Kein leichtes Jahr für den Rheingau nach dem grandiosen Jahrgang 2008. Die neuen Ersten Gewächse sind durchwegs vollmundig, reich, teilweise opulent. Aber es fehlt ihnen vielfach der natürliche Schliff, der die Weine im Vorjahr ausgezeichnet hatte. Bei vielen Weinen hat man den Eindruck, als seien die Trauben nicht streng genug ausgelesen worden. Andere Weine zeigen auffällige Noten von Kochapfel: ein Wechselbad der Gefühle, durch das der Verkoster geht, der den ganzen Jahrgang querprobiert.
Bei der Vorpremiere, die Ende August in der Kurhalle in Wiesbaden stattfand, wurde nur ein Teil der Ersten Gewächse präsentiert (der Rheingau ist das einzige deutsche Anbaugebiet, in dem die Lagenklassifizierung eine gesetzliche Grundlage hat; daher heißen die Weine dort nicht „Große“, sondern „Erste“ Gewächse). Einige Betriebe haben nur einen Wein oder zwei Weine angestellt, einige waren gar nicht vertreten (z.B. Leitz, Querbach).
Von den 52 angestellten Weinen waren viele sind unausgewogen und in sich unstimmig. Nicht wenige kompensierten Feinheit durch erhöhte Restsüße – eine Entwicklung, die schon in den letzten Jahren zu beobachten war und offenbar ungebrochen weiter geht. Manchem Wein, der als Erstes Gewächs vorgesehen war, blieb wegen zu hohen Restzuckers (Grenze: 9 gr/Liter) die Anerkennung versagt. Vielleicht machen es sich manche Rheingauer zu einfach,
Trotzdem bietet der Jahrgang 2009 wieder überzeugende Qualitäten im trockenen Bereich, auch wenn diese meiner Meinung nach in der Spitze nicht ganz die Qualitäten des Vorjahres erreicht werden. Die Weine der Künstler, Kesseler, Weil und Spreitzer sind wieder einmal untadelig. Bei Schloß Schönborn greifen endlich die qualitätsverbessernden Maßnahmen, die Peter Barth, der Gutsdirektor vor einigen Jahren schon ergriffen hat. Deutlich verbessert zeigen sich die Weine von Prinz von Hessen (der bei der Vorpremiere nur den Jesuitengarten vorgestellt hat). Wieder überzeugend sind auch die Weine von Langwerth von Simmern.
Die größte Überraschung aber stellen die vier Ersten Gewächse der Georg-Müller -Stiftung dar. Was Peter Winter und sein junger Gutsverwalter Alf Ewald in 2009 auf die Beine gestellt haben, ist mehr als bemerkenswert: Weine mit Spiel, Schliff und deutlicher Bodenprägung, die nicht nur Spaß machen zu trinken, sondern die auch die Idee der Ersten Lage vorbildlich transportieren.
