Dienstag, September 17, 2024
8.8 C
München
spot_img

Es darf gelacht werden: Wein im Spiegel der Aprilscherze

Viele können nicht einmal sich selbst zum Lachen bringen. Am 1. April haben sie Gelegenheit, einmal so richtig schadenfroh zu sein. Dann nämlich, wenn es ihnen gelingt, arglose Leser in die Irre zu führen.

Der beste mir bekannte Aprilscherz kam dieses Jahr aus Amerika. Genau: von Savy Cellar, einem bekannten Wineshop samt Winebar in Las Altos südlich von San Francisco, zu deren Gästen viele Mitarbeiter des Computerherstellers Apple und Professoren der nahen Stanford University gehören. Eine besondere Attraktion von Savy Cellar sind spezielle Weinproben und Weindinner mit 90+ Weinen, die hochmögenden Kunden zu einem Paketpreis von 99 Dollar angeboten werden.

Der Hund trinkt mit

Die Besitzerin Jennifer Ayrle teilte ihren Gästen am 1. April per Gastroblog mit, dass sie Savy Cellar in den nächsten Monaten schließen müsse und in ein Animal Center umwandeln werde. Was unter Animal Center zu verstehen sei, machte ein Foto deutlich, das sie in ihren Blog einbaute. Es zeigte einen Jack Russell-Terrier mit Serviette um den Hals, der aus dem Weinglas schlürft.

Dazu schrieb sie: „Die Gründung einer Winebar und des Wineshops war ein Kindheitstraum für mich und eine Angelegenheit, der ich mich die ganzen Jahre hindurch mit großer Leidenschaft gewidmet habe. Die Entscheidung, Savy Cellar zu schließen, ist mir nicht leicht gefallen. Wir bitten unsere vielen, treuen Gäste um Verständnis für die Maßnahme…“ Darunter das Datum.

Lachen über die eigene Leichtgläubigkeit

Die Gäste reagierten auf die Mitteilung ungläubig und traurig, verärgert und entsetzt. Selbst das Schmunzelfoto des Hundes machte sie nicht stutzig. Sie glaubten wirklich, die Tage ihrer geliebten Winebar seine gezählt. Die Wahrheit erfuhren sie erst am nächsten Tag. Da waren sie ihrer Jennifer allerdings umso dankbarer. Erstens weil ihr geliebter Savy Cellar weiter existiert, und zweitens weil Jennifer sie zum Lachen gebracht hatte – über ihre eigene Leichtgläubigkeit.

Auch auf einigen deutschen Wein-Websites wurde versucht, Besucher am 1. April durch den Kakao zu ziehen. Rudi Knoll teilte über Yoopress mit, dass der VDP plane, sich in VGG umzubenennen: Verband Große Gewächse. Na ja. Das Nachrichtenportal ka-news kündigte an, dass aus dem Brunnen am Gutenbergplatz in Karlsruhe künftig immer samstags von 9 bis 13 Uhr badischer Wein fließen werde. Andere Menschen zum Lachen zu bringen, ist eine Gabe. Nur wenige besitzen sie. Der Verfasser dieser Zeilen gehört nicht dazu. Beim Lesen dieser Meldung wird klar, dass die Worte Aprilscherz und Aprilschmerz nur ein Buchstabe unterscheidet.

Animal Center bei Savy CellarAusverkauf deutscher Spitzenweingüter

Das Weinportal CaptainCork wartete mit der schockierenden Meldung auf, dass der französische Luxuskonzern LVHM plane, deutsche Spitzenweingüter aufzukaufen, um einen Riesling-Konzern aufzubauen. Witziger Gedanke. Die Verhandlungen mit Van Volxem, Dr. Loosen, Egon Müller ständen kurz vor dem Abschluss. Nur Katharina Prüm von J.J. Prüm sperre sich noch gegen den Verkauf, weil sie „nicht über die Schatzkammer ihres Weinguts verhandeln“ wolle. Könnte fast wahr sein…Spätestens bei dem Satz, dass es der Mannschaft von CaptainCork nicht gelungen sei, „an diesem Sonntag“ die involvierten Anwälte zu erreichen, hätten die Leser allerdings Lunte riechen müssen.

Günther Jauch immer für einen Scherz gut

Der Neuwinzer Günther Jauch ist immer gut für eine Meldung, erst recht zum 1. April. Da darf man nämlich schon mal  etwas Neues erfinden. Dirk Würtz hat es in seinem Blog Würtz-Wein getan. Er vermeldet exklusiv, dass der Fernsehmoderator „weitestgehend unerkannt“ auf „Einkaufstour“ in Rheinhessen gewesen sei. Dort wolle Jauch „auf der grünen Wiese“ ein komplett neues „Mitmach-Weingut“ errichten, „in dem die Besucher im Weinberg arbeiten, keltern, pumpen und aktiv in die Vinifizierung eingreifen“ dürfen.

In Rheinhessen werden die Menschen wohl geahnt haben, dass ihnen hier ein hohles Osterei ins Nest gelegt werden soll. Umso schadenfroher werden sie gewesen sein, wenn Leser anderswo auf den Aprilscherz hereingefallen sind – und da dürfte es viele geben. Eine Besucherin des Blogs fragte Würtz per Posting zurück: „Ich hab von meiner Schwägerin aus Obersaulheim gehört, der Gottschalk wollte da mit einsteigen, wenn seine Sendung in der ARD abgesetzt wird. Ist da auch was dran?“

Neue Steuer auf gekühlten Champagner

Trotzdem bleibe ich dabei: Humor können andere Nationen besser wir Deutschen. Oder sind Sie anderer Meinung? Wie finden Sie dann die Meldung, die ich am 1. April in der Londoner Sonntagszeitung Mail on Sunday fand? Dort stand, dass die englische Regierung eine Öko-Steuer auf gekühlten Champagner plane. Die Steuer betrage 9 Prozent und solle in allen Restaurants erhoben werden.

Kurz und keineswegs weit hergeholt, finde ich angesichts der verzweifelten Versuche der derzeitigen Cameron-Regierung, eine Steuer auf Wein einzuführen. Doch das Beste an dieser Meldung war der Verfasser. Pru Cremier nannte er sich, seines Zeichens Chefreporter des Blattes.

- Anzeige -spot_img
- Anzeige -spot_img

Autor

Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

Must know

- Anzeige -spot_img

Ähnliche Artikel

- Anzeige -spot_img