Glorreiche Sieben: Großes Cava-Kino in Madrid

Sommelier und Cava-Experte Xavi Viles. © Thomas Götz
Bei einer Master Class in der spanischen Hauptstadt präsentierte die DO Cava sieben Spitzenschäumer. Thomas Götz war vor Ort und berichtet.

Neu­lich sprach ich mit einem Wein­händ­ler über Cava. Sei­ne Kund­schaft, erzähl­te er, schät­ze den spa­ni­schen Schaum­wein für gute Qua­li­tät zu einem güns­ti­gen Preis. Sobald die Kun­den aber mehr Geld aus­ge­ben, grif­fen sie stets zu Cham­pa­gner. Um im höhe­ren Preis­seg­ment zu bestehen, so sei­ne Ein­schät­zung, feh­le es Cava in Deutsch­land an Prestige.

Gewiss. Cham­pa­gner hat ein gro­ßes Renom­mee und wird von man­chen Leu­ten gar als Luxus­pro­dukt und Sta­tus­sym­bol ange­se­hen. „Cava ist mehr als eine güns­ti­ge Alter­na­ti­ve“, will ich trotz­dem allen zuru­fen, nach­dem ich im Novem­ber eine famo­se Wein­pro­be in Madrid besuch­te. Som­me­lier Xavi Viles stell­te sie­ben Top-Gewächse vor und sprach ein­lei­tend von einem „Moment des Wan­dels“, den Cava aktu­ell vollziehe.

Kon­kret spielt er auf ein 2021 ver­ab­schie­de­tes Regel­werk der DO Cava an, wel­ches die Bedeu­tung von Ter­ro­ir stär­ker als bis­her in den Fokus rückt. „Cava ist kein Pro­dukt, son­dern eine Her­kunft“, betont Xavi Viles. Was meint er damit?

Einer­seits defi­niert sich Cava durch die Métho­de Tra­di­tio­nel­le. Doch nicht jeder Schaum­wein aus klas­si­scher Fla­schen­gä­rung ist auto­ma­tisch ein Cava. Der Name steht ande­rer­seits für ein Gebiet. Betrach­tet man die­ses auf der Land­kar­te, dann offen­ba­ren sich vier Haupt­zo­nen in Kata­lo­ni­en, Valen­cia, der Extre­ma­du­ra und ent­lang des Ebrot­als. Die­se Regio­nen ver­fü­gen über unter­schied­li­che Böden, Reb­sor­ten und Kli­mas. Ent­spre­chend viel­sei­tig fällt das Ange­bot an Schaum­wei­nen aus.

Das neue Regle­ment erlaubt Erzeu­gern nun die Zonen auf ihren Eti­ket­ten aus­zu­wei­sen (was bis­lang nicht mög­lich war). Kon­su­men­ten kön­nen somit Cavas aus diver­sen Her­künf­ten erken­nen und vergleichen.

Das mediterrane Klima Kataloniens begünstigt den Typ Brut Nature

Die größ­te Zone heißt Com­tats de Bar­ce­lo­na. Sie kommt auf 95 Pro­zent der Wein­pro­duk­ti­on. Natür­lich sind wir in Kata­lo­ni­en, der Wie­ge und dem Kern­land von Cava. Hier fin­den sich die nam­haf­tes­ten Erzeu­ger und bes­ten Cavas, die Fül­le, Fein­heit und Ras­sig­keit in so wun­der­ba­rer Wei­se kom­bi­nie­ren. Die in Madrid prä­sen­tier­ten Schäu­mer stam­men aus­nahms­los von dort.

Com­tats de Bar­ce­lo­na ist in fünf Sub­zo­nen unter­teilt. Eine davon ist Ser­ra de Mar. Das Gebiet liegt direkt am Mit­tel­meer, des­sen Bri­sen die Wein­ber­ge im Som­mer abküh­len. Ein cha­rak­te­ris­ti­sches Merk­mal ist fer­ner der Gra­nit­s­and­bo­den „Sau­lo“, von dem es heißt, er ver­lei­he den Wei­nen Mine­ra­li­tät und elek­tri­sie­ren­de Säure.

Wein­gut Alta Alel­la, im Hin­ter­grund Bar­ce­lo­na. © Alta Alella

Der qua­li­ty lea­der in Ser­ra de Mar ist das bio­lo­gisch arbei­ten­de Wein­gut Alta Alel­la. Den Basis­wein für die Gran Reser­va Alta Alel­la 10 2010 baut Fami­lie Pujol-Busquets in Bar­ri­ques aus. Es fol­gen die obli­ga­to­ri­sche Fla­schen­gä­rung und ein lan­ges Hefelager von 10 Jah­ren, das die Cre­mig­keit stei­gert und unver­wech­sel­ba­re Aro­men her­vor­bringt. Der herr­lich fri­sche Schaum­wein ver­fügt über enor­me Span­nung und Inten­si­tät, mit Noten von Kamil­le, Toast und Kaf­fee, dazu eine fei­ne Sal­zig­keit im Abgang. Wie vie­le Cavas der Top-Kategorie ist es ein Brut Natu­re mit null Restzucker.

