Beaujolais, nicht Nouveau: der tolle 2010 Brouilly Château de Pierreux

Önologin Lydie Nesme
Wer Beaujolais sagt, denkt unwillkürlich an Beaujolais Nouveau – jenen Jungwein, der schon im November nach der Lese auf den Markt kommt und mehr nach Most als nach Wein schmeckt. Doch Beaujolais ist mehr als Nouveau. Es ist die südlichste Weinbauregion des Burgunds. Kaum irgendwo in Frankreich gibt es derzeit so gute Weine für so wenig Geld wie dort. Ulrich Sautter hat einen besonders guten gefunden.

Wer Beau­jo­lais sagt, denkt unwill­kür­lich an Beau­jo­lais Nou­veau – jenen Jung­wein, der schon im Novem­ber nach der Lese auf den Markt kommt und mehr nach Most als nach Wein schmeckt. Doch Beau­jo­lais ist mehr als Nou­veau. Es ist  die süd­lichs­te Wein­bau­re­gi­on des Bur­gunds. Kaum irgend­wo in Frank­reich gibt es der­zeit so gute Wei­ne für so wenig Geld wie dort. Ulrich Saut­ter hat einen beson­ders guten gefunden.

Die Önologin Lydie NesmeBeim Wort Beau­jo­lais denkt kaum jemand an die zehn Crus, die inner­halb der 22 000 Hekt­ar gro­ßen und fast hun­dert Dör­fer umfas­sen­den Anbau­zo­ne defi­niert sind. Die­se rela­tiv klein­räu­mi­gen Her­kunfts­be­zeich­nun­gen demar­kie­ren die Wein­ber­ge mit den bes­ten Böden und Kli­ma­be­din­gun­gen – nicht ganz mit der­sel­ben Stren­ge wie an der pres­ti­ge­träch­ti­gen Côte d’Or mit ihren Klas­si­fi­ka­ti­ons­stu­fen Pre­mier Cru und Grand Cru – aber letzt­lich doch mit einer ähn­li­chen wein­bau­li­chen Idee.

Brouil­ly ist eine die­ser zehn AOC – der Name bezeich­net aller­dings kein Dorf, son­dern einen Berg. Genau­er: den Hang­fuß die­ses Bergs. Die Wei­ne der extrem kar­gen, stei­ni­gen Steil­la­gen des Mont Brouil­ly wer­den unter der Bezeich­nung Côte de Brouil­ly abge­füllt. Auch in den Kom­pli­ka­tio­nen des Wein­rechts erwei­sen sich die Win­zer des Beau­jo­lais eben als ech­te Burgunder.

Im Stil ste­hen die guten Beaujolais-Weine den Vet­tern aus der Pinot-noir-Zone eben­falls näher, als man es glau­ben mag. Zwar heißt die Rebe hier Gamay, und die majes­tä­ti­sche Fül­le eines Pinot noir erreicht sie kaum – doch hat der Gamay sei­ne eige­nen Stär­ken. Dar­um hal­ten die Win­zer des Beau­jo­lais eben­so hals­star­rig an ihren gebiets­ty­pi­schen Metho­den fest wie die Win­zer der Côte d’Or an den ihren.

Die Rebstöcke von Château de Pierreux im BeaujolaisIm gan­zen Beau­jo­lais ist bei­spiels­wei­se die Gobelet-Erziehung Vor­schrift, die die Reben in Form klei­ner Bäum­chen wach­sen lässt. Und wie an der Côte d’Or dreht sich alles ums ter­ro­ir: Auf den kar­gen Gra­nit­bö­den brin­gen alte Reben nied­ri­gen Ertrag und einen dich­ten, stof­fi­gen, mine­ra­li­schen Wein.

Anders als an der Côte d’Or berei­ten jedoch selbst die hoch­wer­tigs­ten Beau­jo­lais stets schon in ihrer Jugend viel Trink­ver­gnü­gen. Daher sind sie meist schon aus­ge­trun­ken, wenn sie am schöns­ten sind: nach vier bis sie­ben Jah­ren. Châ­teau de Pier­reux, der Wein eines 80-Hektar-Weinguts im Besitz des Han­dels­hau­ses Mom­mes­sin, ist ein solch seriö­ser, auf Lager­fä­hig­keit hin berei­te­ter Wein: kei­ne Pas­teu­ri­sie­rung der Mos­te, kei­ne Bonbon-Töne.

Der frisch abge­füll­te 2010er fließt vio­lett­far­ben ins Glas, und er deu­tet im Duft Noten von Wild­kir­sche, Wald­erd­bee­re und Veil­chen an. Am Gau­men zeigt er sich geschmei­dig, mit sam­te­nem Tan­nin und einer zurück­hal­ten­den Säu­re­stüt­ze. Im nächs­ten Jahr wird die­ser Wein ein wun­der­ba­rer Beglei­ter zu Schin­ken und Pas­te­ten sein, also zu typisch fran­zö­si­scher Char­cu­te­rie und länd­li­cher Küche.

Ich selbst begin­ne jetzt den 2007er Jahr­gang des­sel­ben Guts zu trin­ken: einen Wein, des­sen Duft sich nun in Rich­tung ani­ma­li­sche, “wil­de” Bur­gun­der­no­ten zu ent­wi­ckeln beginnt – mit einer Gau­men­struk­tur, die fein und leben­dig und durch und durch mine­ra­lisch geprägt ist. Eine schö­ne­re Kom­bi­na­ti­on von sinn­li­cher Frucht und terroir-Noten dürf­te in der Welt des Weins nur schwer zu fin­den sein – schon gar nicht für zehn Euro die Flasche!

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