GG 2010 Württemberg und Baden: Zum eigenen Glück gezwungen

Württemberg und Baden sind in 2010 von der Sonne nicht gerade verwöhnt worden. Der Jahrgang hat nur knapp die Voraussetzungen für ein Großes Gewächs erfüllt – jedenfalls beim Riesling. Dennoch kommen aus dem Ländle einige sehr gelungene trockene Weißweine – vor allem vom Kaiserstuhl und aus Stuttgart. Von Jens Priewe

In Baden ist der Ries­ling ledig­lich eine Rand­er­schei­nung – außer in der Orten­au. Doch in 2010 kom­men die bes­ten Qua­li­tä­ten nicht vor dort, son­dern aus dem süd­li­chen Teil des Anbau­ge­biets, vor allem vom Kaiserstuhl.

Wäh­rend es in ande­ren Tei­len Badens an Wär­me fehl­te, hat­te der Breis­gau zumin­dest in der letz­ten Pha­se des Herbs­tes aus­rei­chend Sonne.

Baden: Viele haben auf Riesling verzichtet

Trotz­dem haben auch im Breis­gau nicht alle VDP-Güter ein Gro­ßes Gewächs vom Ries­ling auf die Fla­sche gebracht. Salw­ey und Ber­cher haben sich in wei­ser Vor­aus­sicht auf Weiß- bezie­hungs­wei­se Grau­bur­gun­der beschränkt. Schloss Neuwei­er und Andre­as Lai­b­le haben zwar Gro­ße Gewäch­se im Kel­ler, hat­ten sie bei der Vor­pe­mie­re aller­dings nicht ange­stellt. Die weni­gen Güter mit Gro­ßen Gewäch­sen haben recht schlan­ke, deut­lich säu­re­be­ton­te Wei­ne bekom­men, die wegen der durch­ge­go­re­nen Aus­bau­wei­se eine leich­te Her­be und Rus­ti­ka­li­tät nicht ver­leug­nen können.

Wein­gutLageDegus­ta­ti­onPunk­te
SchlörSatz­en­bergzupa­cken­der, bis­si­ger Ries­ling vom Bunt­sand­stein, wür­zig, schlank, mit leicht rus­ti­ka­lem Einschlag88
Dr. HegerIhrin­ger Winklerberggut fun­dier­ter, mine­ra­li­scher Ries­ling mit etwas apfel­i­gen Aro­men und pikan­ter Säu­re – nicht auf dem Niveau des Vorjahres88
Staats­wein­gut Frei­burg & BlankenhornsbergSchloss­bergrau­chig, fruch­tig, gut inte­grier­te Säu­re: nicht ohne Fines­se, aqber nicht so dif­fe­ren­ziert wie sonst88
Frei­herr von und zu FranckensteinNeu­ge­setzfein­blu­mig, sau­ber, geschmei­dig – aber etwas rohe Säure87

Württemberg: klimatisch etwas günstger

In  Würt­tem­berg waren die kli­ma­ti­schen Vor­aus­set­zun­gen etwas güns­ti­ger. Schnait­mann und Aldin­ger aus Fell­bach haben sich unter schwie­ri­gen Vor­aus­set­zun­gen zum eige­nen Glück gezwun­gen und jetzt (nicht nur) beim Ries­ling her­vor­ra­gen­de Gro­ße Gewäch­se im Kel­ler. Glei­ches gilt für den Gra­fen Neip­perg im Lein­tal. Doch von die­sen drei­en abge­se­hen, haben auch ande­re würt­tem­ber­gi­sche VDP-Betriebe 2010 recht anseh­li­che, wenn  auch nicht das Niveau des Vor­jah­res errei­chen­de Gro­ße Gewäch­se vom Ries­ling erzeu­gen kön­nen. Ihnen fehlt der Charme des 2009er-Jahrgangs. Dafür bril­lie­ren sie, sofern gelun­gen, mit einer rei­fen, kna­cki­gen Säu­re, die sie noch lan­ge frisch hal­ten wird – auch dann noch, wenn der Vorgänger-Jahrgang bereits müde wird.

Wein­gutLageDegus­ta­ti­onPunk­te
Wein­gut des Gra­fen NeippergSchloss­bergfei­nes Bou­quet, ele­gan­te Tex­tur, geschlif­fe­ne Frucht – Chapeau!89
Rai­ner SchnaitmannGöt­zen­bergmineralisch-erdig mit geschlif­fe­ner Frucht und sub­ti­ler Ter­ro­irn­o­te: es knistert’s!89
Ger­hard AldingerLämm­lerker­nig, saf­tig, boden­be­tont: über­ra­schend stof­fi­ger Wein mit fei­nen Pfir­sich­no­ten – fast wie aus einem Guss89
Rai­ner SchnaitmannLämm­lerfein­duf­tig in der Nase, druck­voll am Gau­men, gewal­ti­ge Struktur89
Fürst zu Hohen­lo­he OehringenVer­ren­bergerdig-pikant, kräf­tig, (noch) nicht zusam­men­ge­wach­sen, eige­ner Charakter88
Ernst Daut­elSon­nen­bergkein mit­reis­sen­der, aber ein bedäch­ti­ger, gründ­li­cher, durch­ge­ar­bei­te­ter Riesling88
Graf Adel­mannSüß­mundgedie­ge­ner, ele­gan­ter Wein mit gutem Trink­fluss, geschmei­dig, fast schwe­bend, ohne aller­dings zu ganz gro­ßen Höhen emporsteigend88
Ger­hard AldingerGips „Mari­en­glas“kom­pakt, weich mit vie­len Boden­tö­nen, mineralisch-kerniger Wein mit gut inte­grier­ter, aller­dings etwas apfel­i­ger Säure88
Jür­gen EllwangerAlten­bergras­si­ger, gut aus­ba­lan­cier­ter Wein, schon jetzt antrink­bar, ohne aller­dings gro­ße Höhe­punk­te zu setzen88
Wöhr­wagHer­zo­gen­bergange­nehm, leicht­füs­sig, unkom­pli­ziert, knapp ein Gro­ßes Gewächs87
Karl Haid­lePul­ver­mä­cherblu­mig, wür­zig, etwas breit: dies­mal kein gro­ßer Wurf87
Her­zog von WürttembergBrot­was­serherz­haft, schlank, ohne Ecken und Kan­ten, das The­ma Gro­ßes Gewächs jedoch verfehlend87
Her­zog von WürttembergEil­fin­ger­bergetwas rus­ti­ka­ler Wein mit unrei­fer Säu­re, trocken-herb86

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