Genau 6.028 Weine waren bei der großen Rotweinverkostung des Weinwettbewerbs Mundus Vini angestellt, der im vergangenen August in Neustadt an der Weinstraße stattfand. Weine aus aller Herren Länder, von Argentinien bis Zypern, insgesamt 42 Nationen. Verkostet wurden die Weine, wie bei solchen Degustationen üblich, blind. Eine vielköpfige, international zusammengestellte Jury aus Fachhändlern, Journalisten, Sommeliers, Önologen war eingeladen worden, um die Herkulesarbeit zu bewerkstelligen.
Auch für einen anatolischen Rotwein gab es Großes Gold
Bewertet wurden die Weine auf einer 100-Punkte-Skala. Bekommt ein Wein im Durchschnitt mindestens 95 Punkte, erhält er Großes Gold, die höchste Auszeichnung von Mundus Vini. 95 Punkte – das bedeutet nach international gültiger Auslegung Weltklasse. In diesem Jahr hatten bei Mundus Vini 15 Rotweine Großes Gold erhalten, unter anderem ein türkischer Bordeaux-Verschnitt, eine griechische Cabernet Sauvignon-/Agiorgitiko-Cuvée und ein Barbaresco der Großkellerei Roberto Sarotto, die im Gambero Rosso, Italiens wichtigstem Weinführer, nicht einmal erwähnt wird (obwohl dieser 20.000 Weine getestet hat).
Die höchste Punktzahl aller Rotweine erhielt offenbar der Gran Masetto aus der Trentiner Kellerei Endrizzi. Dieser Wein besteht aus Teroldego-Trauben, die nach dem Amarone-Verfahren drei Monate lang getrocknet (appassimento) und dann gekeltert werden. Ich habe diesen Wein mehrfach verkostet und gebe zu: ein opulenter, gut gemachter Wein. Aber Weltklasse? Nur dann, wenn Weltklasse sich am Alkoholgehalt bemessen würde. Der liegt beim Gran Masetto nämlich über 15 Vol.%.
Endrizzi – eines der gepflegtesten Weingüter des Trentino
Endrizzi ist eines der gepflegtesten und am schönsten gelegenen Weingüter des Trentino. Nicht zufällig wählen viele Paare dieses Weingut aus, um dort ihre Hochzeit zu feiern. Auch Mercedes Benz, Ferrari, Ducati und der Fußballclub Bayern München haben auf diesem Weingut schon Events für Premiumkunden organisiert. Ganz zu schweigen von den zahllosen Konzerten und Festen.
Aber nicht nur die Location ist schön. Auch die Endrizzi-Weine sind untadelig, jedenfalls nach meiner Meinung. Nur den Spitzenwein habe ich nie verstanden: den Gran Masetto. Mir will sich einfach nicht erschließen, weshalb das Weingut seine Teroldego-Trauben, die im frischen Zustand bei entsprechender Ertragsreduzierung schon einen äußerst kraftvollen, alkoholreichen Wein ergeben, unbedingt antrocknen muss, um einen noch kräftigeren, noch alkoholreicheren Wein zu bekommen.
Im Valpolicella macht dieses Verfahren Sinn. Dort erreichen die Amarone-Trauben Corvina, Corvinone, Rondinella ohne Antrocknen nicht die nötige Struktur und Gradation. Im Hitzekessel des Campo Rotaliano, wo die Teroldego-Traube wächst, aber ist ein appassimento nicht nötig, um strukturierte Weine zu bekommen.
Gran Masetto gut gemacht, aber eigenwillig
Paolo Endrici, der Patron, hat mir einmal gesagt: Der Wein erhält durch das appassimento eine neue Geschmacksdimension. Das stimmt. Sein Wein bekommt durch das Verfahren einen schokoladig-süßlichen Touch – ähnlich wie ein Amarone. Die Einen mögen das, die Anderen nicht. Ich ziehe Endrizzis Teroldego Riserva vor. Sie besitzt ebenfalls viel Struktur, aber darüber hinaus mehr Frische. Und sie kostet nur 12,50 Euro anstatt 34 Euro wie der Gran Masetto.
Allein stehe ich mit meinem Urteil nicht. Im Weinführer von Luca Maroni (Migliori Vini d’Italia) bekommt der 2005 Gran Masetto 87 Punkte, der 2006er im Guida L’Espresso 16,5 Punkte. Das deutsche Weinportal Wein-plus gibt ihm 88+. Im Gambero Rosso hat der Gran Masetto bislang immer 2 schwarze Gläser bekommen. Das bedeutet: sehr guter Wein – aber nicht unter den tausend Besten des Landes.
