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Gelungener Frühstart: Der erste 2011er ist da!

Primus – so heißt der erste deutsche Wein des Jahrgangs 2011. Kein Federweißer, kein Sauser, kein Nouveau, sondern ein regulärer Wein, gewonnen aus der Sorte Ehrenfelser, gewachsen im Rheingau. Seit 1. November ist er auf dem Markt – und gar nicht so schlecht wie befürchtet. Selbst die Sterne-Gastronomie hat ihn bereits entdeckt.

Ein Spaßwein will er nicht sein, der Primus aus dem Hattenheimer Weingut Georg-Müller-Stiftung. Er möchte ernst genommen werden, aber nicht als Hochgewächs oder Edelwein, sondern als erster Bote des neuen Jahrgangs. Leicht, frisch, animierend – diese drei Adjektive beschreiben den Wein am besten. Erst Anfang September gelesen, befindet er sich bereits seit 1. November im Verkauf. Kein trüber Federweißer, kein prickelnder Sauser, kein Nouveau, sondern ein regulär vinifizierter, kompletter Wein, der vier Wochen auf der Hefe gelegen hat und danach gleich gefüllt worden ist.

Sicher, ein typischer Vertreter des Frischehypes, der Deutschland seit einigen Jahren gefährlich fest im Griff hat. Aber im Gegensatz zu den zahllosen Banalweinen, Stinkern und anderen Wackelkandidaten, deren Zerfallszeit bei maximal drei Monaten liegt, ist der Primus ein sauberer, grundehrlicher Wein, der weder überschwefelt noch im Keller aufgemotzt worden ist.

Schon jetzt mit Genuss zu trinken

Weinrechtlich ist der Primus ein trockener Kabinett der Sorte Ehrenfelser mit 10 Vol.% Alkohol. Ein Leichtwein also, noch grüngelb, etwas stürmisch und von feinperliger Gärungskohlensäure durchzogen. „Aber ein Wein, den man schon jetzt mit Genuss trinken kann“, sagt Alf Ewald, der junge Gutsverwalter des VDP-Guts.

Im Sterne-Restaurant „Kronenschlösschen“, gleich um die Ecke des Weinguts gelegen, hat der Primus bereits einen festen Platz auf der Weinkarte gefunden. Gut gekühlt wird er dort als Aperitif gereicht. Und im kleinen Bistro Myers im nahen Wiesbaden erfreut er seit ein paar Tagen das Szenepublikum, etwa zu Häppchen mit Keta Kaviar.

Auf die Idee zu diesem Wein war Ewald, 34, vor vier Jahren gekommen. Zum Rebenbesitz des VDP-Weinguts gehört nämlich eine Parzelle Ehrenfelser. Diese Sorte war 1929  in der Forschungsanstalt Geisenheim aus Riesling und Silvaner gekreuzt worden mit dem Ziel, einen hochwertigen, aber von der Lage her weniger anspruchsvollen Wein als den Riesling zu bekommen. 1969 wurde die Ehrenfelser in die Sortenliste eingetragen und durfte offiziell angebaut werden.

Rebsorte in Vergessenheit geraten

Doch großer Beliebtheit erfreute sie sich nie bei den Winzern. So wurden die wenigen Weinberge, die mit ihr bestockt waren, schon bald wieder gerodet und stattdessen Riesling gepflanzt. Nur an wenigen Stellen überlebte sie, zum Beispiel in der knapp einen Hektar großen Parzelle am Rande der Hattenheimer Lage Schützenhaus, die zum Rebbesitz der Georg-Müller-Stiftung gehört. Statt die Rebstöcke rauszuhauen, entschloss sich Ewald, aus den Trauben einen leichten, spritzigen Wein zu keltern, der schon früh auf den Markt kommen, aber auch schon früh, nämlich spätestens im Sommer des folgenden Jahres, ausgetrunken sein sollte.

Seit 2007 wird der Primus produziert. Doch bis zum Sommer reichen die 5000 Flaschen nie. Im Gegenteil: „Wenn wir mit dem Verkauf nicht auf die Bremse drücken würden, wäre der Primus schon Weihnachten ausverkauft.“

So beliebt ist dieser Wein inzwischen, dass Ewald nach weiteren Ehrenfelser-Flächen im Rheingau Ausschau hält, um die Produktion zu erhöhen und die Nachfrage befriedigen zu können. Doch der Erfolg des Primus hat inzwischen auch andere Ehrenfelser-Winzer auf die Idee gebracht, einen ähnlichen Wein zu keltern. Die Suche war bisher vergeblich.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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