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Große Gewächse 2012: Frankens Silvaner olé!

von weinkenner

Ausgezeichneter Silvaner-Jahrgang in Franken

2012 war in Franken ein ausgezeichneter Silvaner-Jahrgang. Trotzdem kann man beobachten, dass die Silvaner oft ein bisschen von oben herab betrachtet werden – jedenfalls von der Weinkritik. Zu Unrecht. Denn die Weine haben es in sich: Oftmals zeigen sie mit ihrem Schmelz und ihrer Fülle, ihren mineralisch-vegetabilen Noten einen ausgeprägten Sorten- und Herkunftscharakter.

An Eleganz gewonnen

Silvaner wächst in Franken auf Muschelkalk (Würzburg), Gipskeuper (Steigerwald) oder Buntsandstein (Bürgstadt). Dieser Untergrund gibt den Weinen mehr oder minder ausgeprägte mineralische Noten mit. Sie sind hervorragende Essensbegleiter, einmal wegen ihrer bekömmlichen Säure, zum anderen wegen ihrer trockenen Geschmacksstilistik. Auch wenn hochgrädige Silvaner manchmal noch durch üppige Alkoholgehalte und eine kräftige, bisweilen fast schon ölige Art auffallen, die nach deftigen Gerichten verlangt, so bleibt doch zu festzuhalten, dass die Spitzen-Silvaner zunehmend an Eleganz und Schliff gewinnen.

Ideale Witterungsbedingungen in 2012

Der Witterungsverlauf in Franken bot 2012 ideale Bedingungen für das langsame Ausreifen der Sorte: Ein warmer Spätsommer und ein goldener Oktober mit kühlen Nächten machte lange Hangzeiten und eine entspannte Lese möglich. Sie bescherten den Winzern lockerbeerige, gesunde Trauben mit hohen Mostgewichten.

Das Ergebnis lässt sich wirklich sehen. Silvaner ist mehr als nur eine Alternative zum Riesling, Die Weine zeigen einen ganz eigenständigen Charakter mit teils wunderbar mineralisch-würzigen Noten, insbesondere jene Silvaner, die auf Muschelkalk oder Gipskeuper-Böden gewachsen sind.

Giuseppe Lauria ist Kommunikationsberater und Weinjournalist in Wiesbaden. Für den Gault Millau-Weinführer betreut er den Rheingau.