Noch nie unter den besten Weinen Italiens
Auch in der neuen Ausgabe des Gambero rangiert der 2007er Gran Masetto nicht unter den Top-Weinen Italiens. Immerhin hat er erstmals zwei rote Gläser bekommen. Damit hat er zwar das Finale der besten Weine erreicht, erhielt aber im Finale nicht so viel Punkte, dass ihm von der Jury das dritte Glas zugesprochen wurde. Damit ist der Gran Masetto nicht unter den 375 Besten Italiens.
Sicher, jeder Wettbewerb hat seine eigenen Gesetze und Zufälligkeiten: der Gambero Rosso ebenso wie Mundus Vini. Im Gegensatz zu vielen anderen, eher halbseidenen internationalen Weinwettbewerben ist Mundus Vini seriös. Man arbeitet nach den O.I.V.-Regeln (Organisation International de la Vigne et du Vin, Paris) und nach den Prinzipien der Union Internationale des Oenologues (U.I.O.E., Paris). Man kann sich, wie bei manch anderem Weinwettbewerb, nicht gegen Geld in die Jury einkaufen. Sicher, auch Mundus Vini ist ein kommerzieller Wettbewerb. Die Teilnahme kostet 140 Euro pro angestelltem Wein. Aber dass unter den vorgegebenen Bedingungen ordnungsgemäß verkostet worden ist, steht außer Zweifel.
Das Probenfeld bildet nicht den Gesamtmarkt ab
Das Problem ist, dass bei Mundus Vini vor allem Weine der zweiten und dritten Garnitur angestellt sind, die kaum eine Chance haben, in den breiter angelegten Weinführern auf die vorderen Ränge zu kommen. Genossenschaftsweine, Markenprodukte der Weinindustrie, Weine aus weniger renommierten Ländern, die gern in den deutschen Markt möchten, oder Weine von kleinen, nur regional vernetzten Winzern – sie machen den Hauptanteil der Mundus Vini-Probenweine aus.
Erzeuger wie Dönnhof, F.X. Pichler, Antinori, Leflaive, Veuve Cliquot – um nur einige bekannte Namen zu nennen – verzichten dagegen konsequent auf die Teilnahme an solchen Wettbewerben. Die Elite braucht, ja will keine Medaillen. Durch ihren Verzicht fehlt den anderen Probenweinen die Konkurrenz. Das Probenfeld ist nur noch für sich selbst repräsentativ – aber nicht für den gesamten Weinmarkt. Weinfachleute wissen das. Das Weinpublikum weiß es nicht. Deshalb ist es eine grobe Irreführung, die Endrizzi-Meldung mit der anmassenden Überschrift vom „besten Rotwein Europas“ unters Weinvolk zu streuen, wie es große Teile der Weinpresse getan haben – und zwar von Yoopress bis Wein-plus.
Ich schätze die Weine aus dem Hause Endrizzi sehr. Sie haben Tradition und wirklich klasse. Herrn Piefke kenne ich nicht, aber sein Schreibstil erscheint mir ein wenig grob.
DI Schilling
Geschätzte Leser
Als Weinkenner der Norditalienischen-Regionen, kann ich nur dem WEINGUT “ENDRIZZI” ein dickes Lob aussprechen. Den sie verstehen es, wie leider nur Wenige, das Herzblut der Winzerei ins Glas umzusetzen. Ein hohes Mass an Qualität, Hingabe und Liebe steckt in dieser Firma und in jedem einzelnen Mitarbeiter, was sich in der sehr hohen Qualität dieser Weine abzeichnet. Sie versehen es der Industrialisierung und Massenabfertigung der Winzerei entgegen zu setzen-
Ich Freue mich jedes mal auf ein Glas Teroldego :
M.R. Di Scherini
San Michele all’Adige, 16.11.2011
Sehr geehrter Herr Priewe,
wir danken Ihnen für die positive Einschätzung unseres Weingutes.
Wie Sie richtig erkannt haben, handelt es sich bei unserer Mitteilung um eine Pressemeldung, in der wir klar geschrieben haben, dass es sich bei der Urkunde von Mundus Vini um eine Auszeichnung im Kontext innerhalb dieses Wettbewerbs handelt. Damit wurde niemand irregeführt, denn wir waren eindeutig. Danach ging unsere Meldung weiter mit anderen wichtigen Themen. Der Wein – auch wenn er nicht Ihrem Geschmack entspricht – hat bereits so viele Liebhaber gefunden, dass er bei uns im Keller in der Normalflasche restlos ausverkauft ist und ein besseres Zeichen für Qualität (zu fairen Preisen) kann man wohl nicht bekommen.
