Gran Selezione 2015 und 2016: Nie war Chianti Classico besser als heute

Jens Priewe hat rund 90 Gran Selezione verkostet – die neue Premium-Kategorie des Chianti classico. Sein Fazit: Die qualitativ homogenste Appellation in der Toskana derzeit.

Der Chi­an­ti Clas­si­co war ein­mal der Lieb­lings­rot­wein der Deut­schen. Das ist 25 Jah­re her. Seit­dem hat sich die Lie­be für die­sen Wein merk­lich abge­kühlt. War­um? Ist er zu tan­nin­reich? Zu teu­er? Haben ihm ande­re, wei­che­re Wei­ne den Rang abge­lau­fen? Oder ist San­gio­ve­se ein­fach out? Nie­mand weiss es genau. Ich ver­ste­he die schwin­den­de Begeis­te­rung der Rot­wein­trin­ker hier­zu­lan­de nicht ganz. Als Jour­na­list habe ich die Mög­lich­keit, jedes Jahr alle Rot­wei­ne der Tos­ka­na in vol­ler Brei­te zu pro­bie­ren, also auch Bru­nel­lo di Mon­tal­ci­no, Vino Nobi­le, Chi­an­ti, Car­migna­no, Morel­li­no di Scans­a­no und so wei­ter. Und ich bin der Mei­nung, dass aus kei­ner ande­ren Appel­la­ti­on in der Tos­ka­na der­zeit qua­li­ta­tiv so hoch­ste­hen­de, vor allem homo­gen gute Wei­ne kom­men wie aus dem Chi­an­ti Clas­si­co. Im Gegen­satz zu den ande­ren Appel­la­tio­nen ist der Anteil der ent­täu­schen­den, ja dilet­tan­ti­schen Wei­ne dort äus­serst gering.

Transparenz und Eleganz

Weinberge Castello di Ama © Ama
Wein­ber­ge Cas­tel­lo di Ama ©Ama

Im Chi­an­ti Clas­si­co, also dem Land­strich zwi­schen Flo­renz und Sie­na, zie­hen sich die Wein­ber­ge bis auf 550 Meter hin. Das Kli­ma ist küh­ler als in den meer­na­hen Appel­la­tio­nen. Die Wei­ne besit­zen daher von Natur aus ein sehr fes­tes Tan­nin, was oft dazu führt, dass sie in den ers­ten Jah­ren ver­schlos­se­ner sind als bei­spiels­wei­se die Bru­nel­lo di Mon­tal­ci­no. Das mag den einen oder ande­ren Wein­trin­ker ver­un­si­chert haben. Doch dank der Kli­ma­er­wär­mung ist das Tan­nin heu­te in nahe­zu jedem Jahr reif. Mine­ra­li­tät und Frucht, die die Wei­ne mit­brin­gen, sind aus­ge­präg­ter denn je. Und: Die Wei­ne besit­zen eine Trans­pa­renz und Ele­ganz, wie sie nur weni­ge ande­re Sangiovese-Weine auf­wei­sen. Fin­de ich.

Das gab es noch nie: 4 sehr gute bis grosse Jahrgänge hintereinander

Vor drei Mona­ten habe ich wie­der die Chi­an­ti Clas­si­co von knapp 200 Gütern ver­kos­tet. Der ein­fa­che Chi­an­ti Clas­si­co, der 56 Pro­zent der Gesamt­pro­duk­ti­on aus­macht, besticht durch die Bank mit herz­haf­ter Frucht und gros­ser Fri­sche (obwohl 2018 ein sehr war­mes Jahr war). Auch die 2017er Annata-Weine, die eini­ge Güter erst jetzt frei­ge­ge­ben, sind durch­weg über­zeu­gend. Vie­le die­ser Chi­an­ti Clas­si­co hat­ten schon in den war­men Jah­ren 2015 und 2016 die Sta­tur einer klei­nen Riser­va – in 2018 ist es wie­der so. Aber die fei­ne Säu­re, die sie durch­zieht, sorgt gleich­zei­tig für Fri­sche – eigent­lich Wei­ne wie aus dem Bil­der­buch, die sich wohl­tu­end abhe­ben von den zahl­lo­sen schwe­ren, fül­li­gen Rot­wei­nen aus ande­ren Tei­len Ita­li­ens. Bei End­ver­brau­cher­prei­sen zwi­schen 10 und 18 Euro sind sie auch nicht abge­ho­ben. Müss­te ich drei Wei­ne exem­pla­risch anfüh­ren, wären es Prin­ci­pe Cor­si­ni, Castell’in Vil­la, Le Cinciole.

