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Große Gewächse 2013: Riesling Mosel top, Silvaner Franken supi

Fangen wir mit der Mosel an: Nur wenige GG wurden in diesem Jahr präsentiert. Es fehlten Van Volxem, St. Urbanshof, Willi Schäfer, Peter Lauer, Reichsgraf von Kesselstatt, Schloss Lieser, von Hövel, Zilliken – um nur die Wichtigsten zu nennen. Teils hatten sie nicht angestellt (z. B. Reichsgraf von Kesselstatt), teils gar keine GG abgefüllt (z. B. Zilliken). Der Grund für das Auslassen des Jahrgangs ist, dass der sowieso umstrittene trockene Moseltyp in 2013 – salopp gesagt – nicht richtig funktioniert hat. Bei Zilliken und anderen liegen die Restzucker-Gehalte im halbtrockenen und feinherben Bereich, was den Weinen zwar Spiel und Spannung beschert haben dürfte, aber dazu geführt hat, dass die besten als „Große Lage“ und nicht als „Großes Gewächs“ auf den Markt kommen werden (oder schon gekommen sind).

Der Jahrgang reicht von sehr gut bis schwach

Weingut Fritz Haag an der MoselDamit sind wir beim Jahrgang. 2013 war sicher kein schlechter, aber ein schwieriger Jahrgang. Ein nicht enden wollender Winter, ein später Austrieb, ein kühles, nasses Frühjahr, das die Blüte stark verzögerte, dann ein warmer, sonniger Sommer, aber im September setzte wieder Regen ein, der sich bis tief in den Oktober hineinzog. Fäulnis breitete sich aus. Viele Trauben mussten notgelesen werden. Fazit: Qualität  von sehr gut bis schwach. Quantität so gering wie zuletzt 1981.

Vollreifes, gesundes Lesegut fand man vorzugsweise in alten Anlagen mit widerstandsfähigen Rebstöcken. Die aber sind rar. Normalerweise musste penibel ausgelesen werden, um ein GG ernten zu können. Bei den GG 2013 zeigt sich, dass die Säuren wesentlich ruppiger und keinesfalls so weich und weinig sind wie in 2012 und 2011. Einen Vergleich mit diesen Jahrgängen, insbesondere mit 2011, hält der Jahrgang 2013 nicht stand. Die Winzer an der Mosel haben allerdings die Möglichkeit, mit höheren Restzuckergehalten zu arbeiten, auch im trockenen Bereich. Das hat es möglich gemacht, auch in diesem Jahr trotz kleiner Unzulänglichkeiten sehr gute Qualitäten auf die Flasche zu bringen.


