Große Gewächse 2009: Rheingau, ein Wechselbad der Gefühle

Etikett 2009 Hattenheimer Wisselbrunnen Riesling
Im Rheingau stellt der Jahrgang 2009 für die Liebhaber hochklassiger trockener Rieslinge (die dort „Erstes Gewächs und nicht „Großes Gewächs“ heißen) eine Herausforderung dar. Er hält nämlich neben einigen großartigen viele mittelmäßige und enttäuschende Weine bereit. Glücklich wird nur, wer auswählt. Jens Priewe hat versucht, die Spreu vom Weizen zu trennen.

Kein leich­tes Jahr für den Rhein­gau nach dem gran­dio­sen Jahr­gang 2008. Die neu­en Ers­ten Gewäch­se sind durch­wegs voll­mun­dig, reich, teil­wei­se opu­lent. Aber es fehlt ihnen viel­fach der natür­li­che Schliff, der die Wei­ne im Vor­jahr aus­ge­zeich­net hat­te. Bei vie­len Wei­nen hat man den Ein­druck, als sei­en die Trau­ben nicht streng genug aus­ge­le­sen wor­den. Ande­re Wei­ne zei­gen auf­fäl­li­ge Noten von Koch­ap­fel: ein Wech­sel­bad der Gefüh­le, durch das der Ver­kos­ter geht, der den gan­zen Jahr­gang querprobiert.

Bei der Vor­pre­mie­re, die Ende August in der Kur­hal­le in Wies­ba­den statt­fand, wur­de nur ein Teil der Ers­ten Gewäch­se prä­sen­tiert (der Rhein­gau ist das ein­zi­ge deut­sche Anbau­ge­biet, in dem die Lagen­klas­si­fi­zie­rung eine gesetz­li­che Grund­la­ge hat; daher hei­ßen die Wei­ne dort nicht „Gro­ße“, son­dern „Ers­te“ Gewäch­se). Eini­ge Betrie­be haben nur einen Wein oder zwei Wei­ne ange­stellt, eini­ge waren gar nicht ver­tre­ten (z.B. Leitz, Querbach).

Von den 52 ange­stell­ten Wei­nen waren vie­le sind unaus­ge­wo­gen und in sich unstim­mig. Nicht weni­ge kom­pen­sier­ten Fein­heit durch erhöh­te Rest­sü­ße – eine Ent­wick­lung, die schon in den letz­ten Jah­ren zu beob­ach­ten war und offen­bar unge­bro­chen wei­ter geht. Man­chem Wein, der als Ers­tes Gewächs vor­ge­se­hen war, blieb wegen zu hohen Rest­zu­ckers (Gren­ze: 9 gr/Liter) die Aner­ken­nung ver­sagt. Viel­leicht machen es sich man­che Rhein­gau­er zu einfach,

Trotz­dem bie­tet der Jahr­gang 2009 wie­der über­zeu­gen­de Qua­li­tä­ten im tro­cke­nen Bereich, auch wenn die­se mei­ner Mei­nung nach in der Spit­ze nicht ganz die Qua­li­tä­ten des Vor­jah­res erreicht wer­den. Die Wei­ne der Künst­ler, Kes­se­ler, Weil und Spreit­zer sind wie­der ein­mal unta­de­lig. Bei Schloß Schön­born grei­fen end­lich die qua­li­täts­ver­bes­sern­den Maß­nah­men, die Peter Barth, der Guts­di­rek­tor vor eini­gen Jah­ren schon ergrif­fen hat. Deut­lich ver­bes­sert zei­gen sich die Wei­ne von Prinz von Hes­sen (der bei der Vor­pre­mie­re nur den Jesui­ten­gar­ten vor­ge­stellt hat). Wie­der über­zeu­gend sind auch die Wei­ne von Lang­werth von Simmern.

Die größ­te Über­ra­schung aber stel­len die vier Ers­ten Gewäch­se der Georg-Müller -Stif­tung dar. Was Peter Win­ter und sein jun­ger Guts­ver­wal­ter Alf Ewald in 2009 auf die Bei­ne gestellt haben, ist mehr als bemer­kens­wert: Wei­ne mit Spiel, Schliff und deut­li­cher Boden­prä­gung, die nicht nur Spaß machen zu trin­ken, son­dern die auch die Idee der Ers­ten Lage vor­bild­lich transportieren.

