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Gran Selezione 2015 und 2016: Nie war Chianti Classico besser als heute

Der Chianti Classico war einmal der Lieblingsrotwein der Deutschen. Das ist 25 Jahre her. Seitdem hat sich die Liebe für diesen Wein merklich abgekühlt. Warum? Ist er zu tanninreich? Zu teuer? Haben ihm andere, weichere Weine den Rang abgelaufen? Oder ist Sangiovese einfach out? Niemand weiss es genau. Ich verstehe die schwindende Begeisterung der Rotweintrinker hierzulande nicht ganz. Als Journalist habe ich die Möglichkeit, jedes Jahr alle Rotweine der Toskana in voller Breite zu probieren, also auch Brunello di Montalcino, Vino Nobile, Chianti, Carmignano, Morellino di Scansano und so weiter. Und ich bin der Meinung, dass aus keiner anderen Appellation in der Toskana derzeit qualitativ so hochstehende, vor allem homogen gute Weine kommen wie aus dem Chianti Classico. Im Gegensatz zu den anderen Appellationen ist der Anteil der enttäuschenden, ja dilettantischen Weine dort äusserst gering.

Transparenz und Eleganz

Weinberge Castello di Ama ©Ama

Im Chianti Classico, also dem Landstrich zwischen Florenz und Siena, ziehen sich die Weinberge bis auf 550 Meter hin. Das Klima ist kühler als in den meernahen Appellationen. Die Weine besitzen daher von Natur aus ein sehr festes Tannin, was oft dazu führt, dass sie in den ersten Jahren verschlossener sind als beispielsweise die Brunello di Montalcino. Das mag den einen oder anderen Weintrinker verunsichert haben. Doch dank der Klimaerwärmung ist das Tannin heute in nahezu jedem Jahr reif. Mineralität und Frucht, die die Weine mitbringen, sind ausgeprägter denn je. Und: Die Weine besitzen eine Transparenz und Eleganz, wie sie nur wenige andere Sangiovese-Weine aufweisen. Finde ich.

Das gab es noch nie: 4 sehr gute bis grosse Jahrgänge hintereinander

Vor drei Monaten habe ich wieder die Chianti Classico von knapp 200 Gütern verkostet. Der einfache Chianti Classico, der 56 Prozent der Gesamtproduktion ausmacht, besticht durch die Bank mit herzhafter Frucht und grosser Frische (obwohl 2018 ein sehr warmes Jahr war). Auch die 2017er Annata-Weine, die einige Güter erst jetzt freigegeben, sind durchweg überzeugend. Viele dieser Chianti Classico hatten schon in den warmen Jahren 2015 und 2016 die Statur einer kleinen Riserva – in 2018 ist es wieder so. Aber die feine Säure, die sie durchzieht, sorgt gleichzeitig für Frische – eigentlich Weine wie aus dem Bilderbuch, die sich wohltuend abheben von den zahllosen schweren, fülligen Rotweinen aus anderen Teilen Italiens. Bei Endverbraucherpreisen zwischen 10 und 18 Euro sind sie auch nicht abgehoben. Müsste ich drei Weine exemplarisch anführen, wären es Principe Corsini, Castell’in Villa, Le Cinciole.

Gran Selezione die Spitze der Qualitätspyramide

In diesem Artikel möchte ich Ihnen jedoch nur die neuen Super-Chianti Classico „Gran Selezione“ vorstellen – eine Kategorie, die erst 2010 eingeführt worden ist für Weine aus der besten Lage (oder den besten Lagen) eines Weinguts. Die Gran Selezione (GS) steht in der Qualitätshierarchie noch über der Riserva. Sie repräsentiert mengenmässig zwar nur sechs Prozent der Produktion, macht aber, da zwischen 30 und 60 Euro pro Flasche kostend, einen deutlich höheren Teil des Umsatzvolumens aus und ist daher für die Weingüter potenziell von grosser wirtschaftlicher Bedeutung. Eine GS steht für für Finesse und Langlebigkeit. Mit ihr reagieren die Chianti Classico-Winzer und das sie vertretende Consorzio Gallo Nero auf die gestiegenen Qualitätsansprüche des internationalen Weinmarktes. Mein Eindruck nach der Verkostung: Rund 70 Prozent liegen in Bereich zwischen 90 und 96 Punkten – eine Quote, die keine andere Sangiovese-Appellation in der Toskana erreicht.