Riesling Mosel: die Großen Gewächse 2013


OrtLageWeingutCharakterisierungPunkte
BraunebergJuffer-SonnenuhrFritz HaagÄußerst feinfruchtig, hochmineralisch, geschliffene Säure: grandioses GG, noch lange nicht da, wo es mal hinkommen wird.94
ErdenPrälatDr. LoosenHochkomplex, vielschichtig, Orangenblüten und Apfel, in sich sehr stimmig, toller Wein.94
WinningenUhlen „Blaufüßer Lay“Heymann-LöwensteinVerspielt-blumig in der Nase, hochmineralisch, sehr reduktiv, kohlensäurefrisch.93
WinningenUhlen „Laubach“Heymann-LöwensteinVollmundig, reif, üppig, neben Zitrus- auch Aprikosen- und Grapefruitnoten, etwas restsüßer als die anderen: „alter“ Heymann-Stil.93
BraunebergJufferFritz HaagViel Pfirsich, etwas Orange, feine Schiefernoten: reicher, überschwänglicher Riesling, begeisternd.93
PiesportGoldtröpfchenReinhold HaartKompakter, kräftiger Wein, zarte Frucht mit vielen Nuancen, schiefrige Säure, eingebettet in Extrakt, grandios.93
WinningenRöttgenHeymann-LöwensteinExtrem mineralischer Wein, sehr trocken, entsprechend filigran wirkend, anspruchsvoll, stilistisch gewagt.92
ErdenTreppchenDr. LoosenExotische Terroirprägung, Mandarinenton, gut fundiert, Mosel at ist best.92
PünderichMarienburg „Fahrlay“Clemens BuschSäure etwas roh, aber durch Extrakt gut abgepuffert: spannender, sehr spezieller Riesling mit wenig Restsüße.92
WintrichOhligsbergReinhold HaartVon Schiefernoten geprägter, noch verschlossener Wein, vornehm-diskret, aber vermutlich ein Riese, wenn er mal „auspackt“.92
EitelsbachKarthäuserhofbergKarthäuserhofFast puristisch, schmal, aber geschmeidig, filigrane Frucht, salzig: derzeit noch ein „sleeper“.92
PünderichMarienburg „Falkenlay“Clemens Busch„Versöhnliche“ Variante dieses biodynamischen Erzeugers: mit Restsüße, vielschichtig, schön.92
HatzenportKirchbergHeymann-LöwensteinFeiner Schieferduft, glockenreine Rieslingfrucht, zarte Würze, donnernde Säure: toller Wein.91
GraachHimmelreichDr. LoosenTougher, schnörkelloser Riesling, Schiefer-geprägt, mineralisch-tief, guter Spannungsbogen.91
WehlenSonnenuhrGeheimrat J. WegelerSeidige Stofffülle, packende Säure, etwas ungeschliffene Frucht: packendes, aber etwas rustikales GG.91
BernkastelLayDr. LoosenGut aufgebauter Wein mit perfekt verschmolzener Säure, reife Beere, ausdrucksstark, suggestiv.91
PünderichMarienburg „Rothenpfad“Clemens BuschViel grüner Apfel, leicht schotig, packende Säure, nahezu durchgegoren: schwieriger, aber hochklassigter Wein.90
ÜrzigWürzgartenDr. LoosenSpielerisch-leicht bei trotzdem guter Subsanz, kräuterwürzig, aromenstark.90
WehlenSonnenuhrDr. LoosenExotische Fruchtnuancen, tiefe Schieferprägung, harmonische Restsüße: aus einem Guss.90
PünderichMarienburgClemens BuschErdig, feinmineralisch, moderat stoffig, nicht das ganz große, aber ein sehr gut gelungenes GG.89
BernkastelDoctorWwe. Dr. H. Thanisch, Erben ThanischFür ein GG etwas schmal anglegt, dennoch ein sehr lebendiger, hochmineralischer Wein, herzhaft, kernig.89
BernkastelDoctorGeheimrat J. WegelerKräftiger, kräuterwürziger Wein mit etwas bonbonhafter Frucht, schöne Schiefernoten, klassisch.89
KanzemAltenbergvon OthegravenMineralisch schlanker Wein, durch Restsüße voller wirkend: Man hat schon bessere GG vom Altenberg gesehen.89
WehlenSonnenuhrS. A. Prüm„Molliger“ Riesling mit überraschend milder Säure, sehr rund, fast gefällig, fällt aus dem Rahmen.88
LeiwenLaurentiuslayGrans-FassianGut gewachsen mit herzhafter Säure und kerniger Frucht, solide.88
OckfenBocksteinvon OthegravenDisziplinierte Fülle, ohne Fehl und Tadel, aber auch ohne große Höhepunkte, sehr verhalten, abwarten.88
DhronHofbergGrans-FassianIm Inneren wenig differenzierter, etwas unscharfer Wein, fehlt Spiel, fehlt Spannung.87
TrittenheimApothekeGrans-FassianAuseinanderstrebender Wein mit dropsiger Säure, unharmonischer Restsüße, suboptimal.87

 

Weinlese in FrankenAuch in Franken gab 2013 die Natur den Ton an. Die Lese begann durchweg zwei Wochen später als sonst. Trotzdem sind die Säuren höher und pikanter als in sogenannten normalen Jahren. Dafür sind die Alkoholgehalte geringer, was gerade beim Silvaner, der dazu neigt, breit und fett zu werden, wohltuende Ergebnisse zeitigte. So gesehen hat der schwierige Klimaverlauf beim Silvaner letztlich zu guten Resultaten geführt. Die Weine sind zwar säurestark, verursachen aber keine „Schmerzen“ wie teilweise in 2010.

Moderne und traditionelle Stilistik

Im Gegenteil. Die besten Silvaner sind von einer kühlen Mineralik geprägt, die hervorragende Prognosen für Langlebigkeit bei andauernder Frische erlaubt. So ist die Zahl der GG, die sich auf die rassige, elegante Seite schlagen, wie sie in den letzten Jahren vor allem von dem jungen Paul Weltner kultiviert wurde, deutlich gestiegen. Besonders das Bürgerspital sticht in dieser Hinsicht heraus. Aber auch Schmitts Kinder, deren Silvaner durch eine kleine Restsüße oft ins „Mollige“ tendierten, zeigen sich in 2013 straff, elegant und mineralisch-trocken. Auf der anderen Seite steht das Juliusspital, das reiche, kompakte Silvaner präsentiert, die aber nie in die Breite gehen. Das Beispiel zeigt, dass sich mit dieser „traditionellen“ Stilistik ebenfalls hervorragende Weine erzeugen lassen.