Rheingau Erstes Gewächs 2009

Wein­gutGemein­de und Ers­te LageCha­rak­te­ris­tikPunk­teCa. Preis
Josef Spreit­zerHat­ten­heim, Wisselbrunnenbis in die Fasern durch­ge­ar­bei­te­ter, fast cre­mi­ger Wein mit einer spek­ta­ku­lä­ren Säu­re: tol­ler, (fast) tro­cke­ner Ries­ling von gro­ßer Klasse9220,00 €
Georg Mül­ler StiftungHat­ten­heim, WisselbrunnenDezen­te Frucht, rauchig-mineralische Boden­prä­gung, ele­gan­te Ter­ro­irn­o­te: ein tol­ler Wein, der im Gedächt­nis bleibt.9219,50 €
Schloss Schön­bornHat­ten­heim, PfaffenbergMode­ra­te Fül­le, unauf­dring­li­che Frucht, mit­reis­sen­de Säu­re: höchst respek­ta­bler, fei­ner Wein mit viel Stoff9122,00 €
Künst­lerHoch­heim, KirchenstückErdig-würzig, mit vege­ta­bi­ler Note, gleich­zei­tig seh­nig und tief, rela­tiv tro­cken: ist noch sehr weit zurück, ver­spricht aber viel9124,90 €
Josef Spreit­zerOestrich, Len­chen “Rosen­gar­ten”Wei­cher, hin­ter­grün­di­ger Ries­ling mit vie­len Facet­ten, fein abge­stimm­te Säu­re, zar­ter Schmelz, Apri­ko­sen, Oran­gen, Tee­blü­ten: ein außer­or­dent­li­cher Wein9119,50 €
Johan­nis­hofRüdes­heim, Berg RottlandEtwas zu par­fü­mier­ter, ansons­ten aber fei­ner, geschlif­fe­ner Wein, viel rei­fe Wil­liams­bir­ne, Gewürz­no­ten bis hin zu Zimt und Nel­ken: meisterhaft9129,90 €
August Kes­se­lerRüdes­heim, Berg Schlossberg„mol­li­ger“ Wein mit rei­fer Bee­re, Apri­ko­se, dazu ein Hauch von Ana­nas, wei­che, rei­fe Säu­re: gewich­ti­ger Wein, der trotz­dem spie­le­risch leicht über den Gau­men läuft9134,00 €
Robert WeilKied­rich, GräfenbergMineralisch-zartfruchtig am Gau­men, floreal-würzig im Duft, raf­fi­nier­tes Spiel: kein üppi­ger, son­dern ein straf­fer, sehr prä­zi­ser Wein mit gro­ßer Lebenserwartung90-9234,50 €
Künst­lerHoch­heim, Hölle-SommerheilKer­nig, tief, gleich­zei­tig fein abge­stimmt und gut aus­ba­lan­ciert: begeis­tern­der, mineralisch-straffer Wein, schon jetzt antrinkbar90-9228,50 €
Georg Mül­ler StiftungHat­ten­heim, SchützenhausSat­te Frucht, üppi­ge Struk­tur, mil­de Säu­re: ein sehr stim­mi­ger, aus­blan­cier­ter Wein, der spie­le­risch leicht über den Gau­men läuft9019,50 €
Schloss Schön­bornRüdes­heim, Berg SchlossbergSehr stof­fi­ger, fast fül­li­ger Wein, edle Bee­re, gut abge­puf­fer­te Rest­sü­ße, opu­lent mit spür­ba­rer Restsüße9022,00 €
Künst­lerHoch­heim, HölleKom­pakt, gehalt­voll, dicht gewo­ben, hat Ecken und Kan­ten, aber auch viel Frucht­schmelz, Rest­sü­ße an der Obergrenze9024,90 €
Georg Mül­ler StiftungHat­ten­heim, SchützenhausSat­te Frucht, üppi­ge Struk­tur, mil­de Säu­re: ein sehr stim­mi­ger, aus­blan­cier­ter Wein, der spie­le­risch leicht über den Gau­men läuft9019,50 €
Georg Mül­ler StiftungHat­ten­heim, HasselZart­wür­zig, dezent, mit fei­ner mine­ra­li­scher Note: sehr sen­si­bler, aber begeis­tern­der Wein für die Lieb­ha­ber fei­ner Zwischentöne89-9119,50 €
August Kes­se­lerRüdes­heim, Berg RoseneckEher schlank gehal­te­ner Wein mit glo­cken­rei­ner Frucht und rei­fer Säu­re, gute Balan­ce: noch ver­hal­ten, aber bes­te Prognose8929,75 €
Schloss Schön­bornErbach, Mar­co­brunnVer­hal­te­ne Frucht, erdi­ge Ter­ro­irn­o­te, fei­ne Bee­re: noch unent­wi­ckel­ter, ten­den­zi­ell jedoch ele­gan­ter Wein8927,50 €