Dies­be­züg­lich unter­schei­den sich Cava und Cham­pa­gner: Im medi­ter­ra­nen Kata­lo­ni­en liegt die Durch­schnitts­tem­pe­ra­tur wäh­rend der Vege­ta­ti­ons­pe­ri­ode um 4 bis 5°C höher als in der nord­fran­zö­si­schen Cham­pa­gne. Auf­grund des wär­me­ren Kli­mas ent­hält Cava in der Regel weni­ger Säu­re. Er eig­net sich des­halb aus­ge­zeich­net für den Stil Brut Natu­re (ohne dabei karg und mini­ma­lis­tisch aus­zu­fal­len). Bei Cham­pa­gner kommt dage­gen häu­fi­ger eine Dosa­ge zum Ein­satz, um die hohe Säu­re auszubalancieren.

Das Tasting in Madrid. © Tho­mas Götz

Ein Star namens Xarel.lo und der Cava einer Einzellage 

Die sechs wei­te­ren Cavas stam­men von Erzeu­gern aus der Sub­zo­ne Valls d’Anoia-Foix. Die­se deckt das bekann­te Penedès-Gebiet ab, darf aus recht­li­chen Grün­den aber nicht so hei­ßen, weil es bereits eine Her­kunfts­be­zeich­nung DO Pene­dès (über­wie­gend für Still­wei­ne) gibt. Es ist eine abwechs­lungs­rei­che Land­schaft mit Fluss­tä­lern, die ver­schie­de­ne Mikro­kli­mas her­vor­brin­gen, mit Lehm-, Kalk- und Kies­bö­den und Wein­ber­gen auf 100 bis 800 Metern Höhe. Ein der­art diver­ses Ter­ro­ir ermög­licht zahl­rei­che Weinstile.

Kraft, Fri­sche und Fines­se ver­eint der bio­dy­na­mi­sche Cava Blan­ca Cusi­né 2013 (Brut Natu­re) von Parés Bal­tà. Das Gewächs liegt 7 Jah­re auf der Hefe, läuft sei­dig über den Gau­men und hat eine schö­ne Bit­ter­keit im Finish, wie es typisch für die auto­chtho­ne Reb­sor­te Xarel.lo ist, die zu 80 Pro­zent in der Cuvée ent­hal­ten ist. Kaum zu glau­ben, dass ein Schaum­wein von sol­cher Güte nur 20 Euro kostet.

Xarel.lo ist übri­gens der auf­kom­men­de Star unter den spa­ni­schen Weiß­wein­trau­ben. Es ist eine spät­rei­fen­de Sor­te, die Hit­ze und Tro­cken­heit stand­hält, dabei Säu­re her­vor­ra­gend kon­ser­viert und rela­tiv wenig Zucker auf­baut. In ande­ren Wor­ten: Wie gemacht für den Kli­ma­wan­del, der das medi­ter­ra­ne Spa­ni­en beson­ders trifft.

Das Fina­le bil­det ein soge­nann­ter Para­je Cali­fi­ca­do. Para­je ist das spa­ni­sche Wort für Lage, Cali­fi­ca­do für qua­li­fi­ziert. Es han­delt sich um die obers­te Qua­li­täts­stu­fe der DO Cava. Aktu­ell weist die Appel­la­ti­on nur zehn Wein­la­gen die­ser Art aus. Sie gel­ten als her­aus­ra­gend und sol­len Cavas mit ein­zig­ar­ti­gem Cha­rak­ter ergeben.

Auf Can Sca­la 2008 (Brut Natu­re) von Vins Familía Fer­rer trifft die­ser Anspruch zu. Besag­te Fami­lie grün­de­te, neben­bei bemerkt, den Cava-Giganten Frei­xe­net. Die­ser Stoff hat aber nichts mit Super­markt­wa­re zu tun, son­dern ist eine ande­re Num­mer: Das Hefelager beträgt 12 Jah­re. Nur Basis­wei­ne von höchs­ter Qua­li­tät kön­nen so lan­ge auf der Hefe lie­gen, ohne über­wäl­tigt zu wer­den. Im Ergeb­nis zeigt sich ein äußerst sub­ti­ler und deli­ka­ter Cava, dicht und cre­mig, der alles hat, was einen gro­ßen Wein aus­zeich­net: Balan­ce, Inten­si­tät, Kom­ple­xi­tät und Län­ge. Und natür­lich Per­sön­lich­keit. Wie alle nun fol­gen­den Schaumweine …

Para­je Cali­fi­ca­do Fami­lia Fer­rer. © Tho­mas Götz

Die sieben Cavas der Master Class 

Die Degus­ta­ti­on fand im Rah­men einer von Guía Peñin ver­an­stal­te­ten Wein­mes­se statt. Es wur­den Cavas prä­sen­tiert, die im aktu­el­len Peñin-Guide mit 95 Punk­ten oder höher bewer­tet sind.

