Seit Lascombes einen neuen Besitzer hat, weht der wind of change um das Chateau. Mit von der Partie ist der langjährige Ornellaia-Önologe Axel Heinz.
2022 hat ein US-Investor das zweitklassifizierte Chateau Lascombes in Margaux gekauft. 80 Hektar Reben, alter Bordeaux-Adel. Allerdings war es in den letzten Jahren um das Chateau still geworden. Zu blass waren die Weine, um ganz oben in Margaux mitzuspielen. Der Amerikaner ist bereits der dritte Besitzer für Lascombes in diesem Jahrhundert. Er will aus dem braven, preislich zurückgebliebenen Deuxième Grand Cru Classé einen echten Super Second machen. Seitdem weht der wind of change um das Chateau.
Renditejäger von anderem Schlag
Der Amerikaner heisst Gaylon Lawrence Jr.: ein Agrarindustrieller, der rund 100.000 Hektar Farmland in den USA besitzt, der größte Orangenproduzent in Florida ist, sechs regionale Banken in seinem Portefeuille hat, einen Golfplatz, ein Hotel sowie ein halbes Dutzend Weingüter im Napa Valley, darunter Heitz Cellar, Burgess und Stony Hill. Natürlich ist auch Gaylon Lawrence Jr. ein Renditejäger, aber einer von anderem Schlag als seine Vorgänger. Er hat eine Leidenschaft für guten Wein, und er weiß, dass eine Weinimmobilie etwas anderes ist als eine Stadtimmobilie.
Axel Heinz von Ornellaia abgeworben
Das Erste, was Gaylon Lawrence Jr. tat, nachdem die Verträge unterschrieben waren: Er engagierte Axel Heinz als neuen Direktor. Heinz ist in der Weinwelt kein Unbekannter. Er arbeitete 17 Jahre lang als Önologe des Weinguts Ornellaia, die letzten acht Jahre als Direktor. Heinz hat das toskanische Weingut geprägt und Ornellaia zu einem Wein gemacht, der weltweit hohe Wertschätzung genießt. Außerdem hat er mit dem Masseto einen Merlot von Weltgeltung erschaffen, und zwar in einer Gegend, die nicht unbedingt für diese Rebsorte prädestiniert ist. Schließlich sprach für Heinz, dass er in Bordeaux studiert und gearbeitet hat und Französisch wie seine Muttersprache spricht.

Kernparzellen neu definiert
Heinz hat sich im ersten Jahr vor allem um Details gekümmert, die Weinberge studiert und Abläufe optimiert. Er hat die Kernparzellen, von denen der Grand Vin kommt, neu definiert und innerhalb der Parzellen die gestaffelte Lese eingeführt, um in warmen Jahren (wie 2023) Überreife zu vermeiden und in kühlen Jahren (wie 2024) eine ausreichende physiologische Reife sicherzustellen. Er hat die Maischestandzeiten leicht reduziert und die Extraktion etwas vorsichtiger gehandhabt. Vor allem hat er den Cabernet Sauvignon-Anteil deutlich erhöht und den Merlot-Anteil (der in der Vergangenheit häufig 50 Prozent betrug) verringert. „Unser Ziel ist es, einen klassischen Wein zu erzeugen, wie er für Margaux typisch ist: duftig, feingliedrig, elegant und mit stabilem Tanningerüst“, erklärte er bei einem Treffen im Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg im September. „Keinen opulenten, auf Schwere getrimmten Wein, wie er eine Zeitlang en vogue war.“
Die Ursprungs-Weinberge gehören noch immer zum Chateau
Der erste, von der Lese bis zur Flasche von ihm verantwortete Wein ist der 2023er Jahrgang. Er enthält 55 Prozent Cabernet Sauvignon, nur 40 Prozent Merlot und 5 Prozent Petit Verdot. In Zukunft soll noch ein kleiner Anteil Cabernet franc dazu kommen, die Sorte wird nachgepflanzt. „Die Weinberge, die 1855 bei Klassifikation zur Einstufung von Lascombes als Deuxième Grand Cru Classé gedient haben, befinden sich trotz der zahlreichen Eigentümerwechsel noch heute im Besitz des Chateau“, erzählt Heinz. „Von dort kommen noch immer unsere besten Trauben.“
Preislich noch weit entfernt von den Super Seconds
Der 2023er, der jetzt freigegeben wird, fällt durch seine Homogenität auf: sehr gradlinig, transparent, vielschichtig mit geschliffenem Tannin und präziser Frucht: nach dem Urteil der meisten Kritiker der beste Lascombes seit Langem. Preislich liegt er allerdings weit entfernt (2023: unter 70 Euro) von den großen Super Seconds aus Pauillac und St. Julien. Und auch vom aufstrebenden Nachbarn Rauzan Ségla trennt ihn noch ein ganzes Stück. Der 2022er (bei dem Heinz nur für die Assemblage verantwortlich war) ist jahrgangsbedingt etwas fülliger mit wärmerer Frucht. Er besitzt mehr Substanz, mehr Süße, weniger Spannung.