Kritik an der Gran Selezione – und wie ihr begegnet wird

Giovanni Manetti, Präsident des Consorzio Gallo Nero © Gallo Nero

Gleichwohl ist die GS nicht unumstritten. Viele ehemalige Riserve, so der Vorwurf oder die Befürchtungen, würden heute als GS firmieren, um höherpreisig angeboten werden zu können. Dem ist zu entgegnen, dass die Qualitätsvorschriften für die GS strenger sind als für die Riserva, so dass die Weine in der Regel an Qualität gewonnen haben. Ein anderer Einwand lautet, dass es in der Toskana keine amtlich klassifizierten Lagenbezeichnungen gibt nach dem Vorbild Burgund oder Deutschland. Was eine „beste“ Lage ist, ist in das Belieben eines Weinguts gestellt. Stimmt. Voraussetzung für die Anerkennung als GS ist allerdings, dass das Endprodukt analytisch und organoleptisch die strengen GS-Kriterien erfüllt.

Die Diskussionen innerhalb des Consorzio Gallo Nero sind denn auch noch nicht zu Ende. Unter der Präsidentschaft von Giovanni Manetti (Fontodi) wird derzeit gestritten, ob eine GS immer die Angabe der Kommune auf dem Etikett tragen muss, aus der die Trauben kommen (das Chianti Classico ist in acht Kommunen unterteilt). Damit soll zumindest verhindert werden, dass Grossgüter Trauben aus mehreren Kommunen zu einer GS zusammenmischen, um eine sechsstellige Anzahl an Flaschen produzieren zu können – eine Massnahme, die der Idee der GS zuwider läuft, die ja ein Terroirwein sein soll. Einige Vorschläge gehen noch weiter. So sollen auch Ortsteile der jeweiligen Kommunen auf dem Etikett erscheinen (z.B. Panzano, Ortsteil der Kommune Greve). Ausserdem wird gefordert, dass eine GS ganz aus Sangiovese bestehen muss. Zwar sind die meisten GS bereits jetzt reinsortige Sangiovese-Weine. Doch offiziell gilt die Regel, dass ein Chianti Classico 20 Prozent andere rote Sorten enthalten darf, also auch die GS.

Manche Riserva ist genauso gut oder besser als eine Gran Selezione

Eine Pflicht, eine GS herauszubringen, existiert für die Weingüter nicht. Weniger als die Hälfte der Flaschenabfüller hat von der Möglichkeit bisher Gebrauch gemacht. Renommierte Weingüter wie Badia a Coltibuono, Riecine, Castellare di Castellina, Brancaia, San Giusto a Rentennano sind bisland nicht auf den Zug aufgesprungen. Für sie ist die Riserva nach wie vor ihr Topwein. Und wer ihre Riserve verkostet, wird schnell feststellen, dass sie auf dem Niveau der besten GS sind: Brancaia (93), Badia a Coltibuono „Cultus Boni“ (94), Castellare (92), San Giusto a Rentennano „Baroncole“ (93), Riecine (94). Immerhin: Zahlreiche Weingüter, die jetzt noch skeptisch sind, überlegen, künftig auch eine GS anzubieten. Ein Spitzenerzeuger wie Querciabella etwa wartet nur darauf, dass eine kommunale DOCG geschaffen ist, die die Angabe einer Lagenbezeichnung vorsieht. Dabei erreicht Querciabellas Riserva jetzt schon locker 93 Punkte. Auch die in deutscher Hand befindlichen Weingüter Nittardi, Monte Bernardi, Castagnoli stehen einer GS bislang reserviert gegenüber. Trotzdem: Die Zahl der Betriebe, die eine GS auf den Markt bringen, nimmt rapide zu. Im letzten Jahr ist sie von 95 auf 144 gestiegen. Zu ihrem Nachteil war es nicht. Mengenmässig machen Gran Selezione und Riserva zusammen 42 Prozent allen Chianti Classico aus, der produziert wird – umsatzmässig aber 55 Prozent.