Gran Selezione die Spitze der Qualitätspyramide

In die­sem Arti­kel möch­te ich Ihnen jedoch nur die neu­en Super-Chianti Clas­si­co „Gran Sele­zio­ne“ vor­stel­len – eine Kate­go­rie, die erst 2010 ein­ge­führt wor­den ist für Wei­ne aus der bes­ten Lage (oder den bes­ten Lagen) eines Wein­guts. Die Gran Sele­zio­ne (GS) steht in der Qua­li­täts­hier­ar­chie noch über der Riser­va. Sie reprä­sen­tiert men­gen­mäs­sig zwar nur sechs Pro­zent der Pro­duk­ti­on, macht aber, da zwi­schen 30 und 60 Euro pro Fla­sche kos­tend, einen deut­lich höhe­ren Teil des Umsatz­vo­lu­mens aus und ist daher für die Wein­gü­ter poten­zi­ell von gros­ser wirt­schaft­li­cher Bedeu­tung. Eine GS steht für für Fines­se und Lang­le­big­keit. Mit ihr reagie­ren die Chi­an­ti Classico-Winzer und das sie ver­tre­ten­de Con­sor­zio Gal­lo Nero auf die gestie­ge­nen Qua­li­täts­an­sprü­che des inter­na­tio­na­len Wein­mark­tes. Mein Ein­druck nach der Ver­kos­tung: Rund 70 Pro­zent lie­gen in Bereich zwi­schen 90 und 96 Punk­ten – eine Quo­te, die kei­ne ande­re Sangiovese-Appellation in der Tos­ka­na erreicht.

Kritik an der Gran Selezione – und wie ihr begegnet wird

Giovanni Manetti, Präsident des Consorzi Gallo Nero © Gallo Nero
Gio­van­ni Manet­ti, Prä­si­dent des Con­sor­zio Gal­lo Nero © Gal­lo Nero

Gleich­wohl ist die GS nicht unum­strit­ten. Vie­le ehe­ma­li­ge Riser­ve, so der Vor­wurf oder die Befürch­tun­gen, wür­den heu­te als GS fir­mie­ren, um höher­prei­sig ange­bo­ten wer­den zu kön­nen. Dem ist zu ent­geg­nen, dass die Qua­li­täts­vor­schrif­ten für die GS stren­ger sind als für die Riser­va, so dass die Wei­ne in der Regel an Qua­li­tät gewon­nen haben. Ein ande­rer Ein­wand lau­tet, dass es in der Tos­ka­na kei­ne amt­lich klas­si­fi­zier­ten Lagen­be­zeich­nun­gen gibt nach dem Vor­bild Bur­gund oder Deutsch­land. Was eine „bes­te“ Lage ist, ist in das Belie­ben eines Wein­guts gestellt. Stimmt. Vor­aus­set­zung für die Aner­ken­nung als GS ist aller­dings, dass das End­pro­dukt ana­ly­tisch und orga­no­lep­tisch die stren­gen GS-Kriterien erfüllt.

