„Einstiegsdroge“ in die Welt der feinen Burgunderweine

Etikett 2011 Le Bourgogne Pinot Noir - Domaine Chanson
Wenn Revolutionen immer von unten ausgehen, dann hat die Domaine Chanson in Beaune alles richtig gemacht. Sie hat ihre Weine von der Basis her erneuert. Ihr einfachster Burgunder beweist, dass der Esprit des Pinot Noir auch in kleinen Weinen zum Ausdruck kommen kann.

Es heißt, unter 30 Euro gäbe es kei­ne gro­ßen Bur­gun­der. Die Aus­sa­ge ist falsch. Für gro­ße Bur­gun­der muss man 100 Euro auf den Tisch legen. Min­des­tens. Aber das Fas­zi­nie­ren­de ist, dass die Magie der Sor­te Pinot Noir auch in klei­nen Wei­nen zum Aus­druck kom­men kann, dann näm­lich, wenn ein Win­zer sich auf die­se Sor­te versteht.

Chan­son ist eine bekann­te, aber kei­ne berühm­te Domaine im Bur­gund. Ihre Wei­ne sind mode­rat im Preis. Ihr ein­fa­cher Bour­go­gne Pinot Noir kos­tet zum Bei­spiel nur 13,99 Euro. Aber schon der ers­te Riech­kon­takt macht Lust: die typi­sche Pinot-Nase. So nen­nen die Bur­gun­der­lieb­ha­ber die­ses schwer zu beschrei­ben­de Duft­ge­misch von Pflau­men­kon­fi­tü­re, Him­beer­drops, Weich­sel­kir­schen, Rosen­blät­tern und einem Hauch süßer Lakrit­ze, das aus dem Glas strömt und einen Vor­ge­schmack auf das zu erwar­ten­de Trink­ver­gnü­gen gibt.

Angenehm leicht und mit spielerischer Eleganz

Zuge­ge­ben, die Duft­kom­ple­xi­tät die­ses Weins erreicht nicht ganz die beschrie­be­ne Stär­ke. Aber für einen Wein die­ser Preis­klas­se ist das Bou­quet erstaun­lich gut aus­ge­pägt, vor allem sau­ber und in kei­ner Wei­se ver­küns­telt. Auf die pene­trant blu­mi­gen Noten, die deut­sche Spät­bur­gun­der oft so par­fü­miert erschei­nen las­sen, kann die­ser Wein erfreu­li­cher­wei­se ver­zich­ten. Auch ist er im Mund nicht nur weich und sam­tig, son­dern besitzt ein fei­nes, aber fes­tes Tan­nin­rück­grad. Mit ande­ren Wor­ten: ein boden­stän­di­ger, im bes­ten Sin­ne rus­ti­ka­ler Wein, durch­aus mit Biss, aber auch mit spie­le­ri­scher Eleganz.

Im Besitz von Champagne Bollinger

Domaine Chanson
Domaine Chan­son

Die gute Qua­li­tät die­ses klei­nen Bur­gun­ders ist kein Zufall. 1999 hat das Cham­pa­gner­haus Bol­lin­ger die Domaine Chan­son mit­samt ihrer 45 Hekt­ar Wein­ber­ge gekauft. Ein jun­ges, hoch­mo­ti­vier­tes Team wur­de instal­liert, das sofort begann, die Wein­pro­duk­ti­on neu zu ord­nen: par­zel­len­ge­naue Hand­le­se, Kalt­ma­zer­a­ti­on, Ganz­trau­ben­ver­gä­rung, lang­sa­mes Aus­gä­ren und vor­sich­ti­ges Abpressen.

Die Resul­ta­te blie­ben nicht aus. Aus der ver­schla­fe­nen Domaine wur­de inner­halb von weni­gen Jah­ren ein moder­ner Bur­gun­der­erzeu­ger, der auch an der Basis sei­ner Qua­li­täts­py­ra­mi­de höchst respek­ta­ble Wei­ne erzeugt. Vor allem in den letz­ten Jah­ren hat die Qua­li­tät der Chanson-Weine deut­lich zugelegt.

Wen es nach Beau­ne ver­schlägt, der kann sich vor Ort davon über­zeu­gen. Der Pro­ben­raum der Domaine in der alten Bas­ti­on de l’Oratoire in der Rue Paul Chan­son 10 ist immer offen. Ein Besuch ist auch ohne Vor­anmel­dung mög­lich – eine Sel­ten­heit im Burgund.

45 Hektar eigene Weinberge

Chan­son besitzt 45 Hekt­ar eige­ne Wein­ber­ge an der Côte de Beau­ne. Um ihr Sor­ti­ment zu kom­plet­tie­ren, kauft die Domaine Trau­ben von Ver­trags­win­zern zu. Auf die­se Wei­se kann sie auch Wei­ne aus der Côte de Nuits anbie­ten. Die Trau­ben für den Bour­go­ge Pinot Noir kom­men aus eige­nen Wein­ber­gen um Beau­ne, teils auch von benach­bar­ten Win­zern, wie es im Bur­gund guter Brauch ist.

Süchtig nach Pinot Noir

Pinot Noir-Traube
Pinot Noir-Traube

Sicher, die­ser Wein ist nur die Ein­stiegs­dro­ge in die Welt der fei­nen Bur­gun­der­wei­ne. Aber sie zeigt, dass der Esprit der Pinot Noir auch schon in klei­nen Wei­nen zum Aus­druck kom­men kann. Wer ein Meeresfrüchte-Risotto liebt oder trotz der ner­ven­den Dis­kus­sio­nen, ob und wie­viel Fleisch man essen darf, ein­fach mal wie­der Lust auf ein Kalbs­fri­ka­ssé oder ein Hühn­chen­cur­ry hat, wird sich an die­sem Wein durch­aus delek­tie­ren kön­nen. Die Gefahr ist ledig­lich, süch­tig nach Pinot Noir zu wer­den und dann nach höhe­ren Qua­li­tä­ten Aus­schau zu hal­ten, was – davor sei aus­drück­lich gewarnt – teu­er wer­den kann. Eine Fla­sche Beau­ne 1er Cru kos­tet schnell mal 50 Euro, Grands Crus wie Bon­nes Mares oder Cham­ber­tin Clos de Bèze das Doppelte.

Noch zwei Trink­emp­feh­lun­gen zu die­sem Wein: ihn bit­te mit 14° Cel­si­us, also eher kühl ser­vie­ren, und nicht aus einem Bur­gun­der­kelch, son­dern aus einem klei­ne­ren Glas genie­ßen, etwa einem Weiß­wein­glas. Und ganz wich­tig: nicht lan­ge lagern, son­dern jetzt und in den nächs­ten 12 Mona­ten kon­su­mie­ren. 2011 war im Bur­gund ein schwie­ri­ges Jahr. Das Rei­fe­po­ten­zi­al der Wei­ne ist nicht son­der­lich groß.


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