Wer keinen Rosé mehr sehen kann und sich nach etwas Ernsthaftem sehnt, dem sei hier ein Wein aus der Ribera del Duero empfohlen. Aber Vorsicht: Wer ihn am Freitag zur Partie Deutschland – Frankreich genießen will, muss ihn sofort dekantieren.
Auch wenn Sommer ist: Man braucht zwischendurch mal wieder einen Wein, der nicht nur harmlos über die Zunge plätschert, sondern etwas Ernsthaftes darstellt. Rot müsste er sein, reichlich Tannin haben und ordentlich Druck machen am Gaumen.
Wen solche Gelüste plötzlich überkommen, der kann sich einen australischen Shiraz aus dem Regal holen. Oder einen Rhône-Wein. Oder eines der wuchtigen Kaliber aus dem Douro-Tal in Portugal – alles Weine, für die man eigentlich Polizeischutz braucht, damit sie einen nicht erschlagen.
Reinsortiger Tempranillo
Auch in der spanischen Ribera del Duero sind die Roten keine Leichtgewichte. Aber die guten sind, bei aller Fülle, geschmeidig und elegant. So einer wäre der Concentración aus der Bodega Avan. Er duftet nach Brombeeren und anderen dunklen Waldfrüchten, prunkt mit Lakritz- und Veilchenparfum und deutet feine Blutorange- und Graphit-Noten an, die man in vielen Ribera-Weinen typischerweise findet.
Sein Traubentannin ist reif und süß und gut verschmolzen, das Holztannin dagegen noch deutlich rauer. 18 Monate ist dieser reinsortige Tempranillo in französischen Barriques gereift. 100 Prozent neu – wie auch die Weine von Aalto, Mauro oder Peter Sisseck. So berühmt wie sie ist der Concentración allerdings nicht, obwohl er deutlich besser (und billiger) ist als beispielsweise Sissecks PSI. Bei aller Dichte und „concentración“ – dieser Rotwein ist nicht dick, nicht überextrahiert, sondern quicklebendig und voller feiner Facetten. Von ihm kann man notfalls auch mehr als zwei Gläser trinken. Er sättigt nicht.
Bis zu 80 Jahre alte Stöcke
Die Bodega Avan, aus der dieser Wein kommt, liegt in Fuentelcesped im Osten der DO Ribera del Duero. Ihr gehören 30 Hektar Weinberge. Sie werden von dem jungen Juan Manuel Burgos, dem Besitzer, biologisch-organisch bewirtschaftet. Das größte Kapital dieser Bodega sind die alten Tempranillo-Rebstöcke. Der Concentración kommt zum Beispiel von Reben, die zwischen 40 und 80 Jahre alt sind. Knorrige Stöcke, die im Sommer unter Hitze und Trockenheit ächzen und im Herbst nur wenig tragen, ohne dass sie beschnitten worden wären. Aus den Trauben der noch älteren Stöcke keltert Burgos kleine Mengen von Luxusweinen (Terruno de Valdehernando, Cepas Centenaria), die unter Sammlern hoch begehrt sind. Burgos verzichtet übrigens auf Bezeichnungen wie Crianza, Reserva, Gran Reserva. Filtriert werden alle seine Weine nicht.
Attraktiv und sexy, aber mit Substanz
Der Concentración ist in seiner Klasse ein überaus preiswerter Wein. Jetzt, da er noch jung ist, springt er förmlich aus dem Glas, präsentiert sich attraktiv, geradezu sexy. Doch wer ältere Jahrgänge trinkt, etwa die 2004er oder den 2003er, merkt schnell, dass sich hinter der glatten Oberfläche ein Wein verbirgt, der Substanz und Reifepotenzial hat.
Übrigens sollte der Concentración nicht zu warm getrunken werden. 16 bis 18 Grad Celsius wären die richtige Temperatur. Außerdem braucht man für ihn ein großes Glas. Noch wichtiger ist es allerdings, ihn zu dekantieren, und zwar mindestens einen Tag lang, am besten in der Karaffe. Der Concentración ist noch sehr reduktiv im Bouquet und braucht viel Luft, um sich zu finden. Wer jetzt die Flasche aufmacht, wird ihn Freitagabend zum Viertelfinale Deutschland-Frankreich mit großem Genuss trinken können. Versprochen.