Die Dis­kus­sio­nen inner­halb des Con­sor­zio Gal­lo Nero sind denn auch noch nicht zu Ende. Unter der Prä­si­dent­schaft von Gio­van­ni Manet­ti (Fon­to­di) wird der­zeit gestrit­ten, ob eine GS immer die Anga­be der Kom­mu­ne auf dem Eti­kett tra­gen muss, aus der die Trau­ben kom­men (das Chi­an­ti Clas­si­co ist in acht Kom­mu­nen unter­teilt). Damit soll zumin­dest ver­hin­dert wer­den, dass Gross­gü­ter Trau­ben aus meh­re­ren Kom­mu­nen zu einer GS zusam­men­mi­schen, um eine sechs­stel­li­ge Anzahl an Fla­schen pro­du­zie­ren zu kön­nen – eine Mass­nah­me, die der Idee der GS zuwi­der läuft, die ja ein Ter­ro­ir­wein sein soll. Eini­ge Vor­schlä­ge gehen noch wei­ter. So sol­len auch Orts­tei­le der jewei­li­gen Kom­mu­nen auf dem Eti­kett erschei­nen (z.B. Panz­a­no, Orts­teil der Kom­mu­ne Gre­ve). Aus­ser­dem wird gefor­dert, dass eine GS ganz aus San­gio­ve­se bestehen muss. Zwar sind die meis­ten GS bereits jetzt rein­sor­ti­ge Sangiovese-Weine. Doch offi­zi­ell gilt die Regel, dass ein Chi­an­ti Clas­si­co 20 Pro­zent ande­re rote Sor­ten ent­hal­ten darf, also auch die GS.

Manche Riserva ist genauso gut oder besser als eine Gran Selezione

Eine Pflicht, eine GS her­aus­zu­brin­gen, exis­tiert für die Wein­gü­ter nicht. Weni­ger als die Hälf­te der Fla­schen­ab­fül­ler hat von der Mög­lich­keit bis­her Gebrauch gemacht. Renom­mier­te Wein­gü­ter wie Badia a Col­ti­buo­no, Rie­ci­ne, Cas­tel­la­re di Cas­tel­li­na, Bran­ca­ia, San Gius­to a Ren­ten­n­a­no sind bis­land nicht auf den Zug auf­ge­sprun­gen. Für sie ist die Riser­va nach wie vor ihr Top­wein. Und wer ihre Riser­ve ver­kos­tet, wird schnell fest­stel­len, dass sie auf dem Niveau der bes­ten GS sind: Bran­ca­ia (93), Badia a Col­ti­buo­no „Cul­tus Boni“ (94), Cas­tel­la­re (92), San Gius­to a Ren­ten­n­a­no „Baron­co­le“ (93), Rie­ci­ne (94). Immer­hin: Zahl­rei­che Wein­gü­ter, die jetzt noch skep­tisch sind, über­le­gen, künf­tig auch eine GS anzu­bie­ten. Ein Spit­zen­er­zeu­ger wie Quer­cia­bel­la etwa war­tet nur dar­auf, dass eine kom­mu­na­le DOCG geschaf­fen ist, die die Anga­be einer Lagen­be­zeich­nung vor­sieht. Dabei erreicht Quer­cia­bel­las Riser­va jetzt schon locker 93 Punk­te. Auch die in deut­scher Hand befind­li­chen Wein­gü­ter Nitt­ar­di, Mon­te Ber­nar­di, Cas­ta­gno­li ste­hen einer GS bis­lang reser­viert gegen­über. Trotz­dem: Die Zahl der Betrie­be, die eine GS auf den Markt brin­gen, nimmt rapi­de zu. Im letz­ten Jahr ist sie von 95 auf 144 gestie­gen. Zu ihrem Nach­teil war es nicht. Men­gen­mäs­sig machen Gran Sele­zio­ne und Riser­va zusam­men 42 Pro­zent allen Chi­an­ti Clas­si­co aus, der pro­du­ziert wird – umsatz­mäs­sig aber 55 Prozent.

Weingut Fèlsina © Fèlsina
Wein­gut Fèl­si­na ©Fèl­si­na

Gran Selezione 2016

2016 war ein kli­ma­tisch aus­ge­gli­che­nes Jahr. Die Hit­ze war nicht exzes­siv, in den Näch­ten kühl­ten die Tem­pe­ra­tu­ren wie­der ab. Nicht nur wäh­rend der Vege­ta­ti­ons­pe­ri­ode, auch nach der Vérai­son gab es immer wie­der Nie­der­schlä­ge, so dass die Reben sich gut ent­wi­ckeln konn­te. Aus die­sen Grün­den gilt 2016 als ein Spit­zen­jahr. Die Wei­ne sind einer­seits kraft­voll und gut struk­tu­riert, ande­rer­seits besit­zen sie Fri­sche und Frucht. Die Kon­su­men­ten wer­den aller­dings ein paar Jah­re war­ten müs­sen, bis die Wei­ne sich öff­nen und mehr als nur Pri­mär­aro­men zei­gen. Dann erwar­tet sie ein hoher Genuss.

