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Glen Garioch – eine Highland-Destillerie mit ganz eigener Stilrichtung

Heute im Tasting Glen Garioch: 15yo 1975-1990 Jean Boyer The First for Us 251btl 0,75L – 43%, 22yo 1992-2014 Sansibar Bourbon cask 136btl – 49,3% und 29yo 1968-1997 OB Individual Cask Bottling Sherry Hogshead cask 624 – 55,9%. Ein 2014er Glen Garioch der Sansibar im Geschmacksduell mit zwei doch schon älteren Abfüllungen aus 1990 und 1997. Stimmt es wirklich, dass früher alle Malts besser waren als heutzutage?

Glen Garioch ist eine Highland-Whiskybrennerei in Oldmeldrum, Aberdeenshire. Die Destillerie wurde 1797 gegründet. Bis diese 1970 in den Besitz von Morrison Bowmore gelangte, hatte sie zahlreiche Vorbesitzer. Da die japanische Suntory 1994 Bowmore übernahm, ging auch Glen Garioch in deren Besitz über. Früher selbstverständlich, bis 1995 doch schon eine Besonderheit, waren die noch in Eigenregie betriebenen Mälzböden. Da der neue Besitzer jedoch wenig Interesse an dieser Highland-Perle hatte, wurde die Brennerei ein Jahr nach der Übernahme geschlossen und sollte verkauft werden. Aber es kam anders, und so wurde sie zwei Jahre später wieder eröffnet. Rund eine Million Liter werden jährlich destilliert. Mit ihrer recht torfigen Stilrichtung ist sie selbst für die Highlands eine besondere Destillerie, und die Malts werden oftmals, blind verkostet, Islay zugeordnet.

Tasting Notes


Glen Garioch 15y 1975-1990 Jean Boyer The First for Us 251btl 0,75L – 43%
88

Farbe: Blasses Gold
Nase: Torf, Heuballen, Hustensaft, süßes Torfwasser und Vanillemilch – geradlinig und sehr angenehm!
Geschmack: Dünne Konsistenz auf Ingwer-Basis (Schweppes). Dazu Wachholderbeeren, Torf, Piment, Zitrus und Marzipan. Staubiger und etwas süßlich-rauchiger Stallgeruch mit frischen Tannennadeln.
Finish: Mittellang – Tannengrün, Moos, Torf, Kartoffeln, Malz und wieder Wachholderbeeren.
88 Punkte (Nase: 90 / Geschmack: 88 / Finish: 86)


Glen Garioch 22y 92-14 Sansibar Bourbon cask 136btl – 49.3%Glen Garioch 22y 1992-2014 Sansibar Bourbon cask 136btl – 49,3%
91

Farbe: Bernstein
Nase: Dumpfe Malznote mit Stroh und nassem Torf, leicht rauchig und farmy. Barbecue und medizinische Zitrusaromen, die in Kombination mit trockenem Leder wunderbar zur Geltung kommen.
Geschmack: Anfangs etwas leichter Körper, jedoch zügig cremiger und salziger werdend. Wieder diese farmy notes, integriert in süßem Honiglikör und jeder Menge Würze auf leicht herber Kräuterbasis – sehr intensiv. Noten von künstlichem Leder, mildem Hustensaft, saftiger Holzrinde und Honig. Gegen Ende immer mehr Süße mit viel Malz und Karamell.
Finish: Lang – trocken-herbe Kräuter, scharfe Zitronenaromen und süßer Torfrauch mit Erinnerungen an einen alten Medizinschrank und Waldmeister-Brause.
Bemerkung: Für uns gibt es gewisse Parallelen zum 1971 Samaroli Glen Garioch –  nur eben nicht ganz diese brachiale Geschmacksexplosion. Ein tolles Teil!
91 Punkte (Nase: 91 / Geschmack: 91 / Finish: 90)


Glen Garioch 29y 68-97 OB Individual Cask Bottling Sherry Hogshead cask 624 – 55,9%Glen Garioch 29y 1968-1997 OB Individual Cask Bottling Sherry Hogshead #624 – 55,9%
85

Farbe: Oloroso Sherry
Nase: Alter Sherry, Havanna im “Double Corona”-Format, Kaffeebohnen, Espresso, Bohnerwachs, Leder, Holunder, Maschinenöl, Wachholderbeeren, Torf, Salz, Kautschuk, Cognac, Karamell, Orangenkuchen und Eichenholz. Was für eine Palette – ultrafett in der Nase und ziemlich genial!
Geschmack: Süßer Sherry und Orangen, voll befüllter Humidor und schweres Holz. Dickflüssiges Öl, bittere Tannine, Espresso und immer mehr Eichenholz, immer bitterer werdend. Doch schon einige Abstriche im Vergleich zur Nase – schade!
Finish: Lang, mit den letzten verbleibenden Aromen von bitterem Kaffee und Holz! Gegen Ende ultrabitter und sonst nichts.
Bemerkung: Was für eine Nase und was für ein Abgang. Das hat man selten in dieser Form!
85 Punkte (Nase: 94 / Geschmack: 85 / Finsih: 75)


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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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