Rheingau Erstes Gewächs 2009
Weingut | Gemeinde und Erste Lage | Charakteristik | Punkte | Ca. Preis |
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Josef Spreitzer | Hattenheim, Wisselbrunnen | bis in die Fasern durchgearbeiteter, fast cremiger Wein mit einer spektakulären Säure: toller, (fast) trockener Riesling von großer Klasse | 92 | 20,00 € |
Georg Müller Stiftung | Hattenheim, Wisselbrunnen | Dezente Frucht, rauchig-mineralische Bodenprägung, elegante Terroirnote: ein toller Wein, der im Gedächtnis bleibt. | 92 | 19,50 € |
Schloss Schönborn | Hattenheim, Pfaffenberg | Moderate Fülle, unaufdringliche Frucht, mitreissende Säure: höchst respektabler, feiner Wein mit viel Stoff | 91 | 22,00 € |
Künstler | Hochheim, Kirchenstück | Erdig-würzig, mit vegetabiler Note, gleichzeitig sehnig und tief, relativ trocken: ist noch sehr weit zurück, verspricht aber viel | 91 | 24,90 € |
Josef Spreitzer | Oestrich, Lenchen “Rosengarten” | Weicher, hintergründiger Riesling mit vielen Facetten, fein abgestimmte Säure, zarter Schmelz, Aprikosen, Orangen, Teeblüten: ein außerordentlicher Wein | 91 | 19,50 € |
Johannishof | Rüdesheim, Berg Rottland | Etwas zu parfümierter, ansonsten aber feiner, geschliffener Wein, viel reife Williamsbirne, Gewürznoten bis hin zu Zimt und Nelken: meisterhaft | 91 | 29,90 € |
August Kesseler | Rüdesheim, Berg Schlossberg | „molliger“ Wein mit reifer Beere, Aprikose, dazu ein Hauch von Ananas, weiche, reife Säure: gewichtiger Wein, der trotzdem spielerisch leicht über den Gaumen läuft | 91 | 34,00 € |
Robert Weil | Kiedrich, Gräfenberg | Mineralisch-zartfruchtig am Gaumen, floreal-würzig im Duft, raffiniertes Spiel: kein üppiger, sondern ein straffer, sehr präziser Wein mit großer Lebenserwartung | 90-92 | 34,50 € |
Künstler | Hochheim, Hölle-Sommerheil | Kernig, tief, gleichzeitig fein abgestimmt und gut ausbalanciert: begeisternder, mineralisch-straffer Wein, schon jetzt antrinkbar | 90-92 | 28,50 € |
Georg Müller Stiftung | Hattenheim, Schützenhaus | Satte Frucht, üppige Struktur, milde Säure: ein sehr stimmiger, ausblancierter Wein, der spielerisch leicht über den Gaumen läuft | 90 | 19,50 € |
Schloss Schönborn | Rüdesheim, Berg Schlossberg | Sehr stoffiger, fast fülliger Wein, edle Beere, gut abgepufferte Restsüße, opulent mit spürbarer Restsüße | 90 | 22,00 € |
Künstler | Hochheim, Hölle | Kompakt, gehaltvoll, dicht gewoben, hat Ecken und Kanten, aber auch viel Fruchtschmelz, Restsüße an der Obergrenze | 90 | 24,90 € |
Georg Müller Stiftung | Hattenheim, Schützenhaus | Satte Frucht, üppige Struktur, milde Säure: ein sehr stimmiger, ausblancierter Wein, der spielerisch leicht über den Gaumen läuft | 90 | 19,50 € |
Georg Müller Stiftung | Hattenheim, Hassel | Zartwürzig, dezent, mit feiner mineralischer Note: sehr sensibler, aber begeisternder Wein für die Liebhaber feiner Zwischentöne | 89-91 | 19,50 € |
August Kesseler | Rüdesheim, Berg Roseneck | Eher schlank gehaltener Wein mit glockenreiner Frucht und reifer Säure, gute Balance: noch verhalten, aber beste Prognose | 89 | 29,75 € |
Schloss Schönborn | Erbach, Marcobrunn | Verhaltene Frucht, erdige Terroirnote, feine Beere: noch unentwickelter, tendenziell jedoch eleganter Wein | 89 | 27,50 € |
