Ein Vacqueyras der besonderen Art: Domaine Font Sarade

Domaine Font Sarade
„Psst! A Great, Unknown French Wine“ lautete die Überschrift eines Artikels des amerikanischen Weinkritikers Robert Parker in dessen Newsletter The Wine Advocate. Ein großer, unbekannter Wein aus Frankreich? Gibt es sowas überhaupt noch? Stefan Krimm kannte Font Sarade schon lange und ist gar nicht glücklich, dass die Weine plötzlich kein Geheimtipp mehr sind.

Font Sara­de ist ein 34 Hekt­ar gro­ßes Wein­gut in Vac­quey­ras. Eine rela­tiv jun­ge Domaine, die erst 1996 gegrün­det wur­de und neben Sang des Caill­oux, Mon­ti­ri­us, La Monar­diè­re und Les Amou­riers inzwi­schen zu den füh­ren­den Erzeu­gern die­ser klei­nen Appel­la­ti­on an der Süd­li­chen Rhô­ne gehört. Viel­leicht hat sich die Domä­ne in den letz­ten Jah­ren sogar an die Spit­ze der Appel­la­ti­on gesetzt. Der Win­zer von Font Sara­de heißt Ber­nard Bur­le, ein leb­haf­ter, wacher Mann mit einer guten Por­ti­on Selbst­iro­nie, der aber gleich­zei­tig ein har­ter Arbei­ter ist.

Bur­les Rot­wei­ne sind über­wie­gend aus Grenache-Trauben gewon­nen, dazu kom­men Syrah, Mour­vèd­re, Carignan. Schon der Basis­wein ist ein bemer­kens­wert fei­ner Côte du Ven­toux. Bur­les Haupt­ehr­geiz gilt natür­lich dem Vac­quey­ras. Mit sei­ner kla­ren Frucht, sei­nem fruch­ti­gen Schmelz und dem beein­dru­cken­den, aber nicht über­zo­ge­nen Volu­men hat er in den letz­ten Jah­ren für Auf­se­hen gesorgt. Aus den ältes­ten Reben mit den gerings­ten Erträ­gen erzeugt er noch eine Cuvée Pres­ti­ge des Vac­quey­ras, die Robert Par­ker sogar 94 Punk­te wert war (Jahr­gang 2005) und ihn zu dem etwas vul­gä­ren Adjek­tiv awe­so­me (soviel wie wahn­sin­nig) sowie dem begeis­ter­ten Aus­ruf Wow! hin­riss.  „Psst! A Gre­at, Unknown French Wine“ war der Arti­kel in sei­nem News­let­ter The Wine Advo­ca­te überschrieben.

Vac­quey­ras liegt öst­lich von Oran­ge am Fuße der Den­tel­les du Mont­mi­rail. Ein pit­to­res­kes, son­nen­durch­flu­te­tes Dörf­chen, das gera­de mal 1100 Ein­woh­ner beher­bergt und vor hun­dert Jah­ren mehr für sei­ne schwef­li­gen Quel­len als für sei­nen Wein bekannt war. Das hat sich nach den schwe­ren Frös­ten von 1956 geän­dert, als die bis dahin das Land­schafts­bild prä­gen­den Oli­ven­bäu­me erfro­ren und durch Wein­stö­cke ersetzt wur­den. Nach län­ge­ren Qua­li­täts­be­mü­hun­gen, die mit dem Aus­schluss der Sor­te Carignan aus dem zuge­las­se­nen Trauben-Tableau ver­bun­den war, erhielt der Ort (in dem einst so pro­mi­nen­te Zeit­ge­nos­sen wie Sarah Ber­nardt und der Nobel­preis­trä­ger Fré­dé­ric Mis­tral mit ihren Freun­den Kur­auf­ent­hal­te ver­brach­ten und das in Künstler- und Intel­lek­tu­el­len­krei­sen geschätz­te Heil­was­ser genos­sen) 1990 end­lich Appellations-Status. Seit­dem steht Vac­quey­ras mit den benach­bar­ten Appel­la­tio­nen Chateauneuf-du-Pape und Gigon­das auf einer Stu­fe. Heu­te ver­zeich­net die AC Vac­quey­ras 1300 Hekt­ar Rebberge.

Ber­nard Bur­le ist der ältes­te Sohn von Edmond Bur­le von der Domaine Les Pal­lie­rou­das aus Gigon­das. Das Ver­hält­nis zwi­schen Vater und Sohn war nicht span­nungs­frei. Inso­fern erwies es sich für Ber­nard als Glücks­fall, dass er nach der Hoch­zeit mit einer Win­zer­toch­ter zusam­men mit deren Vater ein eige­nes Wein­gut grün­den konn­te, das Wein­ber­ge in Vac­quey­ras sowie den Appel­la­tio­nen Côtes-du-Rhône und Côtes du Ven­toux umfasst. Die Reben ste­hen teils auf Mer­gel, teils auf Sand sowie auf den mage­ren Böden der Gar­ri­gues west­lich von Vacqueyras.

