Dienstag, September 17, 2024
8.8 C
München
spot_img

GG 2010 Württemberg und Baden: Zum eigenen Glück gezwungen

In Baden ist der Riesling lediglich eine Randerscheinung – außer in der Ortenau. Doch in 2010 kommen die besten Qualitäten nicht vor dort, sondern aus dem südlichen Teil des Anbaugebiets, vor allem vom Kaiserstuhl.

Während es in anderen Teilen Badens an Wärme fehlte, hatte der Breisgau zumindest in der letzten Phase des Herbstes ausreichend Sonne.

Baden: Viele haben auf Riesling verzichtet

Trotzdem haben auch im Breisgau nicht alle VDP-Güter ein Großes Gewächs vom Riesling auf die Flasche gebracht. Salwey und Bercher haben sich in weiser Voraussicht auf Weiß- beziehungsweise Grauburgunder beschränkt. Schloss Neuweier und Andreas Laible haben zwar Große Gewächse im Keller, hatten sie bei der Vorpemiere allerdings nicht angestellt. Die wenigen Güter mit Großen Gewächsen haben recht schlanke, deutlich säurebetonte Weine bekommen, die wegen der durchgegorenen Ausbauweise eine leichte Herbe und Rustikalität nicht verleugnen können.

Weingut Lage Degustation Punkte
Schlör Satzenberg zupackender, bissiger Riesling vom Buntsandstein, würzig, schlank, mit leicht rustikalem Einschlag 88
Dr. Heger Ihringer Winklerberg gut fundierter, mineralischer Riesling mit etwas apfeligen Aromen und pikanter Säure – nicht auf dem Niveau des Vorjahres 88
Staatsweingut Freiburg & Blankenhornsberg Schlossberg rauchig, fruchtig, gut integrierte Säure: nicht ohne Finesse, aqber nicht so differenziert wie sonst 88
Freiherr von und zu Franckenstein Neugesetz feinblumig, sauber, geschmeidig – aber etwas rohe Säure 87

Württemberg: klimatisch etwas günstger

In  Württemberg waren die klimatischen Voraussetzungen etwas günstiger. Schnaitmann und Aldinger aus Fellbach haben sich unter schwierigen Voraussetzungen zum eigenen Glück gezwungen und jetzt (nicht nur) beim Riesling hervorragende Große Gewächse im Keller. Gleiches gilt für den Grafen Neipperg im Leintal. Doch von diesen dreien abgesehen, haben auch andere württembergische VDP-Betriebe 2010 recht ansehliche, wenn  auch nicht das Niveau des Vorjahres erreichende Große Gewächse vom Riesling erzeugen können. Ihnen fehlt der Charme des 2009er-Jahrgangs. Dafür brillieren sie, sofern gelungen, mit einer reifen, knackigen Säure, die sie noch lange frisch halten wird – auch dann noch, wenn der Vorgänger-Jahrgang bereits müde wird.

Weingut Lage Degustation Punkte
Weingut des Grafen Neipperg Schlossberg feines Bouquet, elegante Textur, geschliffene Frucht – Chapeau! 89
Rainer Schnaitmann Götzenberg mineralisch-erdig mit geschliffener Frucht und subtiler Terroirnote: es knistert’s! 89
Gerhard Aldinger Lämmler kernig, saftig, bodenbetont: überraschend stoffiger Wein mit feinen Pfirsichnoten – fast wie aus einem Guss 89
Rainer Schnaitmann Lämmler feinduftig in der Nase, druckvoll am Gaumen, gewaltige Struktur 89
Fürst zu Hohenlohe Oehringen Verrenberg erdig-pikant, kräftig, (noch) nicht zusammengewachsen, eigener Charakter 88
Ernst Dautel Sonnenberg kein mitreissender, aber ein bedächtiger, gründlicher, durchgearbeiteter Riesling 88
Graf Adelmann Süßmund gediegener, eleganter Wein mit gutem Trinkfluss, geschmeidig, fast schwebend, ohne allerdings zu ganz großen Höhen emporsteigend 88
Gerhard Aldinger Gips „Marienglas“ kompakt, weich mit vielen Bodentönen, mineralisch-kerniger Wein mit gut integrierter, allerdings etwas apfeliger Säure 88
Jürgen Ellwanger Altenberg rassiger, gut ausbalancierter Wein, schon jetzt antrinkbar, ohne allerdings große Höhepunkte zu setzen 88
Wöhrwag Herzogenberg angenehm, leichtfüssig, unkompliziert, knapp ein Großes Gewächs 87
Karl Haidle Pulvermächer blumig, würzig, etwas breit: diesmal kein großer Wurf 87
Herzog von Württemberg Brotwasser herzhaft, schlank, ohne Ecken und Kanten, das Thema Großes Gewächs jedoch verfehlend 87
Herzog von Württemberg Eilfingerberg etwas rustikaler Wein mit unreifer Säure, trocken-herb 86
- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img

Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

Must know

- Anzeige -spot_img

Ähnliche Artikel

- Anzeige -spot_img