Gerne möchten wir darstellen, welche Idee hinter dem Gran Masetto steckt.
Vor zehn Jahren hatten wir uns überlegt, wie man die Qualität und die Internationalität des Teroldego und somit auch des Trentinos steigern könnte. Nach einiger Überlegung war uns klar, dass wir Versuche mit angetrockneten Trauben machen wollten. Wir hatten an einen „konzentrierten, neuen Teroldego“ gedacht: die Hälfte sollte aus getrockneten Trauben sein (wie der Amarone), die andere Hälfte aus Weinbergen mit stark reduziertem Ertrag.
So ein Verfahren könnte ein neuer Weg für Endrizzi, aber auch für andere Produzenten im Trentino sein. Eugenio Rosi hat etwas ähnliches mit dem Marzemino gemacht. Der Sfurzat im Valtellina hat ähnliche Grundlagen.
Es war nicht einfach unsere Vorstellungen zu realisieren. Fäulnis und andere Probleme haben die ersten Jahrgänge unbrauchbar gemacht. Trotzdem haben wir unsere Idee weiterverfolgt und konnten mit dem Jahrgang 2003 das erste gute Resultat präsentieren. Mit jedem weiteren Jahrgang hat sich unsere Erfahrung vergrößert und die Qualität des Weines gesteigert. Auf der Vinitaly 2010 haben wir mit dem Jahrgang 2006 die Silbermedaille – in der Kategorie „Rotweine älter als 4 Jahre“ – gewonnen. In jeder Kategorie werden lediglich 4 Medaillen vergeben. Mehr als 400 Weine, darunter viele Amaroni und Brunelli di Montalcino, wurden in dieser Kategorie angestellt. Auch beim Meraner Wine Festival 2011 wurde unser Gran Masetto 2007 von der Jury mit dem Titel „Selection der Selection“ ausgezeichnet. Hierfür ist eine Bewertung über 90 Punkte notwendig.
Selbstverständlich nehmen wir konstruktive Kritik ernst und auch gerne an, besonders wenn sie von Leuten kommt, die uns näher kennen.
Aus Ihrer Beschreibung ersehen wir, dass Sie sehr gut über unser Tun und über unsere Weine informiert sind. Seit etwa 30 Jahre kennen wir uns von Messen und Veranstaltungen. Wir würden uns aber auch freuen, wenn Sie uns einmal in San Michele besuchen würden, um unsere Ideen und unsere Leidenschaft näher kennenzulernen.
Arrivederci a San Michele!
Paolo Endrici
Lieber Herr Priewe,
die Aussage, dass Wein-Plus die Meldung, der Gran Masetto der Kellerei Endrizzi sei der beste Rotwein Europas, “ungeprüft übernommen” habe, ist nicht richtig. Was auf der Wein-Plus-Website veröffentlicht wurde, ist die von Ihnen angesprochene Pressemitteilung, die die Kellerei Endrizzi eigenständig unter der dafür vorgesehenen und auch ausdrücklich so gekennzeichneten Rubrik “Pressemitteilungen” eingestellt hat. Es handelt sich dabei – und zwar durchaus erkennbar – also nicht um eine redaktionelle Meldung, und hier bitten wir eindeutig zu differenzieren.
Im übrigen teilen wir Ihre Ansicht, dass die Auszeichnung als “bester Rotwein Europas” hier irreführend ist. Aus den von Ihnen beschriebenen Gründen lassen die Vergleichswerte in dem betreffenden Wettbewerb ein solches Urteil kaum zu, und gerade deshalb hätten wir die fragliche Pressemitteilung niemals im redaktionellen Rahmen übernommen – zumal wir prinzipiell keine Beurteilungen von Dritten über Weine veröffentlichen und uns allein auf unsere selbst durchgeführten Verkostungen für den Wein-Plus-Weinführer verlassen. Die Mitglieder unseres Netzwerks haben jedoch die Möglichkeit, unsere Plattform in klar gekennzeichneten Bereichen für ihre Pressearbeit zu nutzen.
Mit kollegialen Grüßen
Carsten M. Stammen
Redaktion Wein-Plus