Weingut Fèlsina ©Fèlsina

Gran Selezione 2016

2016 war ein klimatisch ausgeglichenes Jahr. Die Hitze war nicht exzessiv, in den Nächten kühlten die Temperaturen wieder ab. Nicht nur während der Vegetationsperiode, auch nach der Véraison gab es immer wieder Niederschläge, so dass die Reben sich gut entwickeln konnte. Aus diesen Gründen gilt 2016 als ein Spitzenjahr. Die Weine sind einerseits kraftvoll und gut strukturiert, andererseits besitzen sie Frische und Frucht. Die Konsumenten werden allerdings ein paar Jahre warten müssen, bis die Weine sich öffnen und mehr als nur Primäraromen zeigen. Dann erwartet sie ein hoher Genuss.

2016 Fontodi Gran Selezione  „Vigna del Sorbo“ grandioser Wein ohne kraftmeierische Allüren, dicht, dunkel, trotz hohen Alkohols mit frischer Frucht, jodiger Würze, spürbarer Säurader und süßem, gut verschmolzenem Tannin: noch besser als der 2015er 96
2016 Ricasoli Gran Selezione „Ceniprimo“ relativ transparent in der Farbe, aber aromentief mit schiefriger Würze, Cassisduft, schwarzer Pfeffer und superzartem, „versteckten“ Tannin. Echter Terroriwein. 95
2016 Castello di Volpaia Gran Selezione „Il Puro“ kleiner, unterhalb von Volpaia gelegener Weinberg mit 25 verschiedenenen Sangiovese-Klonen: spektakuläre GS mit Pathos und Volumen, grosses Theater, leider sehr rar (1.900 Flaschen) 94
2016 Poggio al Sole Gran Selezione  „Casasilia“ Der beste Casasilia ever, wenngleich noch immer im eisenen Griff des Tannins: hochkomplex, reife Frucht mit zartem Säurebiss: für mich ein Epitom des Sangiovese 94
2016 Ricasoli Gran Selezione „Colledilà“ der „burgundischste“ aller GS von Ricasoli, geschliffene, fast softe Tannine, wirkt leichter und unkomplizierter, als er ist. Schon jetzt antrinkbar 94
2016 Ricasoli Gran Selezione „Roncicone“ Cocktail von dunklen Früchten, würzige Macchia-Noten, dunkler Tabak, seidiges Tannin: 6000 Flaschen von einem eigenwilligen Terroir 94
2016 Vecchie Terre di Montefili Gran Selezione „Vigna Vecchia“ inzwischen in US-Besitz befindliche Boutique-Winery, die jedoch mit gleichem Enthusiasmus arbeitet wie die italienischen Vorbesitzer: elaboriert, hochelegant, geschliffen, tief – ein packender Wein 94
2016 Castello di Fonterutoli Gran Selezione reicher, rubinrot funkelnder Wein mit Veilchen-, Kirsch- und Brombeeraroma, der von süßem, feinkörnigen Tannin zusammengehalten wird. Ein sehr kompletter Wein, dicht gewoben, muskulös, noch viel zu jung, um geöffnet zu werden. 50.000 Flaschen in dieser Qualität – Respekt! 94
2016 Fèlsina Gran Selezione „Colonia“ nach dem sensationellen 2015er ein sehr guter 2016er: mineralisch-elegant, seidiges Tannin, transparente Frucht – wie aus einem Guss, doch die spektakuläre Fülle und Konzentration hat der Nachfolger nicht 94
2016 Castello di Volpaia Gran Selezione „Coltassala“ faszinierender Wein aus einem der höchsten Lagen des Gebiets, in 2017 ein großer Vorteil: “nur“ mittlere Struktur, aber präziser Aufbau, transparente Frucht, frische Säure, hohe Eleganz – Chianti Classico at its best 93
