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Eiswein 2010

Der Frost ist da, aber die Trauben fehlen

„Ein komischer Jahrgang“ sagt Hellmut Dönnhoff von der Nahe. Die ganze Woche ist er schon ist er jeden Morgen um 5 Uhr aufgestanden, um aufs Thermometer zu schauen. Nie war es minus 7° Celsius. Das ist die Mindesttemperatur, die nötig ist, um Eisweine zu lesen. Immer musste er wieder zurück ins Bett steigen. Normalerweise ist es morgens vor Sonnenaufgang am kältesten.

Dönnhoffs Eisweine gehören jedes Jahr zu den besten und teuersten Deutschlands. Aus seinem kleinen Weinberg an der Oberhäuser Brücke, direkt am Nahe-Fluss gelegen, kommen fast jedes Jahr Eisweine, um die sich Süßweintrinker aus aller Welt reißen. Goldgelbe, cremige Weine, die eine hohe karamellige Süße mitbringen, aber eine noch höhere Säure aufweisen, die dem Wein eine unnachahmliche Eleganz und ein fast ewiges Leben gibt.

Eisweine sind eine Spezialität kühler Weinbauländer. Deutschland und Österreich sind die größten Eisweinproduzenten. Aber auch aus Kanada können exzellente Eisweine kommen. Gelesen werden sie dann, wenn es am kältesten ist und die Beeren vollständig gefroren sind. Normalerweise ist es morgens vor Sonnenaufgang am kältesten. Das „Komische“ in 2010 war, dass in der vergangenen Woche – zumindest an der Nahe – jeden Abend so kalt war, dass die Hoffnung bestand, morgens auf die erforderlichen minus 7° zu kommen. Doch nachts bezog sich der sternenklare Himmel wieder. Nebelschwaden waberten durchs Nahetal. Die Temperaturen stiegen morgens statt zu fallen. „Am Samstag versuchen wir es noch einmal“, gibt Dönnhoff die Hoffnung nicht auf.

Andere haben sie schon aufgegeben. Egon Müller von der Saar wird in 2010 keinen Eiswein anbieten können. Zwar waren die Temperaturen bei ihm mit minus 9°C tief genug. Aber es hingen keine Trauben mehr an den Stöcken. Die feuchte Witterung und das ständige Auf und Ab der Quecksilbersäule haben dazu geführt, dass die Trauben am Ende schwarz waren und zu Boden gefallen sind: „Schade, es wäre sonst ein schöner Eiswein geworden.“ Egon Müller gehört zu den wenigen Winzern, die ihre Eiswein-Trauben nicht mit Plastikfolien ummanteln, um sie gegen Regen und Vogelfraß zu schützen.

Etikett EisweinDas Deutsche Weininstitut dämpft bereits die Erwartungen an einen großen Eiswein-Jahrgang 2010: „Einige Winzer haben die kühlen Nächte der Woche genutzt, um Eiswein zu lesen. Der frühe Frost kam dabei den Winzerwünschen entgegen. Trotzdem wird der Eiswein in diesem Jahr eine Rarität bleiben.“

Die meisten Winzer haben in diesem Jahr von Vornherein auf eine Eisweinlese verzichtet und gar keine Trauben mehr hängen gelassen. „Wir sind froh, in diesem schwierigen Jahr wenigstens eine kleine Menge guter Spätlesen geerntet zu haben“, berichtet Heinrich Wirsching aus dem fränkischen Iphofen. „Für einen Eiswein waren am Ende keine Trauben mehr da.“

Kalt genug wäre es gewesen. Das Würzburger Juliusspital hat am 2. Dezember in Iphofen bei minus 9°C eine kleine Menge Eisweintrauben vom Riesling und vom Silvaner einbringen können. Mit 182 Grad Oechsle ist das Mostgewicht auch nicht schlecht. Doch in guten Jahren bringt ein Eiswein über 200 Grad Oechsle auf die Waage.