Pere Ven­tura, Tre­sor Anni­ver­sa­ry 2017, Gran Reser­va Brut

Klas­si­sche Cuvée aus Maca­beo, Xarel.lo und Parel­la­da. Jene drei Weiß­wein­trau­ben machen über 80 Pro­zent des Anbaus in der DO Cava aus. Schäu­mer mit 4 Jah­ren Hefelager. Rei­fe Frucht, knackig-frische Zitrus­no­ten und die für Hefe­kon­takt typi­schen Gebäck­aro­men wie Brio­che. Her­vor­ra­gen­des Preis-Genuss-Verhältnis. Um 22 Euro.

Agus­tí Tor­el­lo Mata, Krip­ta 2013, Gran Reser­va Brut Nature
Cava aus drei Par­zel­len, mit den für die Sub­zo­ne Valls d’Anoia-Foix (Pene­dès) tra­di­tio­nel­len Reb­sor­ten: Je eine Lage mit Maca­beo, Xarel.lo und Parel­la­da bestockt. 50 bis 60 Jah­re alte Reben. Wein­ber­ge auf 160 bis 650 Metern Höhe. 7 Jah­re Hefelager. Volu­mi­nös und gut struk­tu­riert. Toast, Honig, Tro­cken­früch­te. Lan­ges Finish. Um 60 Euro.

Parés Bal­tà, Blan­ca Cusi­né 2013, Gran Reser­va Brut Nature

Schaum­wein aus bio­dy­na­mi­schem Anbau. Aus Xarel.lo (80%), Pinot Noir und Char­don­nay. Letzt­ge­nann­te „Champagner“-Trauben kom­men in der DO Cava auf etwa zehn Pro­zent im Anbau. 7 Jah­re Hefelager. Raf­fi­nier­te, super­fri­sche Nase mit Zitrus­no­ten. Am Gau­men mit Kraft, Fül­le und Span­nung. Ani­mie­ren­de Bit­ter­keit im Abgang. Außer­ge­wöhn­lich für einen Preis um 20 Euro.

Die 7 Cavas der Mas­ter Class. © Xavi Viles

Cod­or­niu, Ars Coll­ec­ta 459 2010, Gran Reser­va Brut

Aus der Pre­mi­um­ran­ge des tra­di­ti­ons­rei­chen Erzeu­gers. Cod­or­niu besitzt drei „Para­je Cali­fi­ca­do“. Dies ist ein Blend jener Lagen. Cuvée aus Char­don­nay, Pinot Noir und Xarel.lo. Die Zahl 459 steht für die Jah­re seit Grün­dung des Wein­guts. Ergo ist die Num­me­rie­rung fort­lau­fend. Cava mit 10 Jah­ren Hefelager. Flo­ral und mine­ra­lisch. Cre­mig, lust­voll und ele­gant. Gro­ße Klas­se. Um 170 Euro.

Juvé & Camps, Mile­si­mé Magnum 2008, Gran Reser­va Brut

Sor­ten­rei­ner Char­don­nay aus bio­lo­gi­schem Anbau. Die 0,75-l-Normalflasche ist eine Reser­va mit 24 Mona­ten Hefelager. In der Magnum­fla­sche liegt der Wein dage­gen 10 Jah­re auf der Hefe und über­trifft die Anfor­de­rung an eine Gran Reser­va (mind. 30 Mona­te) um Län­gen. Flei­schi­ge, deli­ka­te Tex­tur. Röst­aro­men und rei­fe Frucht. Anklän­ge von Tof­fee und Ana­nas. Ins­ge­samt opu­lent und lang. Um 50 Euro.

Alta Alel­la, 10 2010, Gran Reser­va Brut Nature

Das Wein­gut befin­det sich in einem Natur­park, einen Stein­wurf vom Mit­tel­meer und von Bar­ce­lo­na ent­fernt. Typisch für die Sub­zo­ne Ser­ra de Mar ist der Gra­nit­s­and­bo­den „Sau­lo“. Schaum­wein, sor­ten­rein aus Char­don­nay. Der Basis­wein ist in Bar­ri­ques ver­go­ren. Über 10 Jah­re Hefelager. Viel Power und Per­sön­lich­keit. Salzig-mineralisch. Kamil­le, Röst­aro­men und mehr. Not your usu­al Cava. Um 120 Euro.

Vins Fami­lia Fer­rer, Can Sca­la 2008, Para­je Cali­fi­ca­do Brut Nature

Cava einer Ein­zel­la­ge. Der Wein­berg befin­det sich im hoch­ge­le­ge­nen Teil von Pene­dès und ist mit Xarel.lo und Parel­la­da bestockt. 12 Jah­re Hefelager, wäh­rend des­sen die Fla­sche mit einem Natur­kor­ken ver­schlos­sen ist, was einen mini­ma­len Luft­aus­tausch erlaubt und u.a. die Per­la­ge des Weins ver­fei­nern soll. Aro­men von Honig und rei­fer Frucht. Eben­so fri­sche Zitrus­no­ten und flo­ra­le Anklän­ge. Sub­til, ele­gant und kraft­voll. Lan­ges Finish. Ins­ge­samt top balan­ciert. Um 80 Euro.

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