Ein Amerikaner und der Wein: Begeisterung, die ansteckt

Buchcover "Mein Wein" von Terry Theise
Buchcover "Mein Wein" von Terry Theise
Verstehen Amerikaner etwas von Wein? Mehr als der gemeine Europäer denkt! Das eben erschienene Buch von Terry Theise beweist, dass dieser Mann genauso kenntnisreich wie die heimischen Chronisten ist, aber Wein und Winzern manchmal noch eine Facette mehr abringt als diese. Im Mittelpunkt: deutsche und österreichische Weine.

Ver­ste­hen Ame­ri­ka­ner etwas von Wein? Mehr als der gemei­ne Euro­pä­er denkt! Das eben erschie­ne­ne Buch von Ter­ry Thei­se beweist, dass die­ser Mann genau­so kennt­nis­reich wie die hei­mi­schen Chro­nis­ten ist, aber Wein und Win­zern manch­mal noch eine Facet­te mehr abringt als die­se. Im Mit­tel­punkt: deut­sche und öster­rei­chi­sche Wei­ne.  

Buchcover "Mein Wein" von Terry Theise
Buch­co­ver "Mein Wein" von Ter­ry Thei­se

Pro­gram­ma­tisch soll es ein „Plä­doy­er gegen den glo­ba­len Ein­heits­wein“ sein – so der Unter­ti­tel. In ers­ter Linie ist es jedoch eine per­sön­li­che Lie­bes­er­klä­rung an den hoch­wer­ti­gen deut­schen und öster­rei­chi­schen Wein: Ter­ry Thei­ses Büch­lein „Mein Wein“, vor ein paar Wochen in vor­züg­li­cher Über­set­zung auf Deutsch erschie­nen.

Thei­se, 58, lebt in Bos­ton und arbei­tet für den gro­ßen ame­ri­ka­ni­schen Impor­teur Micha­el Skur­nig Wines. Er hat zehn Jah­re als Jugend­li­cher in Mün­chen ver­bracht und spricht flie­ßend Deutsch. In den neun­zi­ger Jah­ren hat er die öster­rei­chi­schen und deut­schen Wei­ne in den USA popu­lär gemacht hat. Vor allem in New York, aber auch in Chi­ca­go und San Fran­cis­co belie­fert er die Top-Gastronomie. Noch heu­te bereist er mehr­mals im Jahr die wich­tigs­ten Anbau­ge­bie­te der bei­den Län­der und pflegt enge Kon­tak­te mit zahl­rei­chen Spit­zen­win­zern.

Die Begeisterung ist ansteckend

Terry Theise
Ter­ry Thei­se

Müs­sen wir uns nun unse­re eige­nen Wei­ne von einem Ame­ri­ka­ner erklä­ren las­sen? Müs­sen wir nicht. Die Bot­schaf­ten, die Ter­ry Thei­se ver­brei­tet, sind für die­je­ni­gen, die sich mit den Wei­nen Öster­reichs und Deutsch­lands befas­sen, nicht neu. Sie han­deln von Ter­ro­ir und all dem, was dazu­ge­hört: Schiefer- und Urge­steins­bö­den, Steil­la­gen, wur­zel­ech­te Reben, indi­ge­ne Hefen sowie von den Vor­zü­gen und Nach­tei­len spon­ta­ner Ver­gä­rung. Alles schon mal gehört oder gele­sen.

Aber die Facet­ten, die die­ser Ame­ri­ka­ner den Wei­nen und Win­zern abringt, über­ra­schen, amü­sie­ren, erhel­len. Wäh­rend die Begeis­te­rung der ein­hei­mi­schen Wein­trin­ker mit bedeu­tungs­schwe­ren Argu­men­ten unter­füt­tert und rou­ti­niert ist, ist die von Thei­se anste­ckend. Der Ame­ri­ka­ner ist kei­ner vom Typ Wein­aka­de­mi­ker, der über Wein spricht wie ein Inge­nieur über den Otto-Motor. Das Genie­ßen, das Schwel­gen, der Spaß­fak­tor – all das spielt bei ihm eine grö­ße­re Rol­le als bei den deutsch­spra­chi­gen Wein­chro­nis­ten. Es macht, dass man sein Büch­lein gie­rig ver­schlingt, als sei es selbst ein Wein.