Prinz von Hessen | Winkel, Jesuitengarten | Gut gemachter, gradliniger Wein, geschliffene Frucht, cremige Textur, einschmeichelnd | 89 | 22,50 € |
Künstler | Kostheim, Weiß Erd | Facettenreich, tief, elegant, knackige Säure: spielerisch-feiner Wein, kein Blockbuster | 89 | 24,00 € |
Freiherr Langwerth von Simmern | Hattenheim, Wisselbrunnen | Saftig, rassig, straff gewirkt: reifer Apfel mit Zitrusnoten, ausdrucksvoll | 89 | 24,00 € |
Domäne Schloss Johannisberg | Joahnnisberg, Schloss Johannisberger | Gut strukturierter, aber nicht opulenter Wein, mineralisch geprägt, sehr elegant | 89 | 36,50 € |
Balthasar Ress | Hattenheim, Nussbrunnen | Geschliffener Wein mit reifer Frucht, gleichzeitig aber hoher Säure: spannungsgeladener, hochinteressanter Wein, beste Prognoosen | 89 | 25,00 € |
Schloss Schönborn | Hochheim, Domdechaney | Kernig, herzhaft, ein bisschen ungestüm: traditioneller Riesling-Typ, besitzt Substanz und Potenzial | 89 | 22,00 € |
Hessische Staatsweingüter Kloster Eberbach | Rauenthal, Baiken | Tiefe, facettenreiche Nase, blumig-würzig, reife Säure: ein breit angelegter, wuchtiger Riesling von erheblichem Gewicht | 89 | 26,00 € |
Joachim Flick | Wicker, Nonnberg | Geschmeidiger Wein mit bissiger Rieslingsäure, viel Spiel: gut gemacht | 88 | 21,00 € |
Graf von Kanitz | Lorch, Pfaffenwies | Erdig-fruchtiger Wein mit hoher Säure, mineralisch-fest, durch Restsüße abgerundet | 88 | 19,00 € |
Graf von Kanitz | Lorch, Kapellenberg | Vielschichtig, facettenreich, mineralischer Unterton: sehr feiner Tropfen | 88 | 19,00 € |
Fritz Allendorf | Winkel, Hasensprung | Apfel, Zitrusfrucht, erdige Würze: zupackender, fast bissiger Riesling, durch feine Restüße schmerzfrei gehalten | 88 | 19,00 € |
Friedrich Fendel | Rüdesheim, Berg Roseneck | Sehr blumig in der Nase, am Gaumen mit ausgesprochen würziger Muskatnote: eigenständiger Riesling | 88 | 19,00 € |
Freiherr Langwerth von Simmern | Erbach, Marcobrunn | Sauber, gehaltvoll, stoffig: noch unentwickelter Wein, aber mit guter Prognose für die Zukunft | 88 | 24,00 € |
Freiherr Langwerth von Simmern | Hattenheim, Mannberg | Feine Birnen- und Pfirsichfrucht mit vegetabilenUntertönen, dezente Bodenprägung, rassige Säure, die durch Restüße leicht abgerundet wird | 88 | 24,00 € |
Diefenhardt’sches Weingut | Martinsthal, Langenberg | Reifer Apfel, Pfirsch und viele Würznuancen: komplexer, durchgearbeiteter Wein mit vielen Nuancen | 88 | 16,50 € |
Detlev Ritter und Edler von Oetinger – zum jungen Oetinger | Erbach, Marcobrunn | Dezent fruchtiger, zurückhaltender Wein, starke Terroirnote, fleingliedrig und zart: interessanter, spannungsreicher Wein, gute Zukunft | 88 | 24,90 € |
Barth | Hattenheim, Hassel | Saftig, feinfruchtig, schnörkellos, von einer kräftigen Säure geädert: eigenwilliger, aber gelungener Riesling | 88 | – |
Balthasar Ress | Rüdesheim, Berg Schlossberg | Zitrusfruchtig mit kühler, eleganter Mineralik und leicht tropischen Fruchtnoten: sehr eleganter Wein | 88 | 25,00 € |
August Eser | Oestrich, Lenchen | Gut gebauter, facettenreicher Wein mit Säureschliff und Länge: erfreulich | 88 | 17,20 € |
