Dass Frankreichs Süden eine schier unversiegliche Quelle preisgünstiger Weine ist, ist keine Neuigkeit. Dass diese Weine jedoch nicht nur mit Alkoholreichtum, sondern auch mit starker Eigenart aufwarten, ist weniger bekannt. Der hier empfohlene Faugères ist ein solcher Charakter-Wein. Er ist aber nicht so exzentrisch, dass man ein Weindiplom braucht, um ihn gebührend zu schätzen. Der Bremer Weinhändler Heiner Lobenberg nennt ihn „unheimlich lecker“, Kollege Tino Seiwert aus Saarwellingen „unglaublich attraktiv“. Also saugut.
Gewachsen sind die Trauben für diesen Faugères im Gebiet der gleichnamigen Appellation im Languedoc. In Höhenlagen zwischen 250 und 330 Metern wurzeln die Stöcke der typischen Midi-Rebsorten Carignan, Mourvèdre, Syrah und Grenache in pechschwarzen Schiefer-Böden. Die Weinberge säumen die Ausläufer des Cévennen-Gebirges – zuweilen fast so steil abfallend wie an der Mosel, häufig auch in Terrassenform angelegt. Wo auch immer die südfranzösischen Weinüberschüsse ihren Ursprung haben – sicher nicht hier in diesen kargen Böden. Die Erträge liegen um die 30 Hektoliter pro Hektar, selbst bei einem Basiswein wie dem hier beschriebenen sind sie nicht viel höher.
Prall fruchtig und kraftvoll
Frédéric Albaret, der Inhaber der Domaine Saint Antonin, arbeitete in Châteauneuf-du-Pape, bevor er sich im Jahr 1995 in Cabrerolles im Gebiet der AOC Faugères selbständig machte. Auf die Einrichtung eines aufwändigen Hightech-Kellers hat Monsieur Albaret dabei verzichtet. Wichtigstes Hilfsmittel ist für ihn die Kühlung des Kellers. So gelingt es ihm, auch während der Verarbeitung der Trauben und während des Ausbaus der Weine die Frische zu bewahren, die das Lesegut hier in der Höhe mit in den Keller bringt. So entstehen auf der Domaine Saint Antonin eine Reihe dunkler, prall fruchtiger, klarer und kraftvoller Weine, die aber stets authentisch wirken und durch ihre Mineralität in der Balance gehalten werden.
Dabei gefiel mir der Einstiegswein Les Jardins (zu deutsch: die Gärten) der Domaine mit seinem animierenden Trinkfluss beinahe noch besser als die ambitionierteren Etiketten: intensiver Duft von Blaubeer, Brombeer und Tabak. Am Gaumen zeigt sich der Wein dicht und kompakt, gebündelt und frisch. Der Gerbstoff ist von feinkörniger Qualität und bildet ein festes, doch zugleich flexibles und keineswegs starres Rückgrat. Ungewöhnlich für einen Wein dieser Preisklasse ist die Feinheit, mit der sich die Extraktspannung im Abgang in Saftigkeit auflöst. Auf scheinbar mühelose Weise werden Kraft und Eleganz zusammengeführt, vermittelt durch Mineralität.
Zur Vesperplatte oder Gemüsetarte
Sicher, Les Jardins ist kein Grand Cru. Er erschließt sich dem genusswilligen Weintrinker auch ohne lange Erklärungen oder meditative Versenkung ins Glas. In Südfrankreich mundet er zur deftigen terroir-Küche am besten – zu Gerichten wie Entenconfit, Lammragout oder Cassoulet. Zu einer gutbürgerlichen deutschen Vesperplatte mit Schinken, Blut- und Mettwurst passt er aber genauso gut. Vegetarier können ihn zu einem Flammkuchen oder einer Gemüsetarte trinken. Oder einfach nur zu einem Stück Käse. Aber bitte keinen Gouda! Ein Ziegen- oder Schafskäse darf es schon sein.