2016Fon­to­diGran Sele­zio­ne  „Vigna del Sorbo“gran­dio­ser Wein ohne kraft­meie­ri­sche Allü­ren, dicht, dun­kel, trotz hohen Alko­hols mit fri­scher Frucht, jodi­ger Wür­ze, spür­ba­rer Säu­ra­der und süßem, gut ver­schmol­ze­nem Tan­nin: noch bes­ser als der 2015er96
2016Rica­so­liGran Sele­zio­ne „Ceni­pri­mo“rela­tiv trans­pa­rent in der Far­be, aber aro­m­en­tief mit schief­ri­ger Wür­ze, Cas­sis­duft, schwar­zer Pfef­fer und superz­ar­tem, „ver­steck­ten“ Tan­nin. Ech­ter Terroriwein.95
2016Cas­tel­lo di VolpaiaGran Sele­zio­ne „Il Puro“klei­ner, unter­halb von Vol­pa­ia gele­ge­ner Wein­berg mit 25 ver­schie­de­ne­nen Sangiovese-Klonen: spek­ta­ku­lä­re GS mit Pathos und Volu­men, gros­ses Thea­ter, lei­der sehr rar (1.900 Flaschen)94
2016Pog­gio al SoleGran Sele­zio­ne  „Casa­si­lia“Der bes­te Casa­si­lia ever, wenn­gleich noch immer im eisen­en Griff des Tannins: hoch­kom­plex, rei­fe Frucht mit zar­tem Säu­re­biss: für mich ein Epi­tom des Sangiovese94
2016Rica­so­liGran Sele­zio­ne „Col­le­di­là“der „bur­gun­dischs­te“ aller GS von Rica­so­li, geschlif­fe­ne, fast sof­te Tan­ni­ne, wirkt leich­ter und unkom­pli­zier­ter, als er ist. Schon jetzt antrinkbar94
2016Rica­so­liGran Sele­zio­ne „Ron­ci­co­ne“Cock­tail von dunk­len Früch­ten, wür­zi­ge Macchia-Noten, dunk­ler Tabak, sei­di­ges Tan­nin: 6000 Fla­schen von einem eigen­wil­li­gen Terroir94
2016Vec­chie Terre di MontefiliGran Sele­zio­ne „Vigna Vecchia“inzwi­schen in US-Besitz befind­li­che Boutique-Winery, die jedoch mit glei­chem Enthu­si­as­mus arbei­tet wie die ita­lie­ni­schen Vor­be­sit­zer: ela­bo­riert, hoch­ele­gant, geschlif­fen, tief – ein packen­der Wein94
2016Cas­tel­lo di FonterutoliGran Sele­zio­nerei­cher, rubin­rot fun­keln­der Wein mit Veilchen-, Kirsch- und Brom­beer­aro­ma, der von süßem, fein­kör­ni­gen Tan­nin zusam­men­ge­hal­ten wird. Ein sehr kom­plet­ter Wein, dicht gewo­ben, mus­ku­lös, noch viel zu jung, um geöff­net zu wer­den. 50.000 Fla­schen in die­ser Qua­li­tät – Respekt!94
2016Fèl­si­naGran Sele­zio­ne „Colo­nia“nach dem sen­sa­tio­nel­len 2015er ein sehr guter 2016er: mineralisch-elegant, sei­di­ges Tan­nin, trans­pa­ren­te Frucht – wie aus einem Guss, doch die spek­ta­ku­lä­re Fül­le und Kon­zen­tra­ti­on hat der Nach­fol­ger nicht94
2016Cas­tel­lo di VolpaiaGran Sele­zio­ne „Col­tas­sa­la“fas­zi­nie­ren­der Wein aus einem der höchs­ten Lagen des Gebiets, in 2017 ein gro­ßer Vor­teil: “nur“ mitt­le­re Struk­tur, aber prä­zi­ser Auf­bau, trans­pa­ren­te Frucht, fri­sche Säu­re, hohe Ele­ganz – Chi­an­ti Clas­si­co at its best93
2016Le Fili­gareGran Sele­zio­ne „Loren­zo“tol­ler Wein mit rie­si­ger Sub­stanz, Wahn­sinn­s­tan­nin, gro­ße Zukunft: ech­te Selek­ti­on, mode­rat bepreist93
2016Mar­che­si AntinoriGran Sele­zio­ne „Badia a Passignano“sehr gekonn­ter, mit siche­rer Hand vini­fi­zier­ter Wein, viel Schliff, glat­te Län­ge, polier­tes Tan­nin: Main­stream auf hohem Niveau93