Prinz von HessenWin­kel, JesuitengartenGut gemach­ter, grad­li­ni­ger Wein, geschlif­fe­ne Frucht, cre­mi­ge Tex­tur, einschmeichelnd8922,50 €
Künst­lerKost­heim, Weiß ErdFacet­ten­reich, tief, ele­gant, kna­cki­ge Säu­re: spielerisch-feiner Wein, kein Blockbuster8924,00 €
Frei­herr Lang­werth von SimmernHat­ten­heim, WisselbrunnenSaf­tig, ras­sig, straff gewirkt: rei­fer Apfel mit Zitrus­no­ten, ausdrucksvoll8924,00 €
Domä­ne Schloss JohannisbergJoahn­nis­berg, Schloss JohannisbergerGut struk­tu­rier­ter, aber nicht opu­len­ter Wein, mine­ra­lisch geprägt, sehr elegant8936,50 €
Bal­tha­sar RessHat­ten­heim, NussbrunnenGeschlif­fe­ner Wein mit rei­fer Frucht, gleich­zei­tig aber hoher Säu­re: span­nungs­ge­la­de­ner, hoch­in­ter­es­san­ter Wein, bes­te Prognoosen8925,00 €
Schloss Schön­bornHoch­heim, DomdechaneyKer­nig, herz­haft, ein biss­chen unge­stüm: tra­di­tio­nel­ler Riesling-Typ, besitzt Sub­stanz und Potenzial8922,00 €
Hes­si­sche Staats­wein­gü­ter Klos­ter EberbachRau­en­thal, BaikenTie­fe, facet­ten­rei­che Nase, blumig-würzig, rei­fe Säu­re: ein breit ange­leg­ter, wuch­ti­ger Ries­ling von erheb­li­chem Gewicht8926,00 €
Joa­chim FlickWicker, Nonn­bergGeschmei­di­ger Wein mit bis­si­ger Ries­ling­säu­re, viel Spiel: gut gemacht8821,00 €
Graf von KanitzLorch, Pfaf­fen­wiesErdig-fruchtiger Wein mit hoher Säu­re, mineralisch-fest, durch Rest­sü­ße abgerundet8819,00 €
Graf von KanitzLorch, Kapel­len­bergViel­schich­tig, facet­ten­reich, mine­ra­li­scher Unter­ton: sehr fei­ner Tropfen8819,00 €
Fritz Allen­dorfWin­kel, HasensprungApfel, Zitrus­frucht, erdi­ge Wür­ze: zupa­cken­der, fast bis­si­ger Ries­ling, durch fei­ne Restü­ße schmerz­frei gehalten8819,00 €
Fried­rich FendelRüdes­heim, Berg RoseneckSehr blu­mig in der Nase, am Gau­men mit aus­ge­spro­chen wür­zi­ger Mus­kat­no­te: eigen­stän­di­ger Riesling8819,00 €
Frei­herr Lang­werth von SimmernErbach, Mar­co­brunnSau­ber, gehalt­voll, stof­fig: noch unent­wi­ckel­ter Wein, aber mit guter Pro­gno­se für die Zukunft8824,00 €
Frei­herr Lang­werth von SimmernHat­ten­heim, MannbergFei­ne Birnen- und Pfir­sich­frucht mit vege­ta­bi­len­Un­ter­tö­nen, dezen­te Boden­prä­gung, ras­si­ge Säu­re, die durch Restü­ße leicht abge­run­det wird8824,00 €
Diefenhardt’sches Wein­gutMar­tins­thal, LangenbergRei­fer Apfel, Pfirsch und vie­le Würz­nu­an­cen: kom­ple­xer, durch­ge­ar­bei­te­ter Wein mit vie­len Nuancen8816,50 €
Det­lev Rit­ter und Edler von Oeting­er – zum jun­gen OetingerErbach, Mar­co­brunnDezent fruch­ti­ger, zurück­hal­ten­der Wein, star­ke Ter­ro­irn­o­te, flein­glied­rig und zart: inter­es­san­ter, span­nungs­rei­cher Wein, gute Zukunft8824,90 €
BarthHat­ten­heim, HasselSaf­tig, fein­fruch­tig, schnör­kel­los, von einer kräf­ti­gen Säu­re geädert: eigen­wil­li­ger, aber gelun­ge­ner Riesling88
Bal­tha­sar RessRüdes­heim, Berg SchlossbergZitrus­fruch­tig mit küh­ler, ele­gan­ter Mine­ra­lik und leicht tro­pi­schen Frucht­no­ten: sehr ele­gan­ter Wein8825,00 €
August EserOestrich, Len­chenGut gebau­ter, facet­ten­rei­cher Wein mit Säu­re­schliff und Län­ge: erfreulich8817,20 €