Wie groß ist das Potenzial von Chateau Lascombes?
Dass Lascombes das Potenzial hat, zur Verfolgergruppe von Chateau Margaux und Chateau Palmer, den beiden führenden Erzeugern in Margaux, aufzusteigen, zeigte der 1985er Jahrgang, den wir im Hamburg aus der Jeroboam verkosteten. Der Wein stammt noch aus der Ära des Vor-Vor-Vorbesitzers, der englischen Brauereigruppe Bass Charrington: ein gestriegelt-glatter Wein mit einer betörenden, malzig-pflaumigen Süße, perfekt gereift ohne jede Unfrische. Genial. Dabei markieren die 1970er und 1980er Jahre den Tiefpunkt der Entwicklung dieses Chateau. Bei Robert Parker wurden die Weine nur selten mit mehr als 80/100 Punkten bewertet. Bis heute sind die Parker-Verkoster keine Freunde von Chateau Lascombes.
La Côte – ein neuer Merlot vom linken Ufer
Die Equipe von Axel Heinz hat im letzten Jahr die gesamten Weinberge des Chateau bodenmäßig untersuchen lassen. Der interessanteste Befund war die Entdeckung von einigen Parzellen nahe der Gironde, die La Côte genannt werden und bei denen auf der fünf Meter tief liegenden Kalksteinplatte eine dünne Schicht blauer Ton entdeckt wurde: ein ideales Terroir für die Sorte Merlot. Die Sorte war dort bereits in den 1980er Jahren gepflanzt worden. Die Parzellen sind zusammen nicht mehr als fünf Hektar groß und gehören nicht zum Ursprungsbesitz von Lascombes. Aber der Wein von dort war und ist immer von auffallend guter Qualität. Heinz beschreibt ihn als ausdrucksvoll fruchtig. Die besten Trauben gingen in der Vergangenheit in den Grand Vin ein, die anderen in den Zweitwein. Heinz entschloss sich, in 2022 den Wein von dort erstmals separat zu füllen. Herausgekommen ist der La Côte-Lascombes, ein reinsortiger Merlot, der in Betonamphoren vergoren und in neuem Holz ausgebaut wird. Er ist weniger streng als die Merlots vom rechten Ufer, von einem feinen Säurefilm durchzogen und charmiert mit üppiger, frischer Frucht. Preislich kostet er fast dreimal so viel wie der Grand Vin. Assoziationen an den Masseto kommen auf. Doch Heinz wiegelt ab: „Mit dem Masseto hat der La Côte keine Ähnlichkeiten. Im atlantischen Klima von Bordeaux entwickelt die Merlot ein ganz anderes Aromenprofil als im mediterranen Klima der Toskana.“
Preise und Bezugsquellen
2023 Chateau Lascombes: 68 bis 85 Euro
2022 La Côte-Lascombes: ca. 190 Euro
Bezugsquellen Chateau Lascombes: www.millesima.de, www.gute-weine.de, www.tesdorpf.de, www.alpina-wein.de, www.lacave-conrad.de, www.vinatis.de, www.ungerwein.de, www.schreiblehner.com, www.c-und-de.de, www.moevenpick-wein.de, www.ludwig-von-kapff.de, www.lidl.de, www.gerstl.ch
Bezugsquellen La Côte-Lascombes: www.extraprima-weinversand.de, www.pese-wein.de, www.tesdorpf.de, www.gute-weine.de, www.collectorswineworld.com, www.aux-fins-gourmets.de, www.bacchus-vinothek.de









































































