Wer Beaujolais sagt, denkt unwillkürlich an Beaujolais Nouveau – jenen Jungwein, der schon im November nach der Lese auf den Markt kommt und mehr nach Most als nach Wein schmeckt. Doch Beaujolais ist mehr als Nouveau. Es ist die südlichste Weinbauregion des Burgunds. Kaum irgendwo in Frankreich gibt es derzeit so gute Weine für so wenig Geld wie dort. Ulrich Sautter hat einen besonders guten gefunden.
Brouilly ist eine dieser zehn AOC – der Name bezeichnet allerdings kein Dorf, sondern einen Berg. Genauer: den Hangfuß dieses Bergs. Die Weine der extrem kargen, steinigen Steillagen des Mont Brouilly werden unter der Bezeichnung Côte de Brouilly abgefüllt. Auch in den Komplikationen des Weinrechts erweisen sich die Winzer des Beaujolais eben als echte Burgunder.
Im Stil stehen die guten Beaujolais-Weine den Vettern aus der Pinot-noir-Zone ebenfalls näher, als man es glauben mag. Zwar heißt die Rebe hier Gamay, und die majestätische Fülle eines Pinot noir erreicht sie kaum – doch hat der Gamay seine eigenen Stärken. Darum halten die Winzer des Beaujolais ebenso halsstarrig an ihren gebietstypischen Methoden fest wie die Winzer der Côte d’Or an den ihren.
Anders als an der Côte d’Or bereiten jedoch selbst die hochwertigsten Beaujolais stets schon in ihrer Jugend viel Trinkvergnügen. Daher sind sie meist schon ausgetrunken, wenn sie am schönsten sind: nach vier bis sieben Jahren. Château de Pierreux, der Wein eines 80-Hektar-Weinguts im Besitz des Handelshauses Mommessin, ist ein solch seriöser, auf Lagerfähigkeit hin bereiteter Wein: keine Pasteurisierung der Moste, keine Bonbon-Töne.
Der frisch abgefüllte 2010er fließt violettfarben ins Glas, und er deutet im Duft Noten von Wildkirsche, Walderdbeere und Veilchen an. Am Gaumen zeigt er sich geschmeidig, mit samtenem Tannin und einer zurückhaltenden Säurestütze. Im nächsten Jahr wird dieser Wein ein wunderbarer Begleiter zu Schinken und Pasteten sein, also zu typisch französischer Charcuterie und ländlicher Küche.
Ich selbst beginne jetzt den 2007er Jahrgang desselben Guts zu trinken: einen Wein, dessen Duft sich nun in Richtung animalische, “wilde” Burgundernoten zu entwickeln beginnt – mit einer Gaumenstruktur, die fein und lebendig und durch und durch mineralisch geprägt ist. Eine schönere Kombination von sinnlicher Frucht und terroir-Noten dürfte in der Welt des Weins nur schwer zu finden sein – schon gar nicht für zehn Euro die Flasche!