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Enira: Stephan Neippergs bulgarisches Abenteuer

Stephan Graf Neipperg, Spross der bekannten Württemberger Weindynastie, hat sich mit den Weinen von Canon la Gaffelière, Clos de l’Oratoire, La Mondotte, Aiguilhe und anderen hohes Ansehen in Bordeaux erworben. Nun stellt er sein Know-How für Projekte im Ausland zur Verfügung, unter anderem in Bulgarien. Doch mit seinen Enira-Weinen kann er bis jetzt noch nicht punkten. Von Ulrich Sautter

Drei Weine erzeugt das Gut: eine Einsteigercuvée Easy, das Hauptprodukt Enira, sowie eine Enira Reserva. Basis aller drei Weine ist die Rebsorte Merlot, ergänzt durch Cabernet Sauvignon, Syrah, Petit Verdot. Alle drei Weine kommen aus dem heißen Bessa Valley in der Region Pazardzhik, 120 Kliometer südöstlich von Sofia. Das Klima dort ist kontinental, mit extrem heißen Sommern. Das Thermometer erreicht nicht selten 45 Grad Celsius. Die Winde können 60 bis 70 Grad heiß sein.

Und so schmecken die Weine denn auch: hochreife, ins Marmeladige tendierende Weine, fast süß schmeckend, obwohl selbstverständlich trocken ausgebaut, dazu üppig, alkoholreich, teilweise vor Frucht berstend, aber nicht muskulös genug, um die Fülle zusammenzuhalten. Ob der Markt solche Weine braucht, ist eher fraglich. Stilistisch laufen sie dem Trend zu eleganten, moderaten Weinen zuwider. Und die Preise sind ziemlich großzügig kalkuliert. Den Beweis, dass Bulgarien ein Qualitätspotenzial besitzt, das das eingeführter europäischer Weine übertrifft, erbringen die Enira-Gewächse jedenfalls noch nicht.

Begonnen hatte das Bulgarien-Experiment im Jahre 2001, als Neipperg zusammen mit einem Investor große Ländereien im Bessa-Valley erwarb und 300 Hektar mit Reben bestockte. Obwohl das Gebiet eine rund dreitausendjährige Weinbaugeschichte besitzt, gibt es kaum aktuelle weinbauliche Erfahrung. Als Önologen setzte Neipperg daher Mark Dworkin aus St. Emilion ein, vormals tätig für Châteaux wie Larmande und Bellefont-Belcier.

Dworkin macht keinen Hehl daraus, dass das Arbeiten in Bulgarien trotz der für ihn vertrauten Rebsorte(n) ganz eigene Gesetze hat. Ungestüme Gerbstoffe treffen auf einen feurigen Körper. Alkohol bekommt man in jedem Jahr reichlich. Der höchste Alkoholgehalt einer Weinpartie lag im Jahre 2008 bei 18,5 Vol.

Dworkin hofft, dass mit zunehmendem Alter der Reben die Zuckerbildung in den Trauben und damit die Alkoholkraft der Weine zurückgeht. Momentan kostet es ihn große Mühe, bei den abgefüllten Weinen unter 15 Vol.% zu bleiben. Überdies zwingt das Armutsgefälle in der Region zu ungewöhnlichen Maßnahmen. Das gesamte Gelände samt Weinbergen und hochmoderner Kellerei ist eingezäunt und muss rund um die Uhr von neun Wachmänner kontrolliert werden, um das Equipment und die Ernte zu sichern.

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Autor

Jens Priewe
Jens Priewe
Jens Priewe hat viele Jahre als Politik- und Wirtschaftsjournalist gearbeitet, bevor er auf das Thema Wein umsattelte. Er schreibt Kolumnen für den Feinschmecker und für das schweizerische Weinmagazin Merum. Für den Weinkenner, dessen Gesellschafter er ist, hat er seit der Gründung über 200 Artikel beigesteuert. Außerdem ist er Verfasser mehrerer erfolgreicher Weinbücher (u. a. „Wein – die grosse Schule“, „Grundkurs Wein“). Er stammt aus Schleswig-Holstein, lebt aber seit fast 40 Jahren in München.

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