2016Prin­ci­pe Cor­si­ni – Vil­la Le CortiGran Sele­zio­ne „Zac“hoch­wer­tigs­te Sangiovese-Selektion des Gutes: der mit­reis­sen­de­re der bei­den Gran Sele­zio­ne, fri­scher und weni­ger mar­me­la­dig,  viel Grip93
2016Cas­tel­lo di AmaGran Sele­zio­ne „San Lorenzo“rela­tiv hel­ler Wein mit geschlif­fe­ner Frucht und sanf­tem Tan­nin, dank des wei­chen Mer­lot (13%) schon jetzt zugäng­lich: ein sehr linea­rer, Wein, nicht reich, son­dern kom­plex mit gros­ser Aro­m­en­tie­fe, von fri­scher, rei­fer Säu­re geädert, transparent.93
2016Rica­so­liGran Sele­zio­ne „Cas­tel­lo di Brolio“Gut balan­cier­ter Wein ohne Ecken und Kan­ten (50.000 Fla­schen), sehr prä­zis, fein gewo­ben, viel Fri­sche bei sat­ter, rei­fer Frucht93
2016Cas­tel­lo di QuercetoGran Sele­zio­ne  „Il Picchio“erst­mals als Gran Sele­zio­ne: dun­kel, dicht, kon­zen­triert, holz­be­tont – klebt förm­lich am Gaumen92
2016San Feli­ceGran Sele­zio­ne „Pog­gio Rosso“kein Über­f­lie­fer, aber ein tol­ler, bes­tens gelun­ge­ner Wein92
2016Vig­nam­ag­gioGran Sele­zio­ne „Mon­na Lisa“sehr gelun­ge­ner, nicht über­la­de­ner Wein, herr­li­che Chi­an­ti Classico-Aromatik, leicht zu trin­ken und den­noch gewich­tig (5% Caber­net Sauvignon)92
2016Can­ta­li­ciGran Sele­zio­neprä­zi­se, sau­be­re Frucht, kräf­ti­ges Tannin-Korsett, packen­der Wein91
2016Cas­tel­lo di VerrazzanoGran Sele­zio­ne „Sas­sel­la“etwas rau und rus­ti­kal, aber gesun­de Sub­stanz, tra­di­tio­nel­le Stilistik91
2016Il Moli­no di Grace Gran Sele­zio­ne „Il Margone“gut gebau­ter, stim­mi­ger Wein mit kräf­ti­gem Tan­nin­rück­grat, frü­her als Riser­va auf den Markt gekommen91
2016Le Fon­ti PanzanoGran Sele­zio­neklas­si­scher Wein mit käf­ti­gem Tan­nin und schö­ner, prä­zi­ser Frucht, etwas kom­pak­ter als die Riserva91
2016Prin­ci­pe Cor­si­ni – Vil­la Le CortiGran Sele­zio­ne „Don Tommaso“dicht gewo­ben, flei­schig, sof­tes Tan­nin, strom­li­ni­en­för­mig – gut, aber schwer und etwas behä­big (mit 20% Merlot)91
2016Roc­ca di CastagnoliGran Sele­zio­ne „Stiel­le“frü­her Riser­va, jetzt GS: wie immer sehr sau­ber, grad­li­nig, gute Struktur91
2016Tenu­ta di LillianoGran Sele­zio­neerkenn­bar tra­di­tio­nel­le GS im bes­ten Sin­nes des Wor­tes: nicht über­la­den, kein Tan­nin­mons­ter, aber mit schö­ner aus­drucks­vol­ler Frucht und guter Säure91
2016Bibbia­noGran Sele­zio­ne „Vigna del Capannino“nicht spek­ta­ku­lär, aber ohne Fehl und Tadel und mit gerr­lich aus­drucks­vol­ler Frucht und Würze91
2016Il Pog­gio­li­noGran Sele­zio­ne „Le Balze“unge­stüm, fast wild, Mas­sen von Tan­nin, daher jetzt schwer zu trin­ken, sti­lis­tisch eher rus­ti­kal und sper­rig, doch mit aller­bes­ter Substanz91
2016Casa­le del­lo SparvieroGran Sele­zio­ne „Paron­za“kei­ne gro­ße, aber eine fei­ne, ele­gan­te Gran Selezione90
2016Cas­tel­lo VicchiomaggioGran Sele­zio­ne  „Le Bolle“gut gebaut, viel Aus­druck, viel­leicht etwas  locker gewo­ben und daher nicht über­mäs­sig lang­le­big, dafrür aber jetzt ein Genuss90
