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Neue Studie: Frauen beim Wein so gut wie Männer – oder besser

Vinexpo in Bordeaux | Foto: © Vinexpo

Pünktlich zur Wein- und Spirituosenmesse Vinexpo, die am Sonntag in Bordeaux beginnt, wurde eine internationale Studie präsentiert, die wieder mal eine Männerbastion ins Wanken bringt: den Wein und die Kenntnis vom Wein. 10.492 Weintrinkerinnen aus fünf Ländern wurden befragt, wie sie ihre Weinkenntnisse einschätzen und welche Weine sie am liebsten trinken. Das Ergebnis überrascht (oder auch nicht): Die Mehrheit der Frauen in England, USA, Frankreich und Hongkong präferiert nicht etwa Rosé-Champagner oder irgendwelche lieblichen Tropfen, wie es ihnen gern nachgesagt wird, sondern zieht kräftige Rotweine vor. Selbst in der Riesling-Hochburg Deutschland ist die Lieblingsfarbe von 47 Prozent der Frauen rot, was den Wein angeht.

Überhaupt scheinen deutsche Frauen beim Wein recht selbstbewusst zu sein. 65 Prozent glauben nach eigener Einschätzung, genauso viel über Wein zu wissen wie Männer. 12 Prozent sind sogar überzeugt, über mehr Weinverstand zu verfügen als Männer.

Befragt worden waren knapp 5.500 deutsche Weintrinkerinnen, die bei der Online-Community Konsumgöttinnen.de registriert sind. Normalerweise führt diese Community Verbraucherbefragungen und Produkttests im Auftrag der Industrie durch – von der Margarine bis zum Küchenmixer. Ihre Mitglieder sind folglich unverdächtig, besonders weinaffin zu sein.

Zwar ist der Supermarkt, so die Studie, auch für Frauen die wichtigste Einkaufsquelle für Wein. Aber der Preis ist nur für 38 Prozent das entscheidende Kaufkriterium (im Gegensatz etwa zu den Engländerinnen, die zu 70 Prozent nach Preis entscheiden). Deutsche Weintrinkerinnen achten in erster Linie auf die Herkunftsregion (58 Prozent) und die Rebsorte des Weins (52 Prozent).

Der Durchschnittspreis für einen Wein, den Frauen kaufen, liegt in Deutschland zwischen 4 und 8 Euro – das ist deutlich mehr als der durchschnittliche deutsche Weinbon beträgt (2,15 Euro). Ein Drittel der Frauen verlässt sich bei der Weinauswahl ausschließlich auf ihr eigenes Urteil. Und wenn Frauen Rat brauchen, wenden sie sich eher an einen Weinhändler (58 Prozent) als an ihre Angehörigen, also an die Männer oder andere Freunde. Überproportional viele, nämlich 13 Prozent, informieren sich im Internet über Wein.

Auch beim Weintrinken sind die Frauen die besseren Männer. 43 Prozent trinken wenigstens einmal in der Woche Wein – ein Wert, der deutlich über dem bundesdeutschen Durchschnitt liegt. 50 Prozent wagen es sogar, Wein auch mal ohne besonderen Anlass zu trinken, also nur zum abendlichen Relaxen. Überhaupt scheint es unter Frauen wenig Etikettentrinker zu geben. Für 89 Prozent steht allein der persönliche Genuss im Vordergrund.

Nur in einem Punkt entsprechen Frauen nach dieser Untersuchung einem bekannten Klischee: mit 17 Prozent liegt ihr Konsum an Roséwein deutlich über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Die Farbe muss es ihnen wohl angetan haben.

Madeleine Jakits, Chefredakteurin des Gourmet-Journals „Der Feinschmecker“, Hamburg

„Klar verstehen Frauen etwas von Wein. Überhaupt verstehen sie eine Menge von gutem (und schlechtem) Geschmack, von gutem (und schlechtem) Geruch. Frauen haben meist die bessere Nase, das hat die Natur wohl so gewollt. Sommeliers sollten sich darum auch viel häufiger direkt an die Damen am Tisch wenden – und nicht immer den Herren wie gottgegeben den Vortritt lassen beim Weingespräch. Denn Frauen haben noch ein Plus: Sie mussten noch nie ein Pfauenrad schlagen, bevor sie das Glas in die Hand nahmen, um nach dem ersten Schluck zu entscheiden: „Schmeckt!“ Oder „schmeckt mir nicht“. Und das ist auch gut so. P.S.: Rotwein wird gern als Männerbastion stilisiert. Von Männern. Weil er vielen wohl als der wichtigere/teurere/prestigeträchtigere Wein erscheint. Noch so ein Irrglaube. Frauen haben nichts dagegen, wenn Mann ihnen die Rotweinkisten galant ins Haus schleppt. Und ja, Frauen können sogar einen Korkenzieher bedienen.“

Siddika Michiels, Inhaberin der Weinhandlung La Tienda in Mönchengladbach

„Die Ergebnisse der Studie kann ich als Weinhändlerin nachvollziehen. In den letzten Jahren bestimmen immer mehr Frauen den Weineinkauf mit. Vor einigen Jahren noch war es üblich, dass der Mann den Wein ausgesucht hat, aber in den letzten Jahren kann ich sowohl in der Weinhandlung als auch im Restaurant beobachten, dass der Wein gemeinsam gewählt wird. Vor allem, wenn Weine für ein Menü ausgesucht werden, kaufen die Frauen den Wein ein. Frauen verfügen auch über einen größeren Wortschatz für die Beschreibung eines Weines, da die Nase geübter ist (Küche, Kind etc. …). Oft sind sie die stillen Kenner. Übrigens trinkt auch meine Tochter (fast 20 Jahre) gerne rot.“