2016 Le Filigare Gran Selezione „Lorenzo“ toller Wein mit riesiger Substanz, Wahnsinnstannin, große Zukunft: echte Selektion, moderat bepreist 93
2016 Marchesi Antinori Gran Selezione „Badia a Passignano“ sehr gekonnter, mit sicherer Hand vinifizierter Wein, viel Schliff, glatte Länge, poliertes Tannin: Mainstream auf hohem Niveau 93
2016 Principe Corsini – Villa Le Corti Gran Selezione „Zac“ hochwertigste Sangiovese-Selektion des Gutes: der mitreissendere der beiden Gran Selezione, frischer und weniger marmeladig,  viel Grip 93
2016 Castello di Ama Gran Selezione „San Lorenzo“ relativ heller Wein mit geschliffener Frucht und sanftem Tannin, dank des weichen Merlot (13%) schon jetzt zugänglich: ein sehr linearer, Wein, nicht reich, sondern komplex mit grosser Aromentiefe, von frischer, reifer Säure geädert, transparent. 93
2016 Ricasoli Gran Selezione „Castello di Brolio“ Gut balancierter Wein ohne Ecken und Kanten (50.000 Flaschen), sehr präzis, fein gewoben, viel Frische bei satter, reifer Frucht 93
2016 Castello di Querceto Gran Selezione  „Il Picchio“ erstmals als Gran Selezione: dunkel, dicht, konzentriert, holzbetont – klebt förmlich am Gaumen 92
2016 San Felice Gran Selezione „Poggio Rosso“ kein Überfliefer, aber ein toller, bestens gelungener Wein 92
2016 Vignamaggio Gran Selezione „Monna Lisa“ sehr gelungener, nicht überladener Wein, herrliche Chianti Classico-Aromatik, leicht zu trinken und dennoch gewichtig (5% Cabernet Sauvignon) 92
2016 Cantalici Gran Selezione präzise, saubere Frucht, kräftiges Tannin-Korsett, packender Wein 91
2016 Castello di Verrazzano Gran Selezione „Sassella“ etwas rau und rustikal, aber gesunde Substanz, traditionelle Stilistik 91
2016 Il Molino di Grace  Gran Selezione „Il Margone“ gut gebauter, stimmiger Wein mit kräftigem Tanninrückgrat, früher als Riserva auf den Markt gekommen 91
2016 Le Fonti Panzano Gran Selezione klassischer Wein mit käftigem Tannin und schöner, präziser Frucht, etwas kompakter als die Riserva 91
2016 Principe Corsini – Villa Le Corti Gran Selezione „Don Tommaso“ dicht gewoben, fleischig, softes Tannin, stromlinienförmig – gut, aber schwer und etwas behäbig (mit 20% Merlot) 91
2016 Rocca di Castagnoli Gran Selezione „Stielle“ früher Riserva, jetzt GS: wie immer sehr sauber, gradlinig, gute Struktur 91
2016 Tenuta di Lilliano Gran Selezione erkennbar traditionelle GS im besten Sinnes des Wortes: nicht überladen, kein Tanninmonster, aber mit schöner ausdrucksvoller Frucht und guter Säure 91
2016 Bibbiano Gran Selezione „Vigna del Capannino“ nicht spektakulär, aber ohne Fehl und Tadel und mit gerrlich ausdrucksvoller Frucht und Würze 91
2016 Il Poggiolino Gran Selezione „Le Balze“ ungestüm, fast wild, Massen von Tannin, daher jetzt schwer zu trinken, stilistisch eher rustikal und sperrig, doch mit allerbester Substanz 91
2016 Casale dello Sparviero Gran Selezione „Paronza“ keine große, aber eine feine, elegante Gran Selezione 90