Prinz | Hallgarten, Jungfer | Respektabler, sauberer Wein mit Pfirsich- und Zitrusnoten: nicht aufregend, aber sehr solide | 87 | 21,00 € |
Joachim Flick | Wicker, Mönchsgewann | Feinblumig mit Ananas- und Zitrusnoten, dicht gewoben, saftig: delikat, aber etwas spannungslos | 87 | 17,00 € |
Hessische Staatsweingüter Kloster Eberbach | Hochheim, Domdechaney | Kräftig, erdig-saftig, deutlich abgepufferte Säure, unanstrengend, gaumenfreundlich, recht gefällig | 87 | 26,00 € |
Hessische Staatsweingüter Kloster Eberbach | Erbach, Marcobrunn | Differenziertes, feines Bouquet, Pfirsich und Grapefruit, stramme Säure, weicher Schmelz, nicht ganz trocken | 87 | 28,00 € |
Fritz Allendorf | Winkel, Jesuitengarten | Ordentlicher, zuverlässiger Wein, ungeschminkt, schnörkellos, aber mit wenig Schliff | 87 | 19,00 € |
Fritz Allendorf | Rüdesheim, Berg Roseneck | Saftig, weinig, reif, üppige Struktur: respektabler Wein | 87 | 21,00 € |
Friedrich Fendel | Rüdesheim, Kirchenpfad | Herzhaft, zupackend, fast ungestüm: nicht elegant, aber direkt und unverbogen | 87 | 18,00 € |
Domdechant Werner’sches Weingut | Hochheim, Kirchenstück | Gefällig, weich, rund, viel süßer Schmelz | 87 | 20,00 € |
Domdechant Werner’sches Weingut | Hochheim, Domdechaney | Mehr feinherb als trocken: deutliche Restsüße verwässert den Lagen-Charakter | 87 | 20,00 € |
Detlev Ritter und Edler von Oetinger – zum jungen Oetinger | Hattenheim, Siegelsberg | Brilliante Frucht, blitzsaubere Nase, große Aromentiefe: ein erfreulicher, deutlich bodengeprägter Wein | 87 | 15,90 € |
Schloss Reinhartshausen | Erbach, Schlossberg | Dicht gewobener, erdiger Wein, leicht kochapfelig in der Nase: viel Substanz, wenig Eleganz | 86 | 25,00 € |
Hans Lang | Hattenheim, Wisselbrunnen | Kochapfelnoten, rohe Säure, mager: zaghafter, unentschlossener Wein | 86 | 19,90 € |
Detlev Ritter und Edler von Oetinger – zum jungen Oetinger | Erbach, Hohenrain | Gut gemqachter, solider Wein mit etwas roher Säure, gut eingebttet in reife Frucht und süßen Schmelz | 86 | 19,90 € |
Jakob Jung | Erbach, Siegelsberg | Dezent blumig in der Nase, Kochapfel am Gaumen: rustikaler Wein | 85 | 22,90 € |
Baron Knyphausen | Erbach, Steinmorgen | Grobe Frucht, wenig Facetten, keine Tiefe: sehr einfacher, biederer Wein | 85 | – |
Alexander Freimuth | Rüdesheim, Bischofsberg | Spröder Wein mit Noten von gekochtem Apfel, viel Saft, wenig Feinheit | 85 | 15,50 € |
Jakob Jung | Erbach, Hohenrain | Grobfruchtiger, in der Nase unfrischer Wein, bäuerlich-schlicht | 84 | 16,90 € |
Jakob Jung | Erbach, Steinmorgen | Unpräzise in der Nase, dumpfe Frucht, rohe Säure: ungeschliffener, enttäuschender Wein | 83 | 16,90 € |
“Bei Schloß Schönborn greifen endlich die qualitätsverbessernden Maßnahmen, die Peter Barth, der Gutsdirektor vor einigen Jahren schon ergriffen hat. ” Als Journalist würde ich meinen, ich bin verarscht worden und muß jetzt für den mißt den ich geschrieben habe, mich auch noch verantworten gegen über denen, die ehrlich ihre arbeit machen. Die, die ehrlich arbeiten und Leistung zeigen sind halt unspannend rüber zu bringen. Ein Nachdenken zu der Arbeit des Journalisten wäre sichrlich mal angebracht.