Theise ist Weinkenner, aber kann auch schreiben

Die Schil­de­run­gen sei­ner Begeg­nun­gen mit Win­zern sind höchst unter­halt­sam, etwa mit dem Kamp­ta­ler Micha­el Moos­brug­ger, der sich auf die Suche nach der See­le des Weins macht. Oder mit dem Mosel­win­zer Johan­nes Sel­bach, der sei­nen toten Vater erst durch Haus und Wein­kel­ler tra­gen ließ, bevor er ihn auf dem Fried­hof bestat­te­te. Oder wie Hei­di Schröck aus Rust, die er als „erd­ver­bun­de­ne Wein­kö­ni­gin“ cha­rak­te­ri­siert.

Thei­se ver­steht nicht nur etwas vom Wein. Er kann auch schrei­ben. Immer wie­der gelingt es ihm Nuan­cen her­aus­zu­ar­bei­ten, ohne das freud­lo­se Kau­der­welsch zu bemü­hen, mit dem Fach­leu­te ihre Wei­ne zu beschrei­ben pfle­gen. Einen Ver­gleich des 2006 Ries­ling Gro­ßes Gewächs vom Schloss­gut Diel mit einem 2005er Ries­ling Stei­ner Hund vom Nico­la­i­hof in der Wach­au liest sich bei ihm so: „ Wo der Diel aus­drucks­voll war, war der Nico­la­i­hof hei­ter. Wo der Diel kom­plex und köst­lich war, war der ande­re exqui­sit und geheim­nis­voll. Wo der Diel eine präch­ti­ge Aro­mafan­fa­re blies, da säu­sel­te der Nico­la­i­hof ein Wie­gen­lied… Wo dem Diel vor sei­ner eige­nen Schön­heit schwin­de­lig war, da war der Nico­la­i­hof zufrie­den mit sei­ner eige­nen Ruhe, Gelas­sen­heit und hei­te­ren Leich­tig­keit. Er behaup­te­te nichts und ver­mit­tel­te alles…“ Schön gesagt.

Auch über Parker wird gelästert

Terry Theise in Wien
Ter­ry Thei­se in Wien

Punk­te ver­gibt Thei­se übri­gens nicht für die Wei­ne, die er erwähnt, weder im Buch noch in sei­nem Job. Er will Par­ker nicht ins Hand­werk pfu­schen. Mit dem ame­ri­ka­ni­schen Wein­kri­ti­ker ist er befreun­det. Doch Rück­sicht­nah­me kann die­ser des­we­gen nicht erwar­ten. Thei­se kri­ti­siert poin­tiert die Rol­le und den „hedo­nis­ti­schen“ Stil Par­kers. Auch das ist inter­es­sant an dem Buch. Las­sen Sie sich, lie­be Leser, also nicht durch jene  Kri­ti­ker von der Lek­tü­re abhal­ten, die behaup­ten, alles schon zu wis­sen, was in die­sem Buch steht. Selbst wenn es so wäre – bei Thei­se liest es sich ein­fa­cher, glaub­wür­di­ger.

Scha­de übri­gens, dass das Deut­sche Wein­in­sti­tut sich nicht durch­rin­gen konn­te, für Thei­ses Buch die Wer­be­trom­mel zu rüh­ren. So hat es die Öster­rei­chi­sche Wein­mar­ke­ting Gesell­schaft über­nom­men, „Mein Wein“ nicht nur in Wien, son­dern auch in Ber­lin vor­zu­stel­len – Ver­kos­tung deut­scher Wei­ne inklu­si­ve.


Ter­ry Thei­se: Mein Wein. Das Plä­doy­er gegen den glo­ba­len Ein­heits­wein.
Ver­lag Haff­mans & Tol­k­e­mitt
ISBN 978-3-942989-24-4
224 Sei­ten, 17,95 Euro
(als ebook 14,99 Euro)


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