2016 Castello Vicchiomaggio Gran Selezione  „Le Bolle“ gut gebaut, viel Ausdruck, vielleicht etwas  locker gewoben und daher nicht übermässig langlebig, dafrür aber jetzt ein Genuss 90
2016 Famiglia Cecchi Gran Selezione „Villa Rosa“ zweiter Jahrgang dieses Weins: relativ hell in der Farbe, doch tief im Aroma und von seidiger Textur 90
2016 Rocca delle Macie Gran Selezione „Sergio Zingarelli“ ausdrucksvoller Top-Wein des Gutes, Brombeer und Pflumen im Bouquet, mittlere Länge am Gaumen 90
2016 Savignola Paolina Gran Selezione „360°“ kleines Weingut, das nach Jahren der Mittelmäßigkdeit wieder auf dem Weg nach oben ist: feiner nicht übermäßig komplexer, aber ausdrucksvoller Wein. Kompliment. 90
2016 Cantina Castelvecchi Gran Selezione „Madonnina della Pieve“ dichter, fein gewirkter Stoff, leider mit leichter Brettanomyces-Note 89
2016 Casa Sola Gran Selezione ordentlicher, nicht übermäßig komplexer, aber sauberer, ausdrucksvoller Wein 89
2016 Castello di Albola Gran Selezione „Santa Caterina“ sicher kein Gänsehautwein, aber sauber, substanzreich, schon antrinkbar 89
2016 Castello di Bossi Gran Selezione Kraftpaket mit viel Power und guter Substanz, aber nicht bis in die letzte Faser durchgearbeitet 89
2016 Famiglia Cecchi Gran Selezione  „Valore di Famiglia“ sehr traditioneller, rustikaler Wein mit gutert Substanz, etwas zu brav 89
2016 Lamole di Lamole Gran Selezione „Vigneto di Campolungo“ feines Veilchen-Buquet, gute Struktur, mittlere Länge: solide 89
2016 Querceto di Castellina Gran Selezione „Sei“ sehr sauber, klar, schnörkellos, guter Ausdruck, mittlere Substanz 89
2016 Ruffino Gran Selezione „Romitorio di Santedame“ streng, kraftvoll, straff gewirkt: ein gut  gewachsener Wein mit Grip und Ausdruck, es fehlt allerdings der Spannungsbogen 89
2016 Dievole Gran Selezione  „Vigna di Sessina“ heller, leichtgewichtiger Chianti Classico, relativ einfach gestrickt, kein Aufreger 89
2016 Bindi Sergadi Gran Selezione „Mocenni 89“ gut gemacht, präzise Frucht, feine Säurenote, moderates Tannin, insgesamt nicht gewichtig genug 89
2016 Borgo La Stella Gran Selezione handwerklich gut gemacht und attraktiv, doch 20 Prozent Merlot nehmen etwas an Spannung weg 88
2016 Ca’di Pesa Gran Selezione „Burrone“ solide, aber stilistisch sehr konventionell und zu brav 88
2016 Lanciola Gran Selezione „Le Masse di Greve“ bieder, flau, wenig inspirierend 88
2016 Ruffino Gran Selezione „Riserva Ducale“ Ruffinos Traditionswein ist in die Jahre gekommen: locker gewoben, geheimnislos, kein Premium-Erlebnis. Mit 300.000 Flaschen auch keine GS im Sinne der Erfinder 87
2016 Casa Emma Gran Selezione nur Oberfläche, keine Tiefe, fehlt Rückgrat 86
2016 Famiglia Nunzi Conti Gran Selezione „Vigna Elisa“ diffus, auseinanderstrebend, nicht durchgearbeitet: schwieriger Wein 86
2016 Carpineto Gran Selezione parfümierter, nach Himbeerbonbon riechender Wein, hat nichts mit einer GS zu tun 85