2016Fami­glia CecchiGran Sele­zio­ne „Vil­la Rosa“zwei­ter Jahr­gang die­ses Weins: rela­tiv hell in der Far­be, doch tief im Aro­ma und von sei­di­ger Textur90
2016Roc­ca del­le MacieGran Sele­zio­ne „Ser­gio Zingarelli“aus­drucks­vol­ler Top-Wein des Gutes, Brom­beer und Pflu­men im Bou­quet, mitt­le­re Län­ge am Gaumen90
2016Savi­gno­la PaolinaGran Sele­zio­ne „360°“klei­nes Wein­gut, das nach Jah­ren der Mit­tel­mä­ßigkdeit wie­der auf dem Weg nach oben ist: fei­ner nicht über­mä­ßig kom­ple­xer, aber aus­drucks­vol­ler Wein. Kompliment.90
2016Can­ti­na CastelvecchiGran Sele­zio­ne „Madon­ni­na del­la Pieve“dich­ter, fein gewirk­ter Stoff, lei­der mit leich­ter Brettanomyces-Note89
2016Casa SolaGran Sele­zio­neordent­li­cher, nicht über­mä­ßig kom­ple­xer, aber sau­be­rer, aus­drucks­vol­ler Wein89
2016Cas­tel­lo di AlbolaGran Sele­zio­ne „San­ta Caterina“sicher kein Gän­se­haut­wein, aber sau­ber, sub­stanz­reich, schon antrinkbar89
2016Cas­tel­lo di BossiGran Sele­zio­neKraft­pa­ket mit viel Power und guter Sub­stanz, aber nicht bis in die letz­te Faser durchgearbeitet89
2016Fami­glia CecchiGran Sele­zio­ne  „Valo­re di Famiglia“sehr tra­di­tio­nel­ler, rus­ti­ka­ler Wein mit gutert Sub­stanz, etwas zu brav89
2016Lamo­le di LamoleGran Sele­zio­ne „Vigne­to di Campolungo“fei­nes Veilchen-Buquet, gute Struk­tur, mitt­le­re Län­ge: solide89
2016Querce­to di CastellinaGran Sele­zio­ne „Sei“sehr sau­ber, klar, schnör­kel­los, guter Aus­druck, mitt­le­re Substanz89
2016Ruf­fi­noGran Sele­zio­ne „Romi­t­orio di Santedame“streng, kraft­voll, straff gewirkt: ein gut  gewach­se­ner Wein mit Grip und Aus­druck, es fehlt aller­dings der Spannungsbogen89
2016Die­vo­leGran Sele­zio­ne  „Vigna di Sessina“hel­ler, leicht­ge­wich­ti­ger Chi­an­ti Clas­si­co, rela­tiv ein­fach gestrickt, kein Aufreger89
2016Bin­di SergadiGran Sele­zio­ne „Mocen­ni 89“gut gemacht, prä­zi­se Frucht, fei­ne Säu­re­no­te, mode­ra­tes Tan­nin, ins­ge­samt nicht gewich­tig genug89
2016Bor­go La StellaGran Sele­zio­nehand­werk­lich gut gemacht und attrak­tiv, doch 20 Pro­zent Mer­lot neh­men etwas an Span­nung weg88
2016Ca’di PesaGran Sele­zio­ne „Bur­ro­ne“soli­de, aber sti­lis­tisch sehr kon­ven­tio­nell und zu brav88
2016Lan­cio­laGran Sele­zio­ne „Le Mas­se di Greve“bie­der, flau, wenig inspirierend88
2016Ruf­fi­noGran Sele­zio­ne „Riser­va Ducale“Ruf­fi­nos Tra­di­ti­ons­wein ist in die Jah­re gekom­men: locker gewo­ben, geheim­nis­los, kein Premium-Erlebnis. Mit 300.000 Fla­schen auch kei­ne GS im Sin­ne der Erfinder87
2016Casa EmmaGran Sele­zio­nenur Ober­flä­che, kei­ne Tie­fe, fehlt Rückgrat86
2016Fami­glia Nun­zi ContiGran Sele­zio­ne „Vigna Elisa“dif­fus, aus­ein­an­der­stre­bend, nicht durch­ge­ar­bei­tet: schwie­ri­ger Wein86
2016Car­pi­ne­toGran Sele­zio­nepar­fü­mier­ter, nach Him­beer­bon­bon rie­chen­der Wein, hat nichts mit einer GS zu tun85

