit exklu­si­ven Impor­ten hat­te Wolf damals bereits Erfah­rung: 1978 hat­te er den Rungis-Express ins Leben geru­fen: den ers­ten dedi­zier­ten Deli­ka­tes­sen­lie­fe­ran­ten für die (sich damals erst ent­wi­ckeln­de) deut­sche Top-Gastronomie. Auch für Grand Cru Sel­ect ist die Spit­zen­gas­tro­no­mie der Haupt­adres­sat des Ange­bots. Im Zen­trum des Sor­ti­ments ste­hen Klas­si­ker aus Bur­gund, Bor­deaux und der Cham­pa­gne. Das Unter­neh­men gilt als ver­läss­li­che Quel­le für Groß­fla­schen, alte Jahr­gän­ge und rare Her­künf­te. Dabei zählt Grand Cru Sel­ect nicht unbe­dingt zu den öko­no­misch größ­ten Play­ern auf dem deut­schen Markt. Als Seis­mo­graph fürs Top-Segment ist das Unter­neh­men jedoch weit­ge­hend kon­kur­renz­los. Die­se Kom­pe­tenz fin­det ihren Aus­druck im Exklu­siv­ver­trieb eini­ger Spit­zen­wei­ne: von Cham­pa­gne Bol­lin­ger, Ceret­to aus dem Pie­mont sowie dem Kult-Pomerol Châ­teau Laf­leur. Seit Herbst 2009 ist Tho­mas Hän­le – ehe­mals Ver­triebs­di­rek­tor bei Ruin­art Deutsch­land – Geschäfts­füh­rer und Mit-Gesellschafter des Unter­neh­mens, des­sen zwei­ter Gesell­schaf­ter die aufs Pri­vat­kun­den­ge­schäft spe­zia­li­sier­te Fir­ma Wein­art ist.

Thomas Hänle, Geschäftsführer Grand Cru Select

Wel­che Wei­ne Ihres Sor­ti­ments waren im Jahr 2010 am erfolgreichsten?

  • Cham­pa­gne Bol­lin­ger Spe­cial Cuvée
  • Lang­lois Cha­teau  Cré­mant de Loire
  • Chan­son Père & Fils-Bourgogne Bour­go­gne Pinot Noir

Wel­che Grün­de sehen Sie für den Erfolg die­ser Wei­ne als aus­schlag­ge­bend an?

Alle drei Wei­ne haben etwas gemein­sam, wie übri­gens der größ­te Teil unse­res Sor­ti­ments: Sie stam­men aus Familien- und Inhaber-geführten Gütern, in denen die Pas­si­on zum Wein an ers­ter Stel­le steht. In sol­chen Betrie­ben gibt es nur eine Maxi­me: die Pro­duk­te stän­dig zu verbessern.
Zum Bei­spiel Bol­lin­ger: Die Fami­lie hat in den letz­ten Jah­ren in die Erwei­te­rung der eige­nen Reb­flä­che inves­tiert. Zugleich bewahrt man aber auch im Kel­ler die essen­ti­el­len Tech­ni­ken der Cham­pa­gner­pro­duk­ti­on, bei­spiels­wei­se die Pfle­ge des immensen Stocks an Réser­ve­wei­nen. In 300.000 Magnum­fla­schen rei­fen bei Bol­lin­ger Réser­ve­wei­ne unter Natur­kork! Ange­sichts eines solch seriö­sen Qua­li­täts­stre­bens ist es kein Wun­der, dass der Kreis der Lieb­ha­ber kon­ti­nu­ier­lich wächst. Im Jahr 2010 konn­ten wir in Deutsch­land gegen­über dem Vor­jahr ein Volu­men­wachs­tum von 40 Pro­zent generieren.

Eben­falls zu Bol­lin­ger gehö­ren auch die Cré­mants von Lang­lois Cha­teau und die Bur­gun­der von Chan­son. Bei­de Häu­ser bie­ten ein sehr attrak­ti­ves Preis-Leistungs-Verhältnis und ste­hen für Ver­läss­lich­keit: Lang­lois Cha­teau kauft, anders als man­che Mit­be­wer­ber, kei­ne Wei­ne außer­halb der Loire für die Cré­mant­be­rei­tung zu, son­dern ver­ar­bei­tet aus­schließ­lich Trau­ben mit geschütz­ter Herkunftsbezeichnung.

Von wel­chen Wei­nen hät­ten Sie sich mehr erwartet?

Größ­ten­teils sind wir sehr zufrie­den, doch das mitt­le­re Preis­seg­ment bei Bor­deaux ist hin­ter unse­ren Erwar­tun­gen zurück geblie­ben. Sowohl Ein­stiegs­qua­li­tä­ten als auch Top-Segment lau­fen jedoch sehr gut.

Wel­che Rebsorte(n) und/oder wel­che Region(en) sind dabei, an Popu­la­ri­tät zu gewinnen?

Die Cham­pa­gne ist für uns eine der zur­zeit inter­es­san­tes­ten Wein-Regionen. Wir spre­chen ganz bewusst von Wein, denn wohl­ge­merkt guter Cham­pa­gner wird zuneh­mend nicht nur als „Luxus­brau­se“ betrach­tet, son­dern eta­bliert sich mehr und mehr neben dem klas­si­schen Ape­ri­tif auch als respek­tier­ter Wein. Inter­es­sant ist auch die Ent­wick­lung in Bur­gund. Frü­her war die Zahl der Domä­nen, die kon­ti­nu­ier­lich über­durch­schnitt­li­che Wei­ne her­vor­brach­ten, recht über­schau­bar. Der Wein­freund hat das mit der ange­brach­ten Zurück­hal­tung quit­tiert. Inzwi­schen hat sich aber neben den Klas­si­kern – nen­nen wir: Armand Rous­se­au, Mar­quis d’Angerville und Eti­en­ne Sau­zet – eine jun­ge Gene­ra­ti­on von Win­zern eta­bliert. Einer ihrer Vor­rei­ter ist Jean-Nicolas Méo. Und auch die Han­dels­häu­ser sind bes­ser gewor­den, bei­spiel­wei­se – wie schon oben erwähnt – Chan­son. Ganz deut­lich wird die­ser Qua­li­täts­schub bei den Ein­stiegs­qua­li­tä­ten. Nie hat man so vie­le gute Bur­gun­der zu mode­ra­ten Prei­sen fin­den können.

Und wel­ches Preis­seg­ment ver­liert an Boden?

Wie schon oben gesagt, hat das Mit­tel­preis­seg­ment nach­ge­las­sen. Es gibt aber auch einen zwei­ten Effekt: Ein­deu­tig ist der Kon­su­ment heu­te wesent­lich auf­ge­klär­ter und erfah­re­ner. Er ist in der Lage, einen Wein nach sei­nem Geschmack zu beur­tei­len und für sich aus­zu­wäh­len. Das heißt, dass er durch­aus bereit ist, einen hohen Preis aus­zu­ge­ben, wenn der Wein ihn mit ent­spre­chen­dem Genuss zurück­zahlt. Doch wo der spe­ku­la­ti­ve Anteil oder die Ver­zer­rung durch die neu­en Märk­te zu groß wird, da stei­gen die Wein­lieb­ha­ber immer häu­fi­ger aus.

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