Gran Selezione 2015

Ein sehr warmes Jahr, das als bester Jahrgang seit 2001 gefeiert wurde und wird. Die Weine sind ungemein sinnlich und suggestiv. Viele lassen sich jetzt schon mit hohem Genuss trinken. Wenn es etwas auszusetzen gibt an ihnen, dann ist die bisweilen fehlende Frische. An eine Lebensdauer von 25 Jahren, die man Sangiovese-Spitzenweinen normalerweise attestiert, glaube ich deshalb nicht. Macht aber nichts: Sie werden bereits nach fünf oder zehn Jahren von einem Höhepunkt zum anderen schreiten, weshalb ich rate, sie nicht bis zum Sankt Nimmerleinstag im Keller zu horten. Die „Nachzügler“ auf dieser Liste sind, weil sie ein Jahr länger im Keller gereift sind als die meisten Gran Selezione, die schon letztes Jahr freigegeben wurden, teilweise auch jetzt schon phantastisch.

2015 Castello di Monsanto Gran Selezione „Vigna Il Poggio“ seit 40 Jahren der Topwein von Monsanto, und in 2015 besser denn je: herrlicher Duft, weiches Tannin, lebendige Säure, dabei fein ziseliert – in Samt gehüllt, sicher verankert. Weltklasse bei hoher Individualität 95
2015 Podere Il Palazzino Gran Selezione „Grosso Sanese“ Der Grosso Sanese war schon immer einer der besten Chianti Classico – in 2015 ist er es wieder: ein raffinierter, vielschichtiger Wein mit viel Körper und riesigem Spannungsbogen, grossem Reifepotenzial 95
2015 Rocca di Montegrossi Gran Selezione „Vigneto San Marcellino“ eine GS  mit viel dunklen Früchten, großer Aromentiefe, Massen von Tannin und feiner Säureader, die für Frische sorgt: grandios! 5% Pugnitello geben dem Wein einen Extra-Kick 94
2015 Castello di Radda Gran Selezione „Vigna Il Corno“ großartiger Wein mit Schliff, disziplinierte Fülle 93
2015 Capannelle Gran Selezione brillanter, sauber herausgearbeiteter Terroir-Wein, viel Charisma 93
2015 Cinciano Gran Selezione weicher, expressiver Sangiovese-Wein, klassische Stilistik, gute Balance, sehr gut 92
2015 Colle Bereto Gran Selezione sehr kompakt und kräftig, aber zugleich auch elegant, leicht rauchige Terroirnote, gelungen 92
2015 Colombaio di Cencio Gran Selezione schöner, suggestiver Wein mit guter Substanz, ohne Ecken und Kanten, gleichwohl authentisch 92
2015 Vecchie Terre di Montefili Gran Selezione eleganter, feinstrahliger Wein mit herausstechender Frucht, immer elegant, nie behäbig 92
2015 Borgo Salcetino Gran Selezione „I Salci“ sehr homogener, kompakter Wein der aus dem Friaul stammenden Familie Livon, macht Freude 91
2015 Castelli del Grevepesa Gran Selezione „Panzano“ sehr respektabler, seriöser Wein einer kleinen Cooperative, gut gebaut, genußvoll zu trinken 90
2015 Antica Fattoria Machiavelli Gran Selezione „Vigna di Fontalle“ gute, aber ziemlich brave Gran Selezione 89
2015 San Fabiano Calcinaia Gran Selezione „Cellole“ etwas zu reif, verliert in einem warmen Jahr wie 2015 an Spannung (je 5% Colorino und Merlot) 89
2015 Tenuta di Nozzole Gran Selezione „Giovanni Folonari“ der Gefahr eines sehr warmen Jahrgangs erlegen: schon müde, ja: schlapp 88
2015 Banfi Gran Selezione „Fonte alla Selva“ in die Breite gehend, behäbig, volumninös, undifferenziert: spannungslos (10% Cabernet Sauvignon, 5% Merlot) 86

Gran Selezione 2013 und 2012

Ein paar Weingüter haben es vorgezogen, ihre GS erst nach fünf Jahren freizugeben. Die Weinberge dieser drei Weingüter liegen 500 Meter hoch und höher. Entsprechend langsamer reifen ihre Weine. 2012 und 2013 waren warme Jahre, aber 2013 verzeichnete auch kühle Phasen zwischen den Hitzewellen.

2012 Fattoria di Montemaggio Gran Selezione guter Wein, aber weder packend noch spektakulär, eher halbherzig (mit 5% Merlot) 89
2013 Castello di Cacchiano Gran Selezione  „Millennio“ lange gereift, geduldig gewartet: in dieser GS ist alles drin, was einen guten, traditionellen  Chianti Classico ausmacht, nicht verbiegbar, völlig ungekünstelt, knackig-frisch, charismatisch 93
2013 Villa Trasqua Gran Selezione „Nerento“ kompakt, straff gewirkt mit viel dunklen Beeren, Unterholzwürze, Gewürznelken und glattem Tannin, noch sehr verschlossen: nicht spektakulärer, aber doch erfreulicher Wein dieses niederländisch-schweizerischen Gutes 90

 

 

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