PrinzHall­gar­ten, JungferRespek­ta­bler, sau­be­rer Wein mit Pfirsich- und Zitrus­no­ten: nicht auf­re­gend, aber sehr solide8721,00 €
Joa­chim FlickWicker, Mönchs­ge­wannFein­blu­mig mit Ananas- und Zitrus­no­ten, dicht gewo­ben, saf­tig: deli­kat, aber etwas spannungslos8717,00 €
Hes­si­sche Staats­wein­gü­ter Klos­ter EberbachHoch­heim, DomdechaneyKräf­tig, erdig-saftig, deut­lich abge­puf­fer­te Säu­re, unan­stren­gend, gau­men­freund­lich, recht gefällig8726,00 €
Hes­si­sche Staats­wein­gü­ter Klos­ter EberbachErbach, Mar­co­brunnDif­fe­ren­zier­tes, fei­nes Bou­quet, Pfir­sich und Grape­fruit, stram­me Säu­re, wei­cher Schmelz, nicht ganz trocken8728,00 €
Fritz Allen­dorfWin­kel, JesuitengartenOrdent­li­cher, zuver­läs­si­ger Wein, unge­schminkt, schnör­kel­los, aber mit wenig Schliff8719,00 €
Fritz Allen­dorfRüdes­heim, Berg RoseneckSaf­tig, wei­nig, reif, üppi­ge Struk­tur: respek­ta­bler Wein8721,00 €
Fried­rich FendelRüdes­heim, KirchenpfadHerz­haft, zupa­ckend, fast unge­stüm: nicht ele­gant, aber direkt und unverbogen8718,00 €
Dom­de­chant Werner’sches WeingutHoch­heim, KirchenstückGefäl­lig, weich, rund, viel süßer Schmelz8720,00 €
Dom­de­chant Werner’sches WeingutHoch­heim, DomdechaneyMehr fein­herb als tro­cken: deut­li­che Rest­sü­ße ver­wäs­sert den Lagen-Charakter8720,00 €
Det­lev Rit­ter und Edler von Oeting­er – zum jun­gen OetingerHat­ten­heim, SiegelsbergBril­li­an­te Frucht, blitz­saube­re Nase, gro­ße Aro­m­en­tie­fe: ein erfreu­li­cher, deut­lich boden­ge­präg­ter Wein8715,90 €
Schloss Rein­harts­hau­senErbach, Schloss­bergDicht gewo­be­ner, erdi­ger Wein, leicht koch­ap­fel­ig in der Nase: viel Sub­stanz, wenig Eleganz8625,00 €
Hans LangHat­ten­heim, WisselbrunnenKoch­ap­fel­no­ten, rohe Säu­re, mager: zag­haf­ter, unent­schlos­se­ner Wein8619,90 €
Det­lev Rit­ter und Edler von Oeting­er – zum jun­gen OetingerErbach, Hohen­rainGut gem­qach­ter, soli­der Wein mit etwas roher Säu­re, gut ein­gebt­tet in rei­fe Frucht und süßen Schmelz8619,90 €
Jakob JungErbach, Sie­gels­bergDezent blu­mig in der Nase, Koch­ap­fel am Gau­men: rus­ti­ka­ler Wein8522,90 €
Baron Knyphau­senErbach, Stein­mor­genGro­be Frucht, wenig Facet­ten, kei­ne Tie­fe: sehr ein­fa­cher, bie­de­rer Wein85
Alex­an­der FreimuthRüdes­heim, BischofsbergSprö­der Wein mit Noten von gekoch­tem Apfel, viel Saft, wenig Feinheit8515,50 €
Jakob JungErbach, Hohen­rainGrob­fruch­ti­ger, in der Nase unfri­scher Wein, bäuerlich-schlicht8416,90 €
Jakob JungErbach, Stein­mor­genUnprä­zi­se in der Nase, dump­fe Frucht, rohe Säu­re: unge­schlif­fe­ner, ent­täu­schen­der Wein8316,90 €

1 Kommentar

  • “Bei Schloß Schön­born grei­fen end­lich die qua­li­täts­ver­bes­sern­den Maß­nah­men, die Peter Barth, der Guts­di­rek­tor vor eini­gen Jah­ren schon ergrif­fen hat. ” Als Jour­na­list wür­de ich mei­nen, ich bin ver­arscht wor­den und muß jetzt für den mißt den ich geschrie­ben habe, mich auch noch ver­ant­wor­ten gegen über denen, die ehr­lich ihre arbeit machen. Die, die ehr­lich arbei­ten und Leis­tung zei­gen sind halt unspan­nend rüber zu brin­gen. Ein Nach­den­ken zu der Arbeit des Jour­na­lis­ten wäre sichr­lich mal angebracht.

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