Lidwina Weh, Chef-Sommelière im Restaurant des Hotels Louis C. Jacob in Hamburg

„Im Restaurant ist die Rollenverteilung immer noch sehr klassisch. Dreiviertel der Weine werden von Männern ausgesucht. Die Frauen wissen jedoch ganz genau, was ihnen schmeckt und was sie wollen. Der Weinkonsum und der Weineinkauf sind bei Männern und Frauen sehr unterschiedlich. Frauen sind sehr darauf bedacht, für jeden Augenblick das Richtige parat zu haben. Sie sind auch sehr sensibel, was die Speise- und Weinkombination angeht. Vielleicht liegt es in der Natur der Frau, bei Weinbeschreibungen ein paar Worte mehr zu machen oder einige Adjektive zusätzlich einzubauen, um bildlicher zu sprechen. Von mir kann ich sagen, dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit über Wein mehr weiß als die meisten Männer. Aber mit Sicherheit sind unter denen, die mehr als ich von Wein verstehen, mehr Männer als Frauen.“

Elke Luhmer, Geschäftsführerin Wein Wolf in Bonn

„Das Ergebnis der Studie überrascht mich überhaupt nicht, sondern deckt sich mit meinen eigenen Erfahrungen. Als ich vor 25 Jahren in der Weinbranche anfing, war Frauen und Wein leider kein Thema. Das hat sich im Laufe der Zeit enorm geändert. Man trifft viele kompetente Frauen mit einer geballten Weinkompetenz in allen Bereichen der Weinwelt (z.B. Frau Lausterer /Käfer München oder Frau Herzog, verantwortlich für die Weinauswahl der Lindner Hotelgruppe). Frauen sind für mich flexibler, d.h. experimentierfreudiger, nicht festgefahren, bereit neue Weine, Rebsorten, Länder auszuprobieren. Sie verlassen sich auf ihren eigenen Geschmack und kaufen Weine nicht nach irgendwelchen Bewertungen.
Der Genuss und nicht der Preis ist ausschlaggebend für die Entscheidung. Frauen sind auch kritischer, glauben nicht immer, was sie lesen, nehmen deshalb gerne eine kompetente Beratung in Anspruch – daher die Tendenz zum Fachhändler zu gehen. Sie sind gesellig und trinken deshalb ihren Wein gerne mit Freunden – denen sie ihre Kompetenz auch mit der Auswahl der Weine zeigen möchten. Ich glaube dass die Rebsorte nicht die ausschlaggebende Rolle spielt, auch die Farbe nicht, das Ergebnis ist ja 50/50. Aber ich weiß dass die Frauen Ihren Wein sehr gerne in der Gesellschaft von Männern trinken – und somit sind auch diese wieder im Spiel. Die Gesamtentwicklung freut mich jedenfalls.“

Samira Lohr, frühere Sommelière im Tantris, jetzt in der Weinhandlung Garibaldi in München

„Es gibt mittlerweile unglaublich viele weininteressierte Frauen, die den Geschmack nicht mehr länger den Männern überlassen. Sie setzen sich mit dem Thema Wein auseinander und haben Spaß dabei. Sie möchten Neues entdecken, Erfahrungen sammeln. Sie trauen sich, ihren eigenen Geschmack zu entwickeln. Man muss ja nicht immer nur hippen Lugana trinken. Viele Frauen lieben Rieslinge, also elegante, trockene Weine, aber auch Rote mit Körper und Tiefe. Lieber weniger, aber dafür gut trinken. Ich glaube, die allgemeine Scheu beim Thema Wein ist deutlich weniger geworden. Frauen erkennen immer öfter, wie viel Spaß das Surfen durch die Weinwelt macht, und dass es kein Weltuntergang ist, Dinge einmal nicht zu wissen. Männer versuchen dagegen oft, mit Halbwissen oder oberflächlichem Geplänkel zu glänzen. Das habe ich einst im Restaurant Tantris erlebt und erlebe es jetzt wieder im Weinhandel. Ich bin zum Beispiel oft erstaunt, wie viele akribisch verkostende Frauen auf die Hausmessen von Garibaldi kommen, sich ausgiebig Notizen machen, das Gespräch mit Winzern suchen, bereit sind Wein einzukaufen, ohne den Preis in den Vordergrund zu rücken. Wein von Winzerinnen ist ebenfalls sehr populär. Winzertöchter, welche in die Fußstapfen ihrer Väter treten, sind nicht mehr so selten wie vor ein paar Jahren. Auf den Sommelierschulen wird jede zweite Anmeldung von einer Frau ausgefüllt. Bei Garibaldi arbeiten mittlerweile mehr Frauen als Männer. Und eine Paula Bosch hat nicht nur mir, sondern vielen anderen Frauen gezeigt, dass die Wunderwelt des Weins keineswegs nur den Männern vorbehalten ist. In der Genusswelt des Weins sind die Frauen mit großen Schritten auf dem Vormarsch – nicht laut, aber konsequent.“

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