Gran Selezione 2015

Ein sehr war­mes Jahr, das als bes­ter Jahr­gang seit 2001 gefei­ert wur­de und wird. Die Wei­ne sind unge­mein sinn­lich und sug­ges­tiv. Vie­le las­sen sich jetzt schon mit hohem Genuss trin­ken. Wenn es etwas aus­zu­set­zen gibt an ihnen, dann ist die bis­wei­len feh­len­de Fri­sche. An eine Lebens­dau­er von 25 Jah­ren, die man Sangiovese-Spitzenweinen nor­ma­ler­wei­se attes­tiert, glau­be ich des­halb nicht. Macht aber nichts: Sie wer­den bereits nach fünf oder zehn Jah­ren von einem Höhe­punkt zum ande­ren schrei­ten, wes­halb ich rate, sie nicht bis zum Sankt Nim­mer­leins­tag im Kel­ler zu hor­ten. Die „Nach­züg­ler“ auf die­ser Lis­te sind, weil sie ein Jahr län­ger im Kel­ler gereift sind als die meis­ten Gran Sele­zio­ne, die schon letz­tes Jahr frei­ge­ge­ben wur­den, teil­wei­se auch jetzt schon phantastisch.

2015Cas­tel­lo di MonsantoGran Sele­zio­ne „Vigna Il Poggio“seit 40 Jah­ren der Top­wein von Mons­an­to, und in 2015 bes­ser denn je: herr­li­cher Duft, wei­ches Tan­nin, leben­di­ge Säu­re, dabei fein zise­liert – in Samt gehüllt, sicher ver­an­kert. Welt­klas­se bei hoher Individualität95
2015Pode­re Il PalazzinoGran Sele­zio­ne „Grosso Sanese“Der Grosso Sane­se war schon immer einer der bes­ten Chi­an­ti Clas­si­co – in 2015 ist er es wie­der: ein raf­fi­nier­ter, viel­schich­ti­ger Wein mit viel Kör­per und rie­si­gem Span­nungs­bo­gen, gros­sem Reifepotenzial95
2015Roc­ca di MontegrossiGran Sele­zio­ne „Vigne­to San Marcellino“eine GS  mit viel dunk­len Früch­ten, gro­ßer Aro­m­en­tie­fe, Mas­sen von Tan­nin und fei­ner Säu­rea­der, die für Fri­sche sorgt: gran­di­os! 5% Pug­nitel­lo geben dem Wein einen Extra-Kick94
2015Cas­tel­lo di RaddaGran Sele­zio­ne „Vigna Il Corno“groß­ar­ti­ger Wein mit Schliff, dis­zi­pli­nier­te Fülle93
2015Capan­nel­leGran Sele­zio­nebril­lan­ter, sau­ber her­aus­ge­ar­bei­te­ter Terroir-Wein, viel Charisma93
2015Cin­cia­noGran Sele­zio­newei­cher, expres­si­ver Sangiovese-Wein, klas­si­sche Sti­lis­tik, gute Balan­ce, sehr gut92
2015Col­le BeretoGran Sele­zio­nesehr kom­pakt und kräf­tig, aber zugleich auch ele­gant, leicht rau­chi­ge Ter­ro­irn­o­te, gelungen92
2015Colom­baio di CencioGran Sele­zio­neschö­ner, sug­ges­ti­ver Wein mit guter Sub­stanz, ohne Ecken und Kan­ten, gleich­wohl authentisch92
2015Vec­chie Terre di MontefiliGran Sele­zio­neele­gan­ter, fein­strah­li­ger Wein mit her­aus­ste­chen­der Frucht, immer ele­gant, nie behäbig92