Beein­dru­ckend ist die ganz eige­ne Art, mit der Bur­le sei­ne Arbeit angeht. Auch wenn er weiß, wie wich­tig die kor­rek­te Kel­ler­ar­beit ist, fühlt er sich doch in ers­ter Linie als Win­zer. Sei­ne Auf­ga­be sieht er vor allem dar­in, auf mög­lichst scho­nend bewirt­schaf­te­ten Böden gesun­des Trau­ben­gut zu erzeu­gen, das es ihm ermög­licht, den Din­gen im Kel­ler auch ein­mal ein­fach ihren Lauf zu lassen.

Ganz anders die Arbeit im Wein­berg: Wenn sich zu Zei­ten größ­ter Hit­ze die meis­ten Win­zer in den küh­len Kel­ler, ins Büro oder unter die schat­ti­gen Pla­ta­nen der alten Dör­fer ver­krie­chen, kann man sicher sein, Bur­le drau­ßen anzu­tref­fen: bei der Laub­ar­beit, beim Aus­dün­nen oder Auf­lo­ckern der Böden nach einem Platz­re­gen. Rigueur, tra­vail, obser­va­ti­on – so lau­ten sei­ne Schlüs­sel­be­grif­fe: kon­se­quen­tes Zupa­cken, Fleiß und stän­di­ge Beob­ach­tung des­sen, was ihm Stö­cke, Blät­ter und Frucht­an­satz „mit­tei­len“.

Bur­les Qua­li­täts­maß­stä­be sind teil­wei­se extrem hoch. Die Syrah, die er wegen ihrer Aro­men sehr schätzt und als ein­zi­ge Sor­te teil­wei­se im Bar­ri­que aus­baut, ern­tet er bei­spiels­wei­se mit dem Voll­ern­ter. Das erstaunt zunächst und lässt nach dem Grund fra­gen: „Die Lese wird durch eine rigo­ro­se Vor­se­lek­ti­on von Hand so minu­ti­ös vor­be­rei­tet, dass nur die bes­ten, voll­rei­fen Trau­ben noch hän­gen. Dann aller­dings garan­tiert der Voll­ern­ter, dass sie inner­halb von zwei Stun­den ein­ge­bracht sind, not­falls auch nachts.“ Der Ein­satz des Voll­ern­ters kommt ihm bei gerin­gen Ern­te­men­gen übri­gens teu­rer als eine Lese von Hand. Bur­les Erträ­ge bewe­gen sich pro Hekt­ar um die 30 Hek­to­li­ter – wie in Châteauneuf-du-Pape.

Die anti­quier­te Trau­ben­pres­se, die Bur­le ver­wen­det, stammt noch aus dem Jahr 1942: eine Korb­pres­se mit schwe­ren Sisal­mat­ten, in die das Press­gut gefüllt wird. Die Druck­re­gu­lie­rung ist pri­mi­tiv: Bur­le ach­tet dar­auf, dass der übrig blei­ben­de Tres­ter beim Drü­cken mit der Hand noch Saft abgibt, das genügt offen­bar. Dafür ist die Tem­pe­ra­tur­kon­trol­le rigo­ros: die Aro­men sol­len im Wein blei­ben und nicht die Luft schwängern.

Klei­ne­ren Expe­ri­men­ten ist er übri­gens nicht abge­neigt. Aus alten Carignan-Stöcken mit win­zi­gen Erträ­gen erzeugt er einen roten Süß­wein nach dem Vor­bild des Mau­ry aus dem Rouss­il­lon. Mit sei­ner Cuvée Égo­is­te hat er aus einem Côtes-du-Rhône einen opu­len­ten, viel­schich­ti­gen, span­nen­den Wein gemacht. Und einen Weiß­wein hat er – zum Plai­sir sei­ner Schwie­ger­mut­ter – auch ertüf­telt: aus Rous­san­ne, Gren­ache blanc und Viognier.

Lei­der sind die Font Sarade-Weine nach dem 94-Punkte-Urteil Par­kers kein Geheim­tipp mehr. Ein ame­ri­ka­ni­scher Händ­ler hat nach Ver­öf­fent­li­chung des Arti­kels sofort den gesam­ten Rest­be­stand des Weins auf­ge­kauft. Aber so funk­tio­niert das Geschäft heu­te nun ein­mal, und einem so har­ten Arbei­ter wie Ber­nard Bur­le muss man den Erfolg gön­nen, der ohne jedes pro­pa­gan­dis­ti­sche Zutun von sei­ner Sei­te erzielt wur­de. Immer­hin sind die Prei­se in Euro­pa beschei­den geblie­ben, wenn­gleich der Wein nicht leicht zu fin­den ist.

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