Im Flörsheim-Dalsheim haben Arno und Christa Schales in der Nacht von Donnerstag auf Freitag einen 184grädigen Eiswein gewinnen können. Die Eisweinkönige Rheinhessens lassen jedes Jahr ganze Weinberge unabgeerntet stehen und warten sehnsüchtig auf den ersten Frost. Diesmal waren es 700 Liter, die aus der Kelter liefen – eine große Menge, wenn man bedenkt, dass bei geeisten Trauben nur 20 Prozent deren Gewichts zu Most aufgefangen werden können.

In Nierstein am Rhein haben Konstantin Guntrum und Kim Kirchhoff, der Kellermeister des Guntrum-Weinguts, in derselben Nacht ebenfalls einen tollen Eiswein ernten können. „Bei minus 8°C und vorherigem Dauerfrost waren die Silvanerbeeren komplett durchgefroren“, berichtet Guntrum.  „Der Knacktest ergab, dass sich kein flüssiger Saft mehr in den Beeren befand – ideale Voraussetzungen für die Herstellung eines großen Eisweins. Zwischen 5 Uhr und 6.30 Uhr wurde der Weinberg gelesen und als um 8.30 Uhr der erste Saft von der Kelter ablief und die Mostwaage erst bei 203° Oechsle stehenblieb, war die Freude groß.“

In der Pfalz hat der Eisweinkönig Winfried Frey aus Essingen nur 500 Liter Eiswein machen können – „mehr gaben die Trauben nicht her“. Markus Molitor von der Mosel ist froh, immerhin 120 Liter im Keller zu haben. Nik Weis von St.Urbanshof in Leiwen beklagt ebenfalls geringe Mengen, tröstet sich aber mit hohen Oechslewerten: „Wir hatten morgens um 5 Uhr in unseren Weinbergen an der Saar bis zu 13°C minus.“

Auch aus Baden und Sachsen werden erste Eisweine gemeldet. Anderswo warten die Winzer noch. In den Nächten von Freitag auf Samstag und auf Sonntag könnte der Frost noch einmal anziehen.  Sonntag, so melden die Meteorologen, soll es dann wieder wärmer werden. „Das ist unsere letzte Chance“, glaubt Dönnhof

Nachtrag 08.12.2010

Das Rheingauer Weingut Robert Weil hat in 2010 die Tradition fortsetzen können, jedes Jahr neben einer Beeren- und einer Trockenbeerenauslese auch einen Eiswein einbringen zu können. Allerdings ist die Menge diesmal so gering wie nie zuvor. Nur etwa 40 Liter liefen am Freitag, den 3. Dezember von der Kelter. Den größten Teil der Trauben, die noch draußen gehangen waren, hatten die Wildschweine gefressen, bevor die Kälte kam – wie in vielen Teilen Deutschlands. Mit knapp 170° Oechsle hat der Eiswein immerhin ein passables Mostgewicht.

Und auch Hellmut Dönnhoff von der Nahe hat seinen ersten Eiswein im Keller. Nachdem es in der Nacht zum Samstag an der Nahe bis zu minus 11°C kalt war, konnten morgens bei minus 9°C etwa die Hälfte der noch hängenden Trauben in hart gefrorenem Zustand eingesammelt werden. Die Ausbeute: rund 300 Liter mit durchschnittlich 165° Oechsle. Dönnhoff hofft, dass es in den nächsten zwei Wochen noch einmal kalt wird und er und seine Familie abermals ausrücken kann – wenn die Wildschweine bis dahin nicht in seinen Weinberg einfallen.