Die Weine

Gemeinde Lage Weingut Charakterisierung Punkte
Escherndorf Im Lump Horst Sauer Herrlich animierendes, klares Bouquet, sehr fein und nuanciert mit frischer Birne und feinwürzigem Kräuter-Touch. Feinsaftiger, leicht salzig-mineralischer Schmelz, wieder frische Kräuter, eleganter, fast schon leichtfüßiger Trinkfluss, präzise verwoben, ausgezeichnete Balance und bereitet jetzt schon großes Trinkvergnügen. 92+
Sulzfeld Maustal Zehnthof Luckert Wunderbar verspieltes Bouquet mit kräutrigen und pikanten Noten von gelben Früchten. Am Gaumen ungemein präzise, klar und elegant mit delikater Frucht, pikanter Säure und einer sehr feinen mineralischen Ader, die den langen Abgang begleitet. Ein wunderbar ausgewogener, in sich ruhender Silvaner, der ob seiner unaufdringlichen Eleganz überrascht. 91+
Würzburg Stein Bürgerspital zum Hl. Geist Komplex-rauchiges Bouquet mit herrlich reifen Nuancen von gelben und exotischen Früchten, dazu ein Touch Williamsbirne und kandierte Aprikose. Mit Luft steigen deutlich mineralisch-steinige Anklänge auf, die sich im saftigen und dichten Schmelz wiederfinden. Wunderbar kontrastiert wird der süßlich-würzige Schmelz von einer pikanten, trinkanimierenden Säure, die er aber braucht, um die enorme Fülle zu bändigen. 91
Würzburg Stein Juliusspital Würzburg Im Bouquet hochreife Frucht mit teils kandierten und vegetabil-nussigen Anklängen, die sich im dicht verwobenen Schmelz wiederfinden. Ein substanzreiches Kraftpaket mit Manieren, klarer Frucht, viel Würze und guter Länge. Wunderbar zu einem cremig inspirierten Essen. 91
Würzburg Stein-Harfe Bürgerspital zum Hl. Geist Vegetabile Noten mit mineralisch unterlegter Gelbfrucht und erdige Nuancen. Am Gaumen dicht und kompakt, leicht nussig-vegetabiler Schmelz mit feiner Frucht, viel Stoff und Kraft im Glas. 91
Homburg Kallmuth Fürst Löwenstein Offenes Bouquet mit herzhafter Frucht mit Anklängen von süßlicher, reifer und exotischer Frucht mit einem Hauch reifer Banane und feine, hefige Anklänge. Vollmundiger, schmelziger Trinkfluss, durchaus komplex mit vom Muschelkalk geprägter mineralisch-salziger Note, die den langen Abgang begleitet. 90+
Würzburg Stein-Harfe Bürgerspital zum Hl. Geist Aus dem Filetstück innerhalb der Großlage Stein: Intensives, mineralisch unterlegtes Bouquet mit Apfel und Nuancen reifer Gelbfrucht. Geschliffene Fülle am Gaumen mit feinwürziger Ader, dabei wunderbar klar, gut eingebundener Alkohol, feinste Cremigkeit und wunderbar langes, würzig unterlegtes Finish. 90+
Rödelsee Küchenmeister „Hoheleite“ Weltner Zeigt sich anfangs etwas unnahbar mit recht verschlossenem Bouquet, am ehesten noch erdig-mineralisch. Mit Luft tief und schnörkellos wirkend mit schlankem, elegantem Kern und zartem Schmelz, in dem sich herb-gelbe Früchte wiederfinden. Sehr trocken, kompromissloser, fast schon rauer Stil. Eine Nachverkostung hat gezeigt, dass er erst mit Zeit und Luft zulegt! 90+
Castell Schlossberg Fürstlich Castell’sches Domänenamt Dieser im Stückfass spontan angegorener Silvaner präsentiert sich mit offenherziger, zartschmelziger Frucht, feiner Williamsbirne und Mirabelle. Am schmelzig dichten Gaumen zeigen sich kräuterwürzige und vom Gipskeuper an Kreide erinnernde Noten. Straff und gut strukturierte, gebündelte Fülle, die auch Lust auf ein zweites Glas macht. 90+
Iphofen Julius-Echter-Berg Juliusspital Würzburg Intensiv-ausladendes Bouquet mit expressiver Frucht. Reife Birnen und Aprikosen in Hülle und Fülle. Breit angelegt, aber mit sichtbaren Konturen. Dicht und fest gewoben präsentiert er sich am Gaumen, schwergewichtig. Wunderbar saftig, fast schon mit schmatzendem Schmelz, dabei aber auch mit einer Spannung gebenden würzigen Ader und etwas warm (Alkohol) im Abgang. 90
Iphofen Julius-Echter-Berg Hans Wirsching Herrliches Bouquet mit verspielten Kräuter- und Gelbfrucht-Noten, auch ätherische Anklänge wie Minze. Am Gaumen trotz der Statur erstaunlich feingliedrig mit feiner Säurestruktur und ätherischer Frische. Ein Muskelpaket im Zwirn. 90
Frickenhausen Mönchshof Bickel-Stumpf Rauchiges, leicht reduktives Bouquet mit kühl-mineralischen und noch leicht hefigen Noten mit feinen Eichenanklängen vom kleinen Holzfass. Am Gaumen dicht und schmelzig, wieder rauchige Noten, etwas Tabak und kräutrige Nuancen. Ein eigenwilliger Langläufer! 89+
Iphofen Julius-Echter-Berg „Im Frohntal“ Johann Arnold Wunderbar klares, reintöniges, eher noch zurückhaltendes Bouquet mit fest umrissener Frucht. Sehr ausgewogener Trinkfluss mit guter Balance und feinwürziger Ader, sehr klassisch in der Anmutung, langes Finish. 89+
Randersacker Pfülben Schmitt’s Kinder Kühles Bouquet mit würzig-kräutrigen Noten mit angedeuteter Mineralik. Am Gaumen klar strukturiert, feinsaftige Frucht im gut ausgewogenen Schmelz, der wieder von einer kräutrigen Ader und einer fein verwobenen Säure durchzogen wird. 89
Iphofen Kronsberg Hans Wirsching Anfangs sehr zurückhaltendes Bouquet mit hellgelben Frucht-Anklängen und ätherischen Noten. Feiner Schmelz am Gaumen gepaart mit mineralisch würzigen Noten und feiner Säure verleihen dem Wein am Gaumen Struktur und vielschichtige Nuancen, die mit Luft noch zulegen. 88+
Würzburg Stein Staatlicher Hofkeller Würzburg Vegetabile Noten mit mineralisch unterlegter Gelbfrucht und erdige Nuancen. Am Gaumen dicht und kompakt, leicht nussig-vegetabiler Schmelz mit feiner Frucht, viel Stoff und Kraft im Glas. 88+
Würzburg Innere Leiste Staatlicher Hofkeller Würzburg Im Bouquet hochreife Frucht mit teils kandierten und vegetabil-nussigen Anklängen, die sich im dicht verwobenen Schmelz wiederfinden. Ein voluminöses Kraftpaket mit gewisser Länge und Wärme im Abgang. Braucht Essen, am besten auf Basis einer Sahne-Sauce. 88
Stetten Stein Am Stein, Ludwig Knoll Würzig-steiniges Bouquet mit klar gezeichneter Kernobstfrucht: Apfel, Birne. Am Gaumen schmelziger Kern mit süßlicher Frucht, wieder Kernobst, getragen von einer feinen Säure, etwas brav. 88
Volkach Ratsherr Zur Schwane Würziges, von der Spontangärung geprägtes Bouquet mit kühl-kräutrigen Nuancen, heimischen und gelben Früchten. Mineralisch geprägter Gaumen mit salzigen Anklängen, viel Schmelz und Fülle, die durch eine passende Säurestruktur gut getragen werden. 88
Escherndorf am Lumpen Michael Fröhlich Leicht reduktives Bouquet mit kräutrig-würzigen Noten, reife Birne, ein Hauch Banane und ätherische Noten. Am Gaumen konsequent trocken, eher herb wirkend, aber nicht uninteressant, insgesamt etwas hart und kernig mit zartbitterer Note im Abgang. Braucht eventuell Zeit. 87+
Sommerhausen Steinbach Schloss Sommerhausen Attraktives Bouquet mit reifer Frucht. Auch am Gaumen eher moderne Stilistik mit saftigem Schmelz, aber lässt etwas an Tiefe und Komplexität missen. 86
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