Leider fehlten eine Reihe von namhaften fränkischen Weingütern bei der „Vorpremiere“ der GG in Wiesbaden: Bickel-Stumpf, Ruck, Rainer Sauer, Störrlein und Rudolf Fürst zum Beispiel. Einige haben keine GG vom Silvaner erzeugt. Doch andere haben großartige Qualitäten auf der Flasche. Schade, dass sie nicht zum Ausschank kamen.


Silvaner Franken: die Großen Gewächse 2013


OrtLageWeingutCharakterisierungPunkte
RödelseeKüchenmeister „Hoheleite“WeltnerDeutlich „zurückgenommener“, sparsamer Wein, puristisch ohne Arabesken, aber vielen Bodentönen, lebendige, herzhafte Säure: eigene Stilistik.93
WürzburgStein-HarfeBürgerspital zum Hl. GeistStraff und fast puristisch schlank, zarte vegetale und mineralische Noten, leicht phenolisch, derzeit nicht sehr suggestiv, aber langfristig eine Bank.93
IphofenJulius-Echter-BergJuliusspital WürzburgHochkomplexer, stoffiger Wein, schöne Säure, starke Gipskeuper-Noten, gut ausbalanciert, spannend.93
HomburgKallmuthFürst LöwensteinDer stoffigste, körperreichste Silvaner von allen: hochmineralisch, von weiniger Säure durchzogen, höchst respektabler, einzigartiger Wein.92
Escherndorfam LumpenHorst SauerAnspruchsvoller, stark mineralisch geprägter Wein, nasser Kiesel, frischer Sellerie, grüner Apfel, sehr fein, aber auch sehr speziell.92
Escherndorfam LumpenMichael FröhlichDicht gewobener, sehniger Silvaner, glasklare, gesunde Frucht, Schalentannin, herzhafte Säure: große Zukunft.92
StettenSteinAm Stein, Ludwig KnollDicht, straff, aber nicht fett, viel gelbe Frucht, aber auch vegetale Noten, von kräftiger, aber reife Säure durchzogen, viel Spiel: höchst gelungener Wein.92
WürzburgSteinBürgerspital zum Hl. GeistModerat voller, sehr präziser Silvaner, glockenreine Frucht, elegante Säurenote: geschliffen, elegant, leicht mineralisch.92
WürzburgSteinJuliusspital WürzburgÜppig, sehr reife Beere, goldgelber Schimmer, viel Extrakt, dazu starke Mineralik: toller Wein.91
RandersackerPfülbenSchmitt’s KinderEher schlanker, geschmeidiger Wein mit karger Frucht und ausgeprägten mineralischen Noten, fast trocken.91
SulzfeldMaustalZehnthof LuckertÜberaus voller, fast opulenter Wein, satte Frucht, rassige Säure, sehr trocken: tougher, fordernder Wein.91
IphofenJulius-Echter-BergHans WirschingGut gebauter, sehr stoffiger Wein, saubere Frucht mit vielen Nuancen, herzhafte Säure, aber wenig mineralische Würze.90
IphofenJulius-Echter-Berg “Im Frohntal”Johann ArnoldSchmalzig-fruchtiger Silvaner, viel mineralische Würze, delikat, ohne Ecken und Kanten, aber auch ohne große Spannung.89
ThüngersheimRothlaufRudolf MayWeich, schmalzig, mit frischen Zitrus- und Papayanoten, im Hintergrund scheint eine feine Mineralik durch: insgesamt viel Subzanz, aber wenig Finesse.89
WürzburgSteinStaatlicher Hofkeller WürzburgModerat voller, geschmeidiger Wein, ausgewogen, rund mit eigenwilliger Bittermandel-Prägung, gut, aber doch etwas brav.89
IphofenKronsbergHans WirschingKlassischer, harmonischer „Mittelweg“-Wein, weder fett noch mager, weder behäbig noch spielerisch, insgesamt mehr Charme als Profil, brav.89
CastellSchlossbergFürstlich Castell’sches DomänenamtRoutinierter, stilistisch konventioneller Wein, frische- und fruchtbetont bei guter Substanz, im Hintergrund Bodentöne, solide.89
WürzburgInnere LeisteStaatlicher Hofkeller WürzburgBraver, gefälliger Wein, ohne Fehl und Tadel, stilistisch jedoch bieder.88
Escherndorfam LumpenZur SchwaneKörperreich, fast fett, allerdings nicht homogen, rohe Säure, extraktsüsse Frucht, etwas auseinanderstrebend.88
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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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