Eisweinerzeuger 2010

Weingut Erntemenge/L Öchsle-
Grad
Lesetag

Baden

Winzergenossenschaft Oberbergen 400 170° 30.11.2010
Weingut Schloss Ortenberg 110 174° 03.12.2010
Weingut Weishaar 300 168° 03.12.2010
Winzerkeller Auggener Schäf 400 220° 03.12.2010
Winzergenossenschaft Achkarren eG 1300+560+660 170°-222° 03.12.2010
Bercher-Schmidt 55l 160°Oe 03.12.2010

Franken

Weingut Göbel, Randersacker 190° 03.12.2010
Weingut Roth, Wiesenbronn 190° 03.12.2010
Weingut Popp, Iphofen 217° 03.12.2010
Der Patrizierhof 150 188° 02.12.2010
Weingut Juliusspital
Weingut Felshof – Wenninger 120 182°Oe 03.10.2010
Weingut Johannes Arnold 245° 03.10.2010

Hessische Bergstrasse

Bergsträßer Winzer eG ca. 150 189° 03.12.2010
Bergsträßer Winzer eG ca. 150 189° 03.12.2010
Weingut H. Freiberger OHG 115 196° Oe 03.12.2010

Mosel

Drei Wines GbR ca. 250 175° 04.12.2010
Peter Terges 135° 02.12.2010
Weingut Amlinger&Sohn GbR 154° 03.12.2010
Max Ferdinand Richter über 200° 03.12.2010
Weingut Kurt Hain 190° 03.12.2010
Weingut Markus Molitor 120 150° 02.12.2010
Weingut St. Urbanshof 02.12.2010
Weingut Heinz Schneider 123° 02.12.2010
Weingut Peter Terges 135° 02.12.2010
Peter Terges bin noch am Pressen 135° 02.12.2010
Weingut Amlinger&Sohn GbR x 154° 03.12.2010
Max Ferdinand Richter wir keltern noch über 200° 3.Dez. 2010, bei – 14°C
Weingut Kurt Hain 190° 03.12.2010
Weingut Reinhold Haart 100 190° 03.12.2010
Weingut Selbach-Oster 190° 03.12.2010
Melsheimer 180 L / 120 L 180° / 150° 03.12.2010
Blees-Ferber 200 03.12.2010

Pfalz

Weingut Frey, Essingen 170° 02.12.2010
Weingut Frey, Essingen 165° 02.12.2010
Weingut Kuhmann, Weisenheim a.B. 140° 02.12.2010
Karl-Ludwig Scherr ca. 200 175° 03.12.2010
Wein-u. Sekthaus Aloisiushof GmbH 175° 03.12.2010
Wein-u. Sekthaus Aloisiushof GmbH 175° Oe 03.12.2010
Weingut Alfons Hormuth 130 160°Oe 03.12.2010
Altes Schlößchen 157 03.12.2010
Wilhelmshof 144 03.12.2010

Rheingau

Balthasar Ress Weingut KG ca. 100 160° 02.12.2010
Wein- und Sektgut Barth 100 146° 02.12.2010
Weingut J. Koegler KG ca. 70 162° 02.12.2010
Offenstein Erben 350 152° 03.12.2010
Schloss Reinhartshausen ca. 300 Liter 162° 03.12.2010
Weingutsverwaltung Schloss Vollrads KG 300 162 °Oe 03.12.2010
Balthasar Ress 80l 158° 04.12.2010
Weingut Hans Lang 190° 03.12.2010

Rheinhessen

Schales ca. 700 184° 02.12.2010
Weinhof Schreiber 158°
Weinhof Schreiber 162°
Louis Guntrum 650 203° 02.12.2010
Weingut Peter Schreiber k.A. 164° 03.12.2010
Weedenbornhof 160° 01.12.2010

Saale-Unstrut

Weingut Born 75 184° 01.12.2010
Weingut Born 75 184° 01.12.2010
Weingut Herzer 180 °Oe 01.12.2010
Weingut Vincenz Richter 160 158° 02.12.2010

Württemberg

WG Durbach 150 194°
Weingut Schloss Ortenburg 100 175° 04.12.2010
Weingut Sankt Annagarten ca. 350 kg 208° 03.12.2010
Weingut Beurer 130 195°Oe 03.12.2010
Weingut Zimmerle 100 191° 03.12.2010
Karl Haidle 100 L 196° 03.12.2010
Winzergenossenschaft Löwenstein eG ca. 350 190° 03.12.2010
Rainer Schnaitmann 80 190 03.12.2010

Quelle: DWI

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