2015Bor­go SalcetinoGran Sele­zio­ne „I Salci“sehr homo­ge­ner, kom­pak­ter Wein der aus dem Fri­aul stam­men­den Fami­lie Livon, macht Freude91
2015Cas­tel­li del GrevepesaGran Sele­zio­ne „Panz­a­no“sehr respek­ta­bler, seriö­ser Wein einer klei­nen Coope­ra­ti­ve, gut gebaut, genuß­voll zu trinken90
2015Anti­ca Fat­to­ria MachiavelliGran Sele­zio­ne „Vigna di Fontalle“gute, aber ziem­lich bra­ve Gran Selezione89
2015San Fabia­no CalcinaiaGran Sele­zio­ne „Cel­lo­le“etwas zu reif, ver­liert in einem war­men Jahr wie 2015 an Span­nung (je 5% Colo­ri­no und Merlot)89
2015Tenu­ta di NozzoleGran Sele­zio­ne „Gio­van­ni Folonari“der Gefahr eines sehr war­men Jahr­gangs erle­gen: schon müde, ja: schlapp88
2015Ban­fiGran Sele­zio­ne „Fon­te alla Selva“in die Brei­te gehend, behä­big, volum­ni­nös, undif­fe­ren­ziert: span­nungs­los (10% Caber­net Sau­vi­gnon, 5% Merlot)86

Gran Selezione 2013 und 2012

Ein paar Wein­gü­ter haben es vor­ge­zo­gen, ihre GS erst nach fünf Jah­ren frei­zu­ge­ben. Die Wein­ber­ge die­ser drei Wein­gü­ter lie­gen 500 Meter hoch und höher. Ent­spre­chend lang­sa­mer rei­fen ihre Wei­ne. 2012 und 2013 waren war­me Jah­re, aber 2013 ver­zeich­ne­te auch küh­le Pha­sen zwi­schen den Hitzewellen.

2012Fat­to­ria di MontemaggioGran Sele­zio­neguter Wein, aber weder packend noch spek­ta­ku­lär, eher halb­her­zig (mit 5% Merlot)89
2013Cas­tel­lo di CacchianoGran Sele­zio­ne  „Mil­len­nio“lan­ge gereift, gedul­dig gewar­tet: in die­ser GS ist alles drin, was einen guten, tra­di­tio­nel­len  Chi­an­ti Clas­si­co aus­macht, nicht ver­bieg­bar, völ­lig unge­küns­telt, knackig-frisch, charismatisch93
2013Vil­la TrasquaGran Sele­zio­ne „Nere­n­to“kom­pakt, straff gewirkt mit viel dunk­len Bee­ren, Unter­holz­wür­ze, Gewürz­nel­ken und glat­tem Tan­nin, noch sehr ver­schlos­sen: nicht spek­ta­ku­lä­rer, aber doch erfreu­li­cher Wein die­ses niederländisch-schweizerischen Gutes90

 

 

1 Kommentar

  • Hal­lo Herr Priewe,
    freue mich, von Ihnen wie­der über Chi­an­ti Clas­si­co zu lesen.
    Zwei Anre­gun­gen, da ‚preis­be­wuß­ter, aber Qua­li­tät lie­ben­der End­ver­brau­cher‘ GS-Weine eher sel­ten trinkt: Ich löse ger­ne ein­mal über die CC-Weingüter in Dt. Hand und dann stel­len Sie die am Anfang gelob­ten drei Erzeu­ger Princi­pe Cor­si­ni, Castell’in Vil­la und Le Cin­cio­le doch ein­mal aus­führ­li­cher vor